Mainz: Polizist schlägt am Boden liegenden Mann - Staatsanwaltschaft eingeschaltet

Erstveröffentlicht: 
14.10.2011

Nach einem Polizeieinsatz in der Mainzer Innenstadt muss ein Polizeibeamter nun mit disziplinarischen, womöglich auch strafrechtlichen Konsequenzen rechnen: Auf Videobildern, die ein Passant mit dem Handy gemacht hat, ist zu sehen, wie der Polizist mehrfach und mit Wucht auf einen am Boden liegenden Mann einschlägt. Der Leitende Oberstaatsanwalt Klaus-Peter Mieth hat gegen den Beamten ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts auf Körperverletzung im Amt eingeleitet.

 

Die Polizei wurde am Mittwoch gegen 16 Uhr wegen einer familiären Auseinandersetzung in der Straße Hintere Bleiche alarmiert. Dort war ein psychisch kranker Mann mit seinen Eltern, die ihn in Mainz besucht hatten, handgreiflich aneinander geraten. Die Eltern wussten sich nur noch zu helfen, indem sie die Polizei riefen. Auch das Ordnungsamt und der Rettungsdienst wurden daraufhin verständigt.

 

Zwei Streifenwagen fuhren zu der Adresse, den vier Polizeibeamten gelang es auch zunächst, die Situation zu beruhigen. Draußen auf dem Bürgersteig schien der anfangs renitente und laut schreiende Mann seinen Widerstand bereits aufgegeben zu haben, als er plötzlich über die Straße davon rannte. Die Beamten setzten sofort nach, holten ihn nach nur wenigen Metern ein, drückten ihn vor einem Hauseingang zunächst gegen eine Wand und dann auf den Boden. Alle vier Beamten kauerten über ihm, ein Polizist presste mit dem Knie das Gesicht des Festgenommenen auf den Asphalt, während Kollegen Handschellen anlegten. Mehr als eine Minute hielten die Beamten den Mann in dieser Lage fest. Der Vorgang wurde von einigen Augenzeugen beobachtet, einer von ihnen filmte die Szene mit seinem Handy.

 

"Das dürfen Sie nicht machen!"


Auf den Bildern, die dieser Zeitung vorliegen, ist eindeutig zu sehen, wie einer der Polizisten plötzlich ausholt und schnell hintereinander viermal mit voller Wucht auf den bereits wehrlosen Mann einschlägt und in der Nierengegend trifft. Die Stimme des Videofilmers ist zu hören: „Hallo, hallo, das dürfen Sie nicht machen!“ – daraufhin hebt der Polizist den Kopf und sagt etwas, doch seine Erwiderung ist nicht zu verstehen. Laut Bericht des Handybesitzers rechtfertigte der Beamte sein Verhalten damit, dass der Festgenommene zugebissen habe. In der Tat wurden laut Polizei bei dem Einsatz zwei Beamte von dem Festgenommenen verletzt: Einer sei durch den Handschuh hindurch in den Finger gebissen worden - offenbar handelt es sich um den, der dann zuschlug -, eine Polizistin habe Blessuren am Oberschenkel davon getragen.

 

Die Bilder zeigen auch, wie eine Frau, die von der anderen Straßenseite aus zugeschaut hatte, nach den Schlägen des Polizisten energisch auf die Gruppe zutritt und erregt auf die Beamten einredet. Kurz darauf richten die Polizisten den Gefesselten auf, der sich beruhigt zu haben scheint. Die Aufzeichnung endet damit, dass der Polizist, der zugeschlagen hatte, auf den Videofilmer zugeht. Laut dessen Schilderung wurde er aufgefordert, die Datei umgehend zu löschen – was er aber nicht tat.

 

Der Mainzer Polizeidirektor Claus Colausich, den diese Zeitung erst am Donnerstagabend mit den Bildern konfrontieren konnte, sah keinen Anlass irgendetwas zu beschönigen: Es sei eindeutig zu erkennen, wie der Beamte mehrfach auf den Mann einschlage, allerdings sei vorerst völlig unklar, was ihn dazu veranlasste. Zwar seien die Beamten zuvor selbst angegriffen worden, dennoch bestehe durchaus der Anfangsverdacht, dass sich der Polizist nicht korrekt verhalten habe.

 

Die weitere Untersuchung des Falles hat am Freitagmorgen die Staatsanwaltschaft Mainz übernommen.