Kunst gegen Kunst

Kunst

Was auf dem Gelände der Uni Konstanz stattfindet, das ist nichts anderes als der alltägliche Zeichenkrieg und dennoch eine Ausnahme. Es ist der Punkt an dem wir, Gammler und Träumer, das Wort Krieg in den Mund nehmen, ihn erklären und schließlich auch führen. Man hat es erwartet, wie konnte man es auch nicht, natürlich wurden letztendlich die einigen wenigen Graffitis überpinselt, die den Bau weniger schmückten, als ihn vielmehr schamvoll seiner Nacktheit überführten. Diese dauernden Denunzianten, die schwach, hilflos und unendlich einsamen unsere Sprache sprachen, die umgeben von der grauen Masse aus Beton, Stahl und Glas unsere Klagen klagten und für die meisten doch nichts weiter als unsichtbare Makel waren, sind nun im Zuge einer Säuberungsaktion entfernt worden. Die Begehung der Uni für die Exzellenzinitiative 2012 stand an.

 

Das „Kunst gegen Kunst“ Kollektiv Konstanz sagt: Solange noch ein einziges unserer Zeichen Gefahr laufen muss überpinselt zu werden, darf sich Kunst am Bau nicht mehr sicher fühlen. Dahrendorf in Bronze (http://www.bertrand-freiesleben.com/news/universitaet-konstanz) musste als erstes daran glauben, weitere folgen bei Bedarf. Dabei fühlen wir uns kein bisschen schlecht - Fuzzikunst liegt uns ebensowenig am Herzen wie euch unsere Kunst am Herzen liegt. Fuzzikunst spricht nicht unsere Sprache, sie spricht die Sprache des Geldes und des Patriarchates, die der Exzellenz und des Professionalismus.

Wer hier Sturm und Drang wittert dem sei gesagt: Unsere Guerillataktik ist das Prinzip des Verzweifelten, des notorisch Unterlegenen und daher wütend Träumerischen. „Wir sind eine Armee der Träumer und deshalb sind wir unbesiegbar.“ Klar, wir müssen nicht wie Subcomandante Marcos, von dem dieser Spruch stammt, ums nackte Überleben kämpfen und tun es hier dennoch, denn aus was sind wir modernen Studenten denn schon gemacht wenn nicht aus Symbolen - stofflich sind wir jedenfalls schon lange nicht mehr.

 


 

Kunst

 

Das Bekennerschreiben:

Kunst gegen Kunst, Auge um Auge, Zahn um Zahn.

 

Ihr überpinselt Graffitis für die Exzellenz. Unsere Antwort: ARTCRIME.

 

Letzten Montag trudelte eine Mail von Rüdiger ein: „Am vergangenen Donnerstag und Freitag fand die Vor Ort-Begutachtung im Rahmen der Exzellenzinitiative an unserer Universität statt...der Campus, die Gebäude und die Technik waren in einem tollen Zustand“

 

Welchen Zustand meint der Physiker hier. Experimentalbedingungen etwa? Uni ist Lebensraum tausender Studenten– kein weiß getünchter Showroom. Es ist eine bodenlose Unverschämtheit die gesamte Uni für eine paar Fuzzis zu sterilisieren, die nach ein paar Stunden nie wieder ein Fuß hierein setzen werden.

 

Daran, dass sämtliche Graffitis/Streetart der letzten Jahre entfernt wurden, ändern auch mögliche Exzellenzgelder nichts. Jegliche Kunst am Bau die dadurch finanziert wird ist nicht unsere Kunst und wird es niemals sein. Sie spricht nicht unsere Sprache.

 

Daher erklären wir den Krieg der Zeichen, bis die Wände wieder frei sprechen dürfen. Solange die hygienischen Maßnahmen, Säuberungsaktionen und Zeichenpolitik kein Ende finden, wird die Kunst am Bau demontiert, beschmiert, geschändet. Denn wer so dummdreist ist, die zarten und dazu harmlosen Pflänzchen des „Andersdenkens“ mit weißer Farbe zu ersticken, der muss mit Dornen rechnen.

 

 

 

Gez.: Kunst vs. Kunst

 

 

 

PS: Lasst tausend Blumen blühen!

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großartige Aktion, schöne Portestform gegen die Exzellenz- und Elitewahn.

viel Erfolg weiterhin

Leute, ihr seid Klasse! Weiter so!

Gegen die Arroganz der Macht!

Die Aufnahmefähigkeit der großen Masse ist nur sehr beschränkt, das Verständnis klein, dafür jedoch die Vergesslichkeit groß. Aus diesen Tatsachen heraus hat sich jede wirkungsvolle Propaganda auf nur sehr wenige Punkte zu beschränken und diese schlagwortartig so lange zu verwenden, bis auch bestimmt der Letzte unter einem solchen Worte das Gewollte sich vorzustellen vermag. Sowie man diesen Grundsatz opfert und vielseitig werden will, wird man die Wirkung zum Zerflattern bringen, da die Menge den gebotenen Stoff weder zu verdauen noch zu behalten vermag.

for free people!

Hoffentlich gibt es viele Nachahmer.

Narrenhände beschmieren Tisch und Wände.

 

Jetzt ist man nicht besser als die Gleichschalter von Betonhausen gewesen. Zu wenig Effekt - zu viel Gleichschritt. Wo ist die autonome Haltung geblieben?

DIE autonome Haltung kann bleiben wo der Pfeffer wächst, solange sie Bedingungen stellt. Und falls Effekt eine dieser Bedingungen ist dann umso mehr. Wer anfängt all die kleinen, wunderschönen Zwecke, all die Feinheiten der menschlichen Wahrnehmung unter den primitiven Effekt zu subsumieren der tut nichts anderes als diejenigen, die man  Kapitalisten schimpft und die ihrerseits all die weltlichen Regungen unter die Effizienz zu subsumieren suchen. Das nämlich ist Gleichschritt - allgemeine Maßstäbe und Prinzipien. Daher auch: Lasst tausend Blumen blühen!

Wenn das Zeichenkrieg sein soll, dann habt ihr schon jetzt verloren. Macht es wenigstens richtig und gebt euch beim Sprayen und Schablonieren Mühe. Gute Street Art haben verständliche Motive und bringen eine klare Botschaft rüber. Zum Thema Schön reden / Uni Rausputzen / Exzellenz heucheln sollte einem doch genug einfallen. 

Habt ihr schon einmal versucht von offizieller Seite an die Uni heranzutreten und um Flächen für freie Graffitikunst gebeten? Ich würde die Dinge auch entfernen wenn mir ungefragt mal jemand mein (fiktives) Haus mit zugegebenermaßen handwerklich nicht allzu professionellen Graffitis zusprayt...