Offener Brief an die Unabhängigen Listen zum Thema „Kommando Rhino“

Erstveröffentlicht: 
04.07.2011

Lieber Kolleginnen und Kollegen von den Unabhängigen Listen,
lieber Kollege Moos,

unsere Fraktion wird sich dem Antragsentwurf der UL auf Zuweisung einer Ausweichplatzes für die Mitglieder des Wagenkollektivs „Kommando Rhino“ nicht anschließen. Die Haltung der UL zu der sich abzeichnenden Räumung des Geländes auf dem Vauban war erwartbar, sie kann jedoch an den Realitäten nichts ändern: Für die von anfänglich sechs auf mittlerweile mehr als 30 angewachsenen Bauwagen gibt es schlicht kein geeignetes und verfügbares städtisches - und offensichtlich auch kein privates - Ersatzgelände in Freiburg, schon gar nicht mit der Ausstattung, die die Mitglieder von Kommando Rhino gerne hätten: möglichst innenstadtnah, ohne störende MitbewohnerInnen, an den ÖPNV angebunden etc.

Die von Eurer Seite ins Gespräch gebrachte Fläche auf dem geplanten Gewerbegebiet „Schlattmatten“ ist ungeeignet, nicht nur weil bislang in keinster Weise erschlossen und künftig ausschließlich zur Ansiedlung neuer arbeitsplatzschaffender Gewerbebetriebe vorgesehen.

Anders als die Unabhängigen Listen dies darstellen, gibt es auch in Freiburg mehrere Standorte, auf denen alternative Wohnkonzepte gelebt werden können, und zwar völlig legal. Auch den Mitgliedern von Kommando Rhino wurden bereits frühzeitig Ausweichplätze auf dem Eselswinkel beim Flugplatz angeboten, was von ihnen jedoch abgelehnt worden ist. Die Behauptung, die „Rhinos“ würden von der Stadt wie „Aussätzige“ behandelt, die man am liebsten „auf den Mond schießen“ wolle, halten wird für völlig abstrus.

Wir übersehen nicht, dass Kommando Rhino versucht hat, das Zusammenleben innerhalb eines Wagenkollektivs über das schlichte Wohnen hinaus in einen politischen und kulturellen Kontext zu stellen. Nichtdestotrotz hebt dies den Wunsch der WagenbewohnerInnen nach preiswertem und selbstbestimmtem Wohnen nicht über den Wunsch vieler Menschen in dieser Stadt hinaus, die gerne ein Eigenheim erwerben oder auch nur ein preiswertes Dach über dem Kopf haben wollen. Die Selbstverständlichkeit, mit der Kommando Rhino bisweilen die eigenen Bedürfnisse als höherwertig, weil politisch eloquenter begründet dargestellt hat, hat einige Mitglieder unserer Fraktion mitunter sehr gestört.


All diese Überlegungen ändern nichts an den Fakten: Wir leben in einer sehr beliebten Stadt, in der Wohnraum knapp und teuer ist. Die Verwaltung - namentlich zu nennen ist hier die persönliche Referentin des Oberbürgermeisters, Annette Schubert - ist jedem Alternativflächenhinweis aus dem Kreis der WagenbewohnerInnen und auch aus der Bevölkerung nachgegangen. OB Dieter Salomon hat private Grundstückseigentümer wissen lassen, dass er die Zurverfügungstellung privater Grundstücke für die Wagenburg Kommando Rhino begrüßen würde. Dass dieses Unterfangen im Endeffekt dennoch erfolglos war, bedauere ich, es hat mich jedoch letztlich nicht wirklich überrascht, ist mir die letzte intensive und umfassende Flächensuche von vor ein paar Jahren doch noch gut im Gedächtnis.

 Wie dem auch sei: Den Vorstoß der UL, die Stadt zu einer "Zwischenlösung" zu zwingen, halte ich schlicht für den Versuch, den Betroffenen Sand in die Augen zu streuen. Auch die UL hat keine Idee, wo eine Wagenburg - schon gar in dieser Größe - untergebracht werden könnte. Wir sollten unsere Kräfte lieber dafür einsetzen, Kommando Rhino dazu zu bewegen, das Gelände freiwillig aufzugeben. Auch das wird vermutlich ein frommer Wunsch bleiben. Ich weiß aus persönlicher Erfahrung, dass gerade auch für gescheiterte politische Projekte nichts so wichtig ist wie ein spektakulärer „Abgang“. Wenn das nun einmal so ist, sehe ich die Aufgabe der interessierten Gemeinderätinnen und Gemeinderäte darin, die bevorstehende Räumung vor Ort zu begleiten, um die von manchen Seiten herbeibeschworene Eskalation  zu vermeiden.

Den Ursprungsbesetzerinnen und -besetzern des Geländes, mit denen wir hin und wieder gesprochen haben, will ich gerne Respekt für ihren Einsatz bekunden, wenn er denn weiterhin strikt friedlich verläuft. Wer versucht, Lebensverhältnisse gegen den mainstream zu gestalten, muss immer damit rechnen, vom mainstream überrollt zu werden. Aber völlig folgenlos ist solches Handeln sicherlich nie ...


Herzliche Grüße

Maria Viethen, Fraktionsvorsitzende 

Gerhard Frey, stellv. Fraktionsvorsitzender

Tim Simms, stellv. Fraktionsvorsitzender

 

 

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"Wer versucht, Lebensverhältnisse gegen den mainstream zu gestalten, muss immer damit rechnen, vom mainstream überrollt zu werden" - das passt nun wirklich zu gut für bündnis '90. hoffen wir das die kapitalistischen verhältnisse gerhard und maria überrollen werden, auf dass sie vor lampedusa rudern müssen. klar, der mainstream, dass einzig ware. so wie es ist bleibt es und wir helfen dass es schlimmer wird - bündnis '90. bomben bis zur welteiten demokratie - bündnis '90. in gorleben endlager einfordern und abschalten - bündnis '90...

und dann noch zum spektakulären abgang der im text erwähnt wird: aus eigener erfahrung solltet ihr euch mit eurer mitte-rechts-öko-bonzen-partei besser warm anziehen liebe alnatura-cdu - wer zuletzt lacht, lacht am besten.

"dass gerade auch für gescheiterte politische Projekte nichts so wichtig ist wie ein spektakulärer „Abgang“" - Auf in den Krieg, war wohl das Eingeständnis des Scheiterns der Grünen. Wer weiter dabei ist, wie Viethen, Frey oder Simms scheinen die hier heuchlerisch geforderte gewaltfreiheit für sich nicht zu deklarieren. Mögen diese Stadträte nur schön zur Räumung kommen und auf Seiten der Polizei zeigen auf wessen Seite sie seit 20Jahren stehen mit ihrem gescheiterten politischen Projekt, dass aber doch so vielen gutbezahlte Jobs geschaffen hat. Ob Frau Viethen alle Spiegel in der Wohnung abgehängt hat?