Verwaltungsgerichtshof entscheidet zugunsten von Stadträtin Monika Stein: Vorübergehende Festnahme war rechtswidrig.
Stadträtin Monika Stein von der Grünen Alternative Freiburg fühlt sich 
seit gestern endgültig rehabilitiert. Denn der Verwaltungsgerichtshof 
(VGH) Baden-Württemberg in Mannheim hat am Dienstagmittag entschieden: 
Die Freiburger Polizei handelte rechtswidrig, als sie Stein in der Nacht
 vom 1. auf den 2. Mai 2008 vorübergehend festnahm und aufs Revier 
verbrachte, weil sie mit einer Bierflasche in der Hand an einer 
widerrechtlich entzündeten Feuerstelle an der Ecke 
Belfort-/Wilhelmstraße stand.
Zuvor, im Verlauf des Abends des 1. Mai, war es am Rande des 
Spechtpassagenfestes zu Ausschreitungen gekommen; dabei waren Polizisten
 mit Flaschen und anderen Gegenständen beworfen worden. Aus diesem 
Umstand schlussfolgerten die Polizisten, dass Stein auch zu den 
aggressiven Störenfrieden gehören könnte und nahmen die 
"Anscheinsstörerin" – so der juristische Begriff – zu 
erkennungsdienstlichen Maßnahmen mit aufs Revier Nord. Wegen der 
Dunkelheit und des regen Kommens und Gehens im Bereich der Feuerstelle 
sei nicht klar gewesen, wie lange sich die Klägerin bereits am Feuer 
befunden und ob sie zu den Verantwortlichen für die Störungen gehört 
habe, so die Begründung. Stein beteuerte stets, von den Ausschreitungen 
an jenem Abend gar nichts gewusst zu haben, als sie sich nach einem 
Kneipenbesuch im Sedanviertel zu später Stunde nichtsahnend an das Feuer
 stellte.
Die 40-jährige Stadträtin klagte gegen ihre vorübergehende Festnahme zunächst vor dem Freiburger Verwaltungsgericht, welches ihr im Februar 2009 in Teilen recht gab. Die Richter entschieden damals, dass es nicht rechtens sei, dass Stein mehr als eine halbe Stunde auf dem Revier Nord festgehalten, durchsucht und fotografiert wurde. Die Tatsache, dass sie aufs Revier gebracht worden war, sei hingegen legal gewesen, entschied das Verwaltungsgericht. Nicht zuletzt deshalb gab sich Monika Stein nicht zufrieden und ging in die Berufung vor den VGH. "Für eine Festnahme muss schon ein richtiger Tatverdacht bestehen", fand die Klägerin. Und auch ihre Berliner Anwältin Anna Luczak war der Meinung: "Wenn man auf der Straße neben einem Feuer steht, ist man nicht gleich eine Gefährderin", auch nicht, weil man eine Flasche in der Hand hält. "Das finde ich zu weitgehend."
Dem Freiburger Urteil widersprach nun der VGH. Dessen 1. Senat 
entschied, dass eine Mitnahme aufs Revier nur dann zulässig sei, wenn 
die Identität der betreffenden Person nicht anderweitig oder nur unter 
erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden könne. Dies sei jedoch 
nicht der Fall gewesen: Nachdem Monika Stein, ein Begleiter und eine 
dritte Person am Feuer stehend von der Polizei mit den Worten "Flaschen 
runter" überrascht worden waren, wurden ihre Personalien vor Ort 
erfasst. Dazu händigte Stein der Polizei auch ihren Personalausweis aus.
 "Konkrete Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder 
sonstige Unstimmigkeiten hätten nicht vorgelegen. Damit hätte die 
Klägerin ihre Identität zweifelsfrei belegen können", schreibt der VGH 
in einer gestern veröffentlichten Presseerklärung. Auch ein 
Datenabgleich war laut VGH deshalb nicht erforderlich. Und wenn, dann 
hätte dieser nur an Ort und Stelle vorgenommen werden können, urteilten 
die VGH-Richter und verwiesen dabei auf entsprechende Bestimmungen des 
Polizeigesetzes.
Sowohl der Leiter des Polizeireviers Nord, Harry Hochuli, als auch Stein
 und ihre Anwältin nahmen in der gestrigen eineinhalbstündigen 
Verhandlung persönlich Stellung. Während Stein sich durch das Urteil des
 VGH "sehr rehabilitiert" fühlt, wollte es die Polizei gestern nicht 
kommentieren. "Wir schätzen und achten die richterliche Unabhängigkeit",
 sagte Polizeisprecher Karl-Heinz Schmid. Anwältin Luczak glaubt, dass 
das Urteil "Pioniercharakter für Freiburg" hat.
			
				
			
				 
					
				
				
							
