Unstimmigkeiten in der AfD - AfD-Chefin Petry weiter unter Meineids-Verdacht

Erstveröffentlicht: 
26.05.2017

AfD-Chefin Frauke Petry soll vor dem Wahlprüfungsausschuss des Sächsischen Landtages falsche Angaben gemacht haben. Es ging um Darlehen, die die AfD zur Finanzierungs des Landtagswahlkampf 2014 mit ihren Mitgliedern geschlossen hatte. Den schwerwiegenden Vorwurf prüft seit gut einem Jahr die Staatsanwaltschaft Dresden. Im Fall von Petrys Landes-Vorstandskollegen Carsten Hütter wurden die Ermittlungen wegen Meineides jetzt eingestellt. Interessant ist für Petrys parteiinternen Gegner Arvid Samtleben die Begründung der Behörde. Aus seiner Sicht enthält sie Hinweise, die einen Meineid Petrys nahe legen.

 

Von Arnd Groß

 

Himmelfahrtstag 2017: AfD-Politiker Arvid Samtleben veröffentlicht auf seinem Facebook-Account ein Schreiben der Staatsanwaltschaft Dresden. Darin teilt die Behörde mit, dass sie das Ermittlungsverfahren wegen Meineides gegen AfD-Vorstandsmitglied Carsten Hütter eingestellt hat. Hütter waren wie Petry widersprüchliche Aussagen vor dem Wahlprüfungsausschuss des Sächsischen Landtages vorgeworfen worden.

 

Auf drei Seiten begründet die ermittelnde Staatsanwältin ihre Entscheidung zur Verfahrenseinstellung. Das Brisante aus Sicht von Samtleben daran: Das Schreiben belege den Meineid von Frauke Petry.

 

Der AfD-Politiker veröffentlicht das Schreiben der Staatsanwaltschaft nicht ohne Grund. Dem Mann ist die Landesvorsitzende Petry ein Dorn im Auge. Er wähnt sich kurz vor dem Ziel, Frauke Petry politisch zu erledigen. 

 

Streit um Listenplatz


Die Geschichte beginnt vor der Landtagswahl 2014. Die AfD hatte in Weinböhla ihre Landesliste aufgestellt. Arvid Samtleben bekam den Listenplatz 14; säße heute im Landtag. Nach der Kandidaten-Wahl beschloss der Landesvorstand allerdings, Samtleben wieder von der Liste streichen zu lassen. Dem Parteivorstand erschien Samtleben wohl als zu unzuverlässig. Samtleben wiederum behauptete, er sei gestrichen worden, weil er ein privates Darlehen an die Partei nicht gewähren wollte. Damit sollten die Listenkandidaten den Wahlkampf der AfD unterstützen. Im Falle der Wahl des Kandidaten sah der Vertrag vor, das Darlehen automatisch in eine Spende umzuwandeln.

 

Samtleben beschwerte sich daraufhin beim Wahlprüfungsausschuss des Landtages wegen der Streichung.

 

Meineid vor dem Wahlprüfungsausschuss?

 

Bei der Befragung der AfD-Landesspitze vor dem Ausschuss im November 2015 kam es zu widersprüchlichen Aussagen. Frauke Petrys damaliger Auftritt kann gut und gerne als arrogant gesehen werden. Man könne ja gerne Neuwahlen ansetzen, da habe sie kein Problem, brüskierte Petry die Abgeordneten der anderen Fraktionen. Damals spurtete die AfD in den Umfragen von einem Hoch zum Anderen. Die anderen Parlamentarier revanchierten sich und ließen Petry unter Eid aussagen, dass ihre Angaben wahrheitsgemäß seien. Danach gingen bei der Staatsanwaltschaft Dresden Anzeigen wegen Meineids gegen Petry ein.

 

Meineid Nach § 154 Strafgesetzbuch droht dem, der vor Gericht oder vor einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle falsch schwört, eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr. In minder schweren Fällen sieht das StGB eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vor.

 

Hin und her bei der Staatsanwaltschaft

 

Was folgte, war eine Posse: Erst stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein, weil die zuständige Staatsanwältin der Meinung war, ein Landtags-Ausschuss könne keine Eide abnehmen. Diese Begründung akzeptierte die übergeordnete Generalstaatsanwaltschaft aber nicht und wies weitere Prüfungen an. Die Ermittlungen zogen sich hin. Zeugen wurden befragt.

 

AfD-Vorstandsmitglied Carsten Hütter konnte die Staatsanwaltschaft keinen Meineid beweisen. Das Verfahren wurde Mitte Mai eingestellt. Gegen Petry liefen die Ermittlungen weiter, teilte die Staatsanwaltschaft Dresden auf Anfrage von MDR SACHSEN mit. 

 

Samtleben interpretiert Schreiben als Beweis


Hat Petry nun vor dem Wahlprüfungsausschuss gelogen oder nicht? Samtleben sagt, ja. Die Anhaltspunkte aus dem Schreiben der Staatsanwaltschaft untermauern seiner Ansicht nach diese These. Vor dem Wahlprüfungsauschuss hatte Petry ausgesagt, sie selbst habe keinen Darlehensvertrag unterschrieben. Stattdessen habe ihr damaliger Ehemann an den Landesverband gespendet. Aus dem von Samtleben auf Facebook verbreiteten Schreiben der Staatsanwaltschaft Dresden geht nun aber hervor, dass es möglicherweise doch einen von Petry als Darlehensgeberin unterschriebenen Vertrag gegeben hat. Das könnte als Falschaussage gewertet werden.

 

Könnte - denn wenn das Geld wie von Petry beschrieben als Spende an die Partei ging, könnte die Staatsanwaltschaft das mit in ihre Überlegungen einbeziehen und darin doch keinen Meineid sehen. Oberstaatsanwalt Lorenz Haase betonte auf Nachfrage von MDR SACHSEN, dass noch kein Ergebnis im Verfahren gegen Frauke Petry vorliege. Das gehe aus den Schilderungen in der Einstellungsverfügung im Fall Hütter nicht hervor.

 

Der AfD Landesverband wollte die Dokumente Anfrage von MDR SACHSEN zunächst nicht kommentieren. Frauke Petry kündigte schriftlich an: "Ich werde mich persönlich zum Verfahren äußern, sobald mir ein neuer Sachstand vorliegt."

 

Für eine Anklage müsste die Immunität der Landtagsabgeordneten Petry aufgehoben werden. Der Landtag könnte sich - nach derzeitigem Stand - erst Ende August 2017 damit befassen.

 

Die Petry-Gegner aber rüsten inzwischen weiter auf. Sie wollen eine Ablösung der Landesspitze erreichen und einen neuen Parteitag. Am 2. Juni wird der Wahlprüfungsausschuss des Landtages zusammentreten und darüber entscheiden, ob den Wahleinsprüchen stattgegeben wird und ob der Landtag möglicherweise neu gewählt werden muss.