Beratung für Opfer rechter Gewalt bezeichnet Reform als Schwerpunkt und spricht von 10 Vorfällen seit Juli 2010

Erstveröffentlicht: 
25.10.2011

Polizei widerspricht den Behauptungen im Internet

 

Von Matthias Fricke

 

Reform l Nach der Demonstration am Wochenende von mehr als 100 linksorientierten Jugendlichen gegen "Rechte Gewalt in Reform" hat sich gestern auch die Mobile Beratung für Opfer rechter Gewalt zu Wort gemeldet. Annika Butz teilte der Volksstimme mit: "Der Stadtteil Reform ist ein Schwerpunkt rechter Angriffe in Magdeburg. Allein seit Sommer 2010 haben wir 10 politisch rechts motivierte Gewalttaten vorwiegend gegen alternative Jugendliche und junge Erwachsene registriert. Die Dunkelziffer dürfte erfahrungsgemäß wesentlich höher sein. Eine Verharmlosung des Problems durch politisch Verantwortliche und die Polizei ist ein fatales Signal an die Betroffenen und deren soziales Umfeld und stärkt die Täter."

 

Die Polizei könne nach Angaben von Behördensprecher Bernhard Wessner diese Daten nicht nachvollziehen. Sie widersprach gestern auch den im Internet aufgestellten Tatsachenbehauptungen. So heißt es dort, dass in der Nacht zum 12. September 2010 eine Gruppe von 20 bis 25 Neonazis eine Gruppe linker Jugendlicher, "unter ihnen auch Mitglieder des Jugendverbandes Rebell, angegriffen hat. Darunter waren auch ,Reformer Jungs'".

Die Polizei bestätigte gestern zwar den Landfriedensbruch an der Endstelle der Straßenbahn im Quittenweg, aber das Ermittlungsresultat sei ein anderes. Eine Gruppe linksorientierter Jugendlicher war zunächst von einer größeren Personengruppe angegriffen worden. Die Betroffenen sagten später aus, dass sie die Angreifer aufgrund ihres Aussehens der rechten Szene zuordnen würden. Weitere Aussagen gab es nicht. Im Rahmen einer sofort eingeleiteten Fahndung hatten die Beamten später drei Verdächtige im Umkreis des Tatortes stellen können. Zwei von ihnen trugen eine Jacke mit der Aufschrift "Reformer Jungs". Bei einer Vorlage von Bildern der Verdächtigen haben die Opfer aber keinen der Angreifer wiedererkennen können. Zudem hatten die jungen Männer auch nachweisbare Alibis. "Da am Ende kein Angreifer ermittelt werden konnte, wurde das Verfahren von der Staatsanwaltschaft eingestellt", erklärt Polizeisprecher Bernhard Wessner weiter.

Weiterhin heißt es auf den linken Internetseiten: "Schülerinnen des Geschwister-Scholl-Gymnasiums in der Apollostraße werden auf dem Nachhauseweg rassistisch und sexistisch beleidigt und misshandelt." Dazu stellt die Polizei fest, dass es zu solchen Vorfällen keine einzige Anzeige gebe. "Wir haben auch Rücksprache mit der Schulleitung gehalten und auch ihr sind derartige Vorfälle nicht bekannt. Das Jugendamt konnte dies ebenfalls nicht bestätigen", erklärte Bernhard Wessner weiter.

Weiterhin heißt es, dass im "Döner Royal" am Reformer Marktplatz in zwei Jahren sieben Mal die Scheiben zu Bruch gegangen sein sollen. Auch dies wird in den Internetbeiträgen Rechtsradikalen zugeordnet.

Die Polizei hat in den Jahren 2010 und 2011 fünf Anzeigen wegen Sachbeschädigung aufgenommen. In einem Fall haben schwarz gekleidete Personen Silvesterknaller auf anwesende Personen im Imbiss geworfen. Bernhard Wessner: "Die Tat und auch die Sachbeschädigungen konnten wir keiner Gruppe zuordnen."

Nach einer Auswertung der Wahlergebnisse der Landtagswahl im März dieses Jahres hatten in Reform 3,26 Prozent der Wähler NPD gewählt. Von 32 Stadtteil liegt Reform damit im Vergleich an 15. Stelle.