“Muss man sich jetzt freibeweisen?” – Erster Prozesstag gegen J.A.I.B. macht unerklärlich, warum es weitere geben soll.

international day of action against repression picture low resolution

Wenig überraschend gerät der Prozess gegen J.A.I.B. zu einer Farce. Der Versuch von Richter und Staatsanwaltschaft, §278 nicht zum Thema des Prozesses zu machen, scheitert auf ganzer Linie. Und dies zu Recht: Einzig und allein aufgrund dieses Paragraphens und der damit einhergehenden Observierungen und verdeckten Ermittlungen kam es zur Anklage und zum Prozess. Vermeintliche Beweise lösen sich in Luft auf. Alle geladenen Zeug_innen entlasten die vier Angeklagten. Die Kriminalisierung der #unibrennt-Bewegung läuft ins Leere. Unverständlich bleibt, warum angesichts dessen der Prozess nicht schon heute mit einem Freispruch beendet, sondern „auf unbestimmt“ vertagt wurde

 

Eine Stunde vor Prozessbeginn versammeln sich gut 100 Personen in und vor dem Gericht, um gegen den Prozess zu demonstrieren. Der Saal ist viel zu klein, um allen Interessierten Platz zu bieten. Schon als die Staatsanwältin die Anklage vorbringt, tritt die Nichtigkeit der Beweislage klar vor Augen: Angesichts des „Bekenner-Videos“ meint sie, dass man den Erstangeklagten darauf nicht „mit freiem Auge erkennen könne, aber wenn man weiß, wie er aussieht, dann erkennt man ihn.” – besser als mit diesem Satz der Staatsanwältin lassen sich die Konstruktionleistung und Kriminalisierungsstrategie von Polizei und Justiz während des gesamten Verfahrens nicht auf den Punkt bringen: Man erkennt nichts, behauptet jedoch zu erkennen, was man erkennen will.

 

In gleichem Maße „stichhaltig“ sind auch alle Aussagen der geladenen Zeug_innen: niemand kann eine tatrelevante Aussage machen, niemand hat irgendetwas gesehen, was die Angeklagten belasten könnte. So antwortet eine der Personen auf die Frage, was sie an jenem Abend gesehen habe: “Ich habe keine Erinnerung an diesen Abend.” Sie wisse nur, dass sie spätabends einen Kuchen gebacken habe. Selbst der Vertreter des AMS erklärt: “Wir hatten keinen Schaden, das AMS nicht, nur die Versicherung.”

 

Die Angeklagten machen von ihrem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch – aus gutem Grund: Nicht nur ist es Aufgabe der Staatsanwaltschaft, die Schuld der Angeklagten, und nicht Aufgabe der Angeklagten, ihre Unschuld zu beweisen. Zum anderen verweisen die Angeklagten in ihren Stellungnahmen auf die grundsätzliche Illegitimität des Prozesses.


In vier Prozesserklärungen nehmen sie zum Verfahren Stellung, so die Viertangeklagte:
„Der Grund warum ich heute hier sitzen muss, ist, dass ich politisch aktiv und vernetzt bin. Dieser Prozess hat nichts mit dem in der Anklageschrift erhobenen Vorwurf der versuchten Brandstiftung zu tun. (…) Als Angeklagte sind wir austauschbar und ohne weiters könnten auch andere Personen angeklagt sein. Ebenso könnten auch die Anklagepunkte andere sein. (…) Weiteres fordere ich die sofortige Einstellung des Verfahrens, eine Überprüfung der Ermittlungsmethoden und die Auflösung des sogenannten Verfassungsschutzes.“

 

Dem schließen wir uns an und fordern: Sofortiger Freispruch und angemessene Entschädigungen für J.A.I.B. sowie Abschaffung der §§ 278!

 

Prozesserklärungen der vier Angeklagten

 

Livebericht des ersten Prozesstages