Venezuela/Armenviertel in Caracas "Comuna im Aufbau"

Doku über den Versuch, basisdemokratische Prinzipien mit Leben zu füllen

 

(Dario Azzellini & Oliver Ressler, 94 min., 2010, spanisch mit dt. Untertiteln)

Dienstag, 21. Dezember 2010 ab 19.00 Uhr Abendessen, ab 20 Uhr Film, anschl. Diskussion

Infoladen Linker Projekte, Werderstrasse 8, 2ter Hinterhof, 65195 Wiesbaden, www.infoladen-wiesbaden.de


Der Dokumentarfilm zeigt eindrücklich, dass die spannendsten Entwicklungen in Venezuela jenseits der Regierung stattfinden. „Wir müssen selbst entscheiden, was wir wollen. Wir sind diejenigen, die die Bedürfnisse kennen und wissen, was in unserer Community los ist“, erklärt Omayra Pérez selbstbewusst. Sie will ihre Community eines an den Hängen von Caracas gelegenen Armutsviertels davon überzeugen, einen Consejo Comunal (Kommunalen Rat) zu gründen. In über 30.000 Consejos Comunales entscheiden die BewohnerInnen Venezuelas selbst kollektiv in Versammlungen über viele Belange ihres Umfeldes. Omayra erhält Unterstützung von den AktivistInnen des „Emiliano Hernández“, einem Armenviertel in unmittelbarer Nähe, das bereits seit drei Jahren einen Consejo Comunal hat. Dort gelang es den BewohnerInnen, eine Ärztin aus dem Regierungsprogramm „Barrio Adentro“ in ihr Viertel zu holen, die alle kostenlos behandelt. Sie bekamen Gelder, um ihre Häuser selber zu renovieren und ersetzten ein Dutzend Wellblechhütten durch neue Häuser. Dies und viel mehr wurde über den Consejo Comunal organisiert. In einer lokalen Selbstorganisierung von unten werden Arbeitsgruppen zu verschiedenen, selbst bestimmten Themen gebildet und Entscheidungen in Basisversammlungen getroffen.

Im Anschluss geselliger Kneipenabend!!!

 

Mehrere Consejos Comunales können sich zu einer Comuna und schließlich zu einer Kommunalen Stadt zusammenschließen. Der Film „Comuna im Aufbau“ geht dieser Entwicklung in den Armenvierteln an den Hängen von Caracas und auf dem Land, in den weitläufigen, wasserdurchzogenen Ebenen von Barinas, nach. Die Räte werden von unten, parallel zu den bestehenden Institutionen aufgebaut und sollen durch die Selbstregierung den bestehenden Staat überwinden. „Auch wenn wir jetzt ganz sicher die offiziellen Organe brauchen, müssen wir morgen auf Grund unserer Entwicklung unabhängig sein. Wir können nicht für immer ausschließlich vom Staat abhängig sein“, erinnert Ramon Virigay von der unabhängigen Bauernorganisation Frente Nacional Campesino Ezequiel Zamora (FNCEZ) auf einer Versammlung zum Aufbau der kommunalen Stadt „Antonio José de Sucre“ die Delegierten der beteiligten Consejos Comunales. Daher sollen die Räte auch eigene Produktions- und Vertriebsstrukturen aufbauen und so eine Autonomie möglich machen.

Zentrales Element des Films „Comuna im Aufbau“ sind die Versammlungen. Der Film beginnt im gut organisierten Consejo Comunal Emiliano Hernández in einem Armenviertel von Caracas, gibt danach Einblicke in die Versuche, im ländlichen Barinas Comunas und eine kommunale Stadt aufzubauen, und endet schließlich in Petare, einem riesigen Armenviertel im Ballungsraum Caracas, wo 29 Consejos Comunales dabei sind, die Comuna von Maca aufzubauen.
Staat und Autonomie in Einklang bringen, ist das überhaupt möglich? Die SprecherInnen der Consejos Comunales wissen alle von guten wie schlechten Erfahrungen mit den Institutionen zu berichten. „Dank der Inkompetenz der staatlichen Institutionen verlieren wir an Glaubwürdigkeit“, wirft die Basisaktivistin Yusmeli Patiño in einer Versammlung in Petare einem hohen Regierungsvertreter vor. Genauso gibt es aber auch MitarbeiterInnen von Institutionen, die alles tun, um die Basis in ihren eigenen Entscheidungen zu begleiten. Das Verhältnis zwischen Basis und Institutionen ist von Kooperation und Konflikt geprägt. Aber auch intern haben die Consejos Comunales Schwierigkeiten; Partizipation will gelernt sein. Fortschritte und Rückschläge prägen den schwierigen Prozess, tatsächlich die Macht der Entscheidung über das eigene Leben und das Umfeld zu erlangen.

 

http://www.azzellini.net, http://www.ressler.at