[MUC] Solidaritäts-Banner am Olympiapark gegen Abschiebungen nach Afghanistan

Aktivist*innen hängen ein Transparent an einer Brücke im Olympiapark München auf.

Zum sechsten Mal hätte heute, am 31. Mai 2017, gegen 21:00 Uhr vom Münchner Flughafen eine Chartermaschine Menschen nach Afghanistan abschieben sollen. Ca. 20 Personen befinden sich bereits im Abschiebegefängnis in Mühldorf am Inn. Ebenfalls heute ist seit 17:30 Uhr an der östlichen Verbindungsbrücke zwischen Olympiapark und Olympiazentrum über dem Georg-Brauchle-Ring/Petuelring in München ein großes Transparent mit der Aufschrift „Abschiebung ist Mord. #FarhadRasuli Stop Deportations. #Right2stay“ zu sehen. Das Banner weist auf den im Februar 2017 abgeschobenen Farhad Rasuli hin, der zahlreichen Quellen zufolge nur wenige Wochen nach seiner Abschiebung bei einem Anschlag der Taliban ums Leben gekommen ist.

 

Für heute wurde der Abschiebeflug abgesagt. Heute Morgen detonierte wenige Meter neben der deutschen Botschaft in Kabul eine Bombe. Die Begründung für diesen kurzzeitigen Abschiebestopp ist nicht das unsichere Afghanistan, sondern die Rücksichtnahme auf die Mitarbeiter*innen der deutschen Botschaft. Diese sollen eine „wichtige logistische Rolle“ bei Abschiebungen spielen, hieß es in der Begründung, und hätten nun „Wichtigeres zu tun“. Es ist davon auszugehen, dass die inhaftierten Personen weiter im Abschiebegefängnis in Mühldorf am Inn auf den nächsten Abschiebeflug warten müssen.

 

Seit Anfang des Jahres 2017 gab es, um nur eine Stadt zu benennen, in Kabul, immerhin Ziel der Abschiebeflüge aus Deutschland, mindestens sieben große Terroranschläge. Die letzte Bombe explodierte heute und tötete dabei achtzig Zivilist*innen, weitere schweben in Lebensgefahr. Die Gesamtzahl der zivilen Kriegsopfer im vergangenen Jahr schätzt die UN auf etwa 12.000 verteilt über alle 24 Provinzen, Tendenz steigend. Ganz Afghanistan ist nicht sicher. Das UN-Flüchtlingshilfswerk und das ebenfalls unter dem Dach der Vereinten Nationen agierende Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten weisen darauf hin, dass sich die Bedrohungslage in Afghanistan aktuell von Tag zu Tag verschärft. Auf die lebensbedrohliche Gefahrenlage in Afghanistan weist auch das Auswärtige Amt in seiner aktuellen Einschätzung vom 22.05.2017 explizit hin. Unter der Federführung des Bundesinnenministers Thomas de Maizière werden all diese Tatsachen auf Grund von Rassismus negiert. Menschenrechte werden ausgehebelt, um eine Abschreckungspolitik für alle Geflüchteten zu demonstrieren.


Alle Zeichen der Solidarität können nur kleine sein, wenn sie mit lebensbedrohenden Abschiebungen verglichen werden. Solidarität muss praktisch werden – in laut geäußertem Protest und Unterstützung von Geflüchteten. Alle Abschiebungen sind Zwangsmaßnahmen und lebensbedrohlich, sowohl, wenn Menschen in ein Kriegsgebiet geschickt werden – wie es Afghanistan aktuell ist –, als auch in gesetzlich verankert homophobe Länder oder ehemalige Kriegsgebiete. Welche Gründe auch immer Menschen zur Flucht bewegen, sie zu missachten oder zu leugnen und Menschen „zurückzuführen“ – wie die Abschiebungen verharmlosend von Seiten der Regierung genannt werden –, ist menschenverachtend und rassistisch. Denn niemand fordert von Menschen aus angesehenen Staaten ihre persönlichen Gründe dafür, ein Land zu bereisen, um ihnen dann die Einreise und den Aufenthalt zu verwehren Die Frage nach Flucht- und Reisegründen wird erst dann laut, wenn Personen aus dem Globalen Süden in den Globalen Norden reisen möchten. Fakt ist, dass Menschen mit englischem Pass z.B. nach Deutschland einreisen dürfen, Menschen mit nigerianischem Pass nicht. Das ist Ausdruck rassistischen Denkens. Abschiebungen, Grenzen und Ausweise verweigern Menschen ihr Recht auf Bewegungsfreiheit. Rassismus und Klassismus, ausgeübt von den Behörden und dem Großteil der Gesellschaft, verwehrt Menschen dort zu leben, wo sie möchten.