Große Anfrage an Landesregierung - Zehn Wochen Zeit für 630 AfD-Fragen

Erstveröffentlicht: 
25.11.2016

Nach dem Zweiten Weltkrieg haben die Alliierten nach dem Vorbild der BBC in Großbritannien in Deutschland den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aufgebaut. Die AfD stellt dieses Modell nun infrage. Und zwar im wörtlichen Sinne. Sie hat eine Große Anfrage an die Staatsregierung gerichtet. Das Thema ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk.

 

Von Ine Dippmann, Landeskorrespondentin Sachsen MDR AKTUELL

 

38 Seiten voller Fragen hat die AfD-Fraktion in Sachsen in Form einer Großen Anfrage an die Staatsregierung gestellt. Die Themen reichen von verfassungsrechtlichen Grundlagen des öffentlich rechtlichen Rundfunks bis zur Medienkompetenz. Die meisten Fragen, 62, hat die AfD zum Rundfunkbeitrag. Ob der Beitragsservice eine Behörde sei, wird gefragt, und auch wie die Einnahmen aus den Rundfunkgebühren seit dem Jahr 2000 verwendet würden. 

 

AfD: Den Ist-Zustand genau erfassen


Einen zweiten Schwerpunkt bilden 61 Fragen zu Personal und Mitarbeitern. So will die AfD zum einen wissen, nach welchen Kriterien der beruflichen Qualifikation Mitarbeiter ausgewählt würden. Zum anderen fragt sie, aus welchem Grund die journalistische Ausbildung durch den MDR von 18 auf 24 Monate verlängert worden sei und welche Zusatzkosten dadurch entstanden seien.

 

Uwe Wurlitzer, Generalsekretär der AfD in Sachsen, sagt, man wolle den Ist-Zustand des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Sendegebiet des MDR genau feststellen, um dann gegebenenfalls Änderungen vorzunehmen. Es gehe definitiv um eine Reduzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und da sei die AfD auch nicht alleine. Es gebe ja gerade das neue Programm der CSU, sie wolle ja auch ARD und ZDF zusammenlegen. Das sei für die AfD ein bisschen zu pauschal. Und deshalb wolle seine Partei dort gründlich arbeiten und so viel wie möglich wissen, um dann eine Reform vernünftig vorzuschlagen. 

 

Regierung: Viele Fragen betreffen Basiswissen


Die Fragen liegen nun bei Fritz Jaeckel. Als Chef der Staatskanzlei ist er auch zuständig für Medien. 630 Fragen zu beantworten sei eine große Herausforderung, sagt Jaeckel. Ihm sei bei der Durchsicht  der Fragen aufgefallen, dass vieles erfragt werde, was an sich Basiswissen sei. Was man aus Geschäftsberichten oder einer guten Recherche im Internet auch selbst herausfinden könne. Auftrag der Staatsregierung sei es, Anfragen umfassend zu beantworten. Und das werde die Regierung in dem Fall natürlich auch tun.

 

#AfDfragen Die Große Anfrage der AfD wird im Internet seit Tagen heiß diskutiert. Unter #AfDfragen denken sich die Leute eigene, zum Teil aberwitzige Fragen aus. Hier einige Beispiele:

"Stimmt es, dass im Radio 'Last Christmas' gespielt wird, weil wir ab nächstes Jahr islamische Feiertage haben? #AfDfragen"

"Warum müssen deutsche Kinder mit arabischen Zahlen rechnen lernen? #afdfragen"

"Wer hat 'Türkisch für Anfänger' in der ARD platziert? #afdfragen"

"Was hilft am besten gegen Hakenkreuzschmerzen? #afdfragen"

Linke: "Im Landtag glänzt AfD durch Schweigen"

Kritische Nachfragen – auch zum MDR – seien berechtigt, sagt Falk Neubert, medienpolitischer Sprecher der Linke-Fraktion und Mitglied des MDR Rundfunkrats. Viele Fragen hätte die AfD dem MDR aber auch direkt stellen können. Er vermisse aber "ganz klar das Agieren der AfD-Vertreter im MDR-Rundfunkrat und der AfD-Kollegen im Ausschuss des sächsischen Landtags, wo wir hin und wieder auch die Intendanten des ZDF, des MDR und der ARD da haben und wo die AfD bisher durch Schweigen glänzt."

Neuberts Kollege im Rundfunkrat Heiko Hilker geht mit seiner Kritik noch weiter: "Mir scheint es, die AfD will die Regierung und das Parlament beschäftigen, hofft, dass sie nicht auf alle Fragen Antworten bekommt. Allerdings geht es hier nicht um eine Reform des öffentlich rechtlichen Rundfunks - sondern sie sagt ganz klar, sie will den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kündigen." 

 

Antrag zur Kündigung des Rundfunkstaatsvertrags


Den Antrag dazu hat die AfD zumindest in Mecklenburg-Vorpommern schon gestellt. Und auch für Sachsen bestätigt Generalsekretär Wurlitzer, dazu werde es Ende des Jahres im nächsten Plenum einen Antrag zur Kündigung der Rundfunkstaatsverträge geben. Es sei geplant, dass die AfD das in allen Landtagen einbringe.

 

Dass die AfD in Sachsen dafür eine Mehrheit im Landtag gewinnt, ist nicht abzusehen. Falk Neubert, der medienpolitische Sprecher der LINKEN sagt, mit einer Kündigung dieser Verträge mache die AfD den MDR kaputt. Das Ziel sei, dass der MDR vom Sender gehe. Und das sei für die Linke überhaupt nicht nachvollziehbar.

 

Die Große Anfrage muss binnen zehn Wochen schriftlich beantwortet werden. Der Chef der Sächsischen Staatskanzlei Jaeckel sagt, die Regierung werde den MDR bitten, ihr zuzuarbeiten, zu Dingen, die den internen Bereich beträfen. Jedoch gebe es Grenzen, der MDR müsse Betriebsgeheimnisse oder Geschäftsgeheimnisse nicht offenlegen. Aber die Regierung werde den MDR bitten, genauso wie es sich im parlamentarischen Fragerecht gehört, umfassend und vollständig zu antworten.

 

Frage 627 ist damit vielleicht schon zum Teil beantwortet. Sie lautet: "Wie und durch welche Aktivitäten werden öffentliche und private Medienunternehmen in die Förderung der Medienkompetenz eingebunden?"