BO: Thomas „Steinar“ Wulff vom Gericht freigesprochen

Thomas Wulff (links) und Claus Cremer (rechts)

Am vergangenen Montag fand vor dem Landgericht Bochum der 8. Verhandlungstag im Verfahren gegen das NPD-Bundesvorstandsmitglied Thomas "Steinar" Wulff statt. Ihm wurde vorgeworfen auf einer NPD Demonstration am 25. Oktober 2008 in Bochum eine volksverhetzende Rede gehalten zu haben. Als Abschluss des sich seit Mitte August erstreckenden Prozesses wurde nun das Urteil verkündet: Das Gericht befand den vorbestraften Nazi Wulff für nicht schuldig und sprach ihn frei.

 

Vor der Urteilsverkündung erteilte Richter Volker Talarowski dem Angeklagten das "letzte Wort", um sich zuletzt noch einmal zu verteidigen.

Sichtlich angespannt und nervös begann der aus Teldau kommende NPDler die "sehr geehrten Anwesenden" darüber aufzuklären, dass er vergeblich versuchte im Vorfeld für diesen Moment eine Rede vorzubereiten. Am vorangegangenen Prozesstag forderte Staatsanwalt Holger Heming für ihn eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten ohne Bewährung, was den sonst so selbstbewusst auftretenden Angeklagten offensichtlich einstweilen aus der Fassung brachte.

Getarnt als Wolf im Schaafspelz entrüstete sich Wulff naiv über die Vorwürfe in der Anklage. Er pikierte sich über die Titulierung als "Ausländerfeind" und wunderte sich, warum die Staatsanwaltschaft versuchte ihn durch seinen Spitznamen "Steinar" zu 'stigmatisieren'. Zu seinem Kleidungsstil erklärte er plötzlich mit hanseatischem Akzent, dass die Mütze in Hamburg traditionell getragen werde und überall auffindbar sei; sein Mantel sei ein gewöhnlicher Trenchcoat von Peek&Cloppenburg.


Wulff drückte auf die Tränendrüse und räumte ein, dass er seine vier Kinder nicht alleine lassen könne. "Ich will nicht ins Gefängnis", ließ der Angeklagte fast weinerlich verlautbaren.


Zuletzt beruhte sich Wulff auf das Recht der freien Meinungsäußerung und fragte sich, wie er denn seine politische Arbeit weiter verfolgen solle, wenn er sich vehement Gedanken um die Strafmäßigkeit seiner Aussagen Gedanken machen müsse. Sogar sozialdemokratische Rechtsanwaltsverbände, die ihn angeblich kontaktiert haben sollen, würden ihm für diesen Fall zusprechen.

Nach anschließender Verkündung des Urteils, dem Freispruch, erklärte der Richter ausführlich: Es sei nicht Aufgabe des Gerichts politisch zu bewerten und sich in politische Prozesse einzumischen. 90-95% der Rede seien strafrechtlich irrelevant - nur einige Aussagen befänden sich "in der Nähe der Volksverhetzung". Teile der Rede könnten so ausgelegt werden, dass diese Ausländer bezichtigt, das Sozialsystem des Landes zu zerstören. Allerdings habe er in Auslegungsfragen dem Leitsatz "in dubio pro reo", also im Zweifel für den Angeklagten, zu bemessen.


Weiterhin sei die Rede Wulffs weitaus ruhiger Gewesen und habe vor allem weniger Reaktionen hervorgerufen, als die der beiden anderen Redner Claus Cremer und Axel Reitz, bei denen eindeutig "Ausländer raus!"-Rufe zu hören waren, so der Richter. Deshalb sei die Rede Wulffs wenig
aufstachelnd gewesen. Doch, so ermahnt er nun den NPD-Bundesvorstand, sei dieses Urteil kein Freischein für weitere Reden. Wulff sei "haarscharf an einer Verurteilung vorbeigerutscht" und müsse in Zukunft mit mehr Bedacht reden.


Weiterführende Links

Thomas Wulff:

http://www.youtube.com/watch?v=qw5nvuRD6Mk

http://www.youtube.com/watch?v=3InJ7HMcN6c&feature=related


Axel Reitz:

http://www.youtube.com/watch?v=MpZ7Nrqa3To&feature=related


Claus Cremer:

http://www.youtube.com/watch?v=F-T3l4pLAzM&feature=related

http://www.youtube.com/watch?v=pxNjmcCakc4&feature=related


Vorhergegangene Prozessberichte:


http://www.linksunten.indymedia.org/node/24267

http://www.linksunten.indymedia.org/de/node/24581

http://www.linksunten.indymedia.org/de/node/25523

 

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die 18monate hätten ihm mal ganz gut getan