PM der FS Soziologie zu "Recht auf Stadt" Freiburg

Recht auf Stadt

Pressemitteilung vom 13.07.2011 der Fachschaft Soziologie der Uni Freiburg zum "Recht auf Stadt" Netzwerk

Der Abriss und Verkauf von Sozialwohnungen zur Haushaltssanierung1 2, der zunehmende Ausbau des Eventcharakters der Stadt (Papstbesuch, Deutsch-Französischer Gipfel und weitere)3 4, immer teurere Mietwohnungen trotz Leerstand5, Videoüberwachung der Innenstadt6, all das sind urbane Probleme Freiburgs, die zunehmend an Bedeutung gewinnen. Um diese Problemstellungen in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken und diese an der Bewältigung teilhaben zu lassen, hat sich am 5. März 2011 die Initiative „Recht auf Stadt Netzwerk Freiburg“ gegründet. Die Fachschaft Soziologie begrüßt diese neue Initiative, um auf den urbanen Diskurs Einfluss nehmen zu können und die Stadt für alle zugänglich zu gestalten.

 

Gentrifizierung hat inzwischen viele Definitionen. Doch die gemeinsamen Faktoren der phänomenologischen, ökonomischen, regulationstheoretischen und soziologischen Definitionen bündeln sich in einem kleinsten gemeinsamen Nenner:

 

„Als Gentrification wird ein Prozess beschrieben, durch den Haushalte mit höheren Einkommen BewohnerInnen mit geringen Einkommen aus der Nachbarschaft verdrängen und die wesentlichen Merkmale und Stimmungen der Nachbarschaft verändern.“7

 

Wichtig erscheint es unserer Meinung nach, solche Umstrukturierungen und die Verdrängungstendenzen als Wesen der Gentrifizierung öffentlich zu thematisieren und auch politisch darauf Einfluss zu nehmen.

Die gerade in den Freiburger Lokalmedien präsente Berichterstattung zur Stadtentwicklung ist von diversen Aktionen und Initiativen angestoßen worden, die sich kritisch mit der derzeitigen Städtepolitik auseinandersetzen. Eine vielfältige Berichterstattung genoss zum Beispiel die Besetzung eines Hauses in der Johann-Sebastian-Bach-Straße Anfang April 20118 9 10 und die daran anschließende Idee, den Straßenzug genossenschaftlich zu organisieren11 12. Zusätzlich brachte die Tagung „Freiburg – eine Stadt für alle?“ des Mietshäuser-Syndikates und des Grethergeländes vom 20.-22. Mai 2011 Gentrifizierungstendenzen und Stadtumstrukturierungen in den Fokus der medialen Berichterstattung13 14. Und auch der Verein 'Wohnen ist Menschenrecht' (WiM) setzt sich konkret für Mieter_innen ein, thematisiert Gentrifizierung in Freiburg15 16 und arbeitet „für die Verwirklichung des Rechts auf Wohnen für alle“17.

 

Die Forderung 'Recht auf Stadt' bezieht sich hierbei auf den Soziologen Henri Lefebvre, der in den 1960er Jahren das 'Recht auf den Nichtausschluss' der städtischen Gesellschaft von den Qualitäten und Leistungen forderte18. Lefebvre beschrieb die sozioökonomische Segregation im Hinblick auf ihre Entfremdungserscheinungen, die er an französischen Pendelnden festmachte, da diese in von der Innenstadt weit entfernte Wohngebiete verdrängt wurden. Das 'Recht auf Stadt' stellt folgernd die Forderung nach einer „kollektiven Wiederaneignung des städtischen Raumes durch buchstäblich an den Rand gedrängten Gruppen auf“19.


Wir unterstützen hiermit den Aufbau der Plattform, um den urbanen Marginalisierten, Illegalisierten, Freiraum Aktivist_innen und allen solidarischen Menschen eine Austauschplattform zu bieten und weisen ausdrücklich auf die kommenden 'Recht auf Stadt' – Tage hin.

Zwischen dem 13. - 17. Juli 2011 werden in Freiburg die 'Recht auf Stadt' – Tage20 stattfinden, die die derzeitige – auf Profitmaximierung ausgerichtete – Stadtpolitik thematisieren und Alternativen zum derzeitigen Konzept aufzeigen soll. Willkommen sind alle Menschen, die sich mit der Umgestaltung der Innenstadt, den steigenden Mieten, der Wohnungslosigkeit und weiteren urbanen Frage- und Problemstellungen auseinandersetzen, sie kritisieren, oder ändern wollen.

 


 

7 Holm, Andrej 2006: Die Restrukturierung des Raumes – Stadterneuerung der 90er Jahre in Ostberlin: Interessen und Machtverhältnisse, Bielefeld, S. 64

8 Fz, 2011: Leerstehendes Haus besetzt, Online-Publikation abrufbar unter: http://www.badische-zeitung.de/freiburg/leerstehendes-haus-besetzt--43786271.html [Stand: 08.06.2011]

9 Barth, Philipp 2011: Hausbesetzung in Herdern: Ein Besuch in der Johann-Sebastian-Bach-Straße, Online-Publikation abrufbar unter: http://fudder.de/artikel/2011/04/05/hausbesetzung-in-herdern-ein-besuch-in-der-johann-sebastian-bach-strasse/ [Stand: 08.06.2011]

10 Sill, ohu 2011: Polizei will räumen – Hausbesetzer weg, Online-Publikation abrufbar unter: http://www.badische-zeitung.de/freiburg/polizei-will-raeumen-hausbesetzer-weg [Stand: 08.06.2011]

11 Zimmermann, Frank 2011, Herdermer Genossenschaftsgedanken, Online-Publikation abrufbar unter: http://www.badische-zeitung.de/freiburg/herdermer-genossenschaftsgedanken [Stand: 08.06.2011]

12 Zimmermann, Frank 2011: "Wir sind noch nicht entmutigt", Online-Publikation abrufbar unter: http://www.badische-zeitung.de/freiburg/wir-sind-noch-nicht-entmutigt--45219837.html [Stand: 08.06.2011]

13 Bz 2011: TAGUNGEN Stadt für alle, Online-Publikation abrufbar unter: http://www.badische-zeitung.de/freiburg/tagungen-xpcqp2oyx--45448767.html [Stand: 08.06.2011]

14 Beule, Beate 2011: Quartier Vauban: Studie straft Selbstverständnis Lügen, Online-Publikation abrufbar unter: http://www.badische-zeitung.de/freiburg/quartier-vauban-studie-straft-selbstverstaendnis-luegen--45586677.html [Stand: 08.06.2011]

15 Bz 2011: Online-Publikation abrufbar unter: http://www.badische-zeitung.de/freiburg-sued/die-mieter-planen-aktionen [Stand: 08.06.2011]

17 Wohnen ist Menschenrecht o.J.: Online-Publikation abrufbar unter: http://www.wohnen-ist-menschenrecht.de/ [Stand: 08.06.2011]

18 Lefebvre, Henri 1990: Die Revolution der Städte, Frankfurt/M.: Hain, S. 160

19 Holm, Andrej 2010: „Recht auf Stadt“ – mehr als nur ein guter Slogan, Online-Publikation abrufbar unter: http://gentrificationblog.wordpress.com/2010/07/07/recht-auf-stadt-mehr-als-ein-guter-slogan/ [Stand: 08.06.2011]

20 Recht auf Stadt 2011: Stadt selber machen! “Recht auf Stadt” – Tage, Online-Publikation abrufbar unter: http://www.rechtaufstadt-freiburg.de/2011/05/stadt-selber-machen-recht-auf-stadt-tage/ [Stand: 08.06.2011]