Magdeburg: Ausschreitungen nach Demo gegen rechts

Bunt statt braun: Ein Gegendemonstrant trägt ein Plakat mit einem rosafarbenen Hitler-Bild am Rande eines Neonazi-Aufmarschs am Samstag in Magdeburg
Erstveröffentlicht: 
14.01.2012

Bunt statt braun: In Magdeburg haben am Samstag Tausende Menschen gegen einen Neonazi-Aufmarsch protestiert. Im Anschluss an die Demonstration kam es zu Ausschreitungen, bei denen Unbekannte eine Betonplatte nach einem Polizisten warfen. Die Beamten umstellten ein Haus.

 

Magdeburg - Nach Demonstrationen gegen einen Aufmarsch von Rechtsextremen in Magdeburg ist es im Stadtteil Stadtfeld zu Ausschreitungen gekommen. Nach Angaben eines Polizeisprechers warfen am Samstagabend in der Puschkinstraße Unbekannte eine 40 Zentimeter große Betonplatte aus dem 5. Stockwerk nach einem Beamten. Die Platte verfehlte den Polizisten nur knapp. Er wurde leicht verletzt.

Der Polizei zufolge sieht die Staatsanwaltschaft den Tatbestand des versuchten Totschlages als erfüllt an. Polizisten umstellten das Haus, in dem mehr als 50 Anhänger der linksautonomen Szene vermutet wurden. Sie forderten die Täter auf, sich zu stellen. Die Bewohner sollten herauskommen und ihre Personalien feststellen lassen. Die Bewohner zogen Anwälte hinzu, und verhandelten stundenlang mit der Polizei. Am späten Abend zeichnete sich noch keine Lösung ab.

Zuvor hatten etwa 10.000 Menschen friedlich zum vierten Mal eine "Meile der Demokratie" in Magdeburg gestaltet. Anlass für die Aktion mit Menschenketten und Mahnwachen war eine alljährliche Demonstration von Rechtsextremen, an der nach Polizeiangaben diesmal 1200 Neonazis aus ganz Deutschland teilnahmen. Die NPD ruft seit Jahren anlässlich der Bombardierung Magdeburgs am 16. Januar 1945 zu einem Aufmarsch in der Landeshauptstadt auf. Bei dem Luftangriff wenige Monate vor Kriegsende waren etwa 2500 Menschen ums Leben gekommen.

Zur "Meile der Demokratie" war auch Prominenz aus der Bundespolitik nach Magdeburg gekommen. SPD-Chef Sigmar Gabriel, Grünen-Chefin Claudia Roth und die Vorsitzende der Linken, Gesine Lötzsch, forderten in ihren Ansprachen ein Verbot der NPD und würdigten das Engagement der Magdeburger im Kampf gegen Rechts. "Die große Resonanz dieser Veranstaltung zeigt, dass die Magdeburger ihre Stadt nicht preisgeben und für Demokratie kämpfen", sagte Gabriel.

Um Ausschreitungen zu verhindern, war die Polizei mit einem Großaufgebot von mehr als 2000 Beamten aus Sachsen-Anhalt und sieben weiteren Bundesländern im Einsatz. Auch aus mehreren Hubschraubern wurde die Lage beobachtet. Nach Polizeiangaben hatte es bis zum Nachmittag keine größeren Zwischenfälle gegeben.

bos/dapd/dpa