R2G: Illusionen werden wieder Konjunktur haben

Rot-Rot-Grün an der Macht“ verlangt eine taktische Neuausrichtung revolutionär-antikapitalistischer Politik

 

Dass es ist in Berlin demnächst eine „rot-rot-grüne“(R2G) Regierung geben wird, ist offensichtlich ausgemachte Sache. Selbst im Bund wird für 2017 dieses Projekt als Möglichkeit ins Auge gefasst, wie im Oktober 2016 ein Treffen von rund 100 Bundestagsabgeordneten dieser drei Parteien aufwies. Der „Alt-68er“ und „Sozialphilosoph“ Oskar Negt hielt zum Auftakt des Treffens ein Referat, worin er die Anwesenden aufforderte, ein Gegengewicht zu den "halbfaschistischen" Bewegungen zu bilden, die sich gegenwärtig in Europa breit machen. Aus Krisenszenarien sollen durch R2G „Handlungsfelder“ werden, lautete seine Botschaft. In diesem Sinne wird R2G als eine Antwort im Sinne der „sozialen Gerechtigkeit“ auf die bisherige „neoliberale“ Regierungspolitik gelabelt und vor Ort sind die Berliner R2G-Koalitionäre ordentlich dabei, diesen Eindruck zu pushen: von „Fair Trade Town“, „sozialer Stadt“ und Stärkung der Inklusion“ ist derzeit allweil die Rede.

 

Das ruft bekanntlich Stadtakteure auf den Plan, die darin eine Chance wittern, für ihre halbtoten sozialpartnerschaftlichen Politikberatungskonzepte à la Mietenvolksentscheid neue Community Organizing Projekte anzuschieben – siehe dazu: „Neues Regieren“ braucht ein gutes Hearing! und Aktivisten mischen sich in Koalitionsgespräche ein“

 

Kurzum: Durch R2G werden soziale Reformillusionen leider wieder Konjunktur haben.

 

Am 2.3.2016 gab die Neue antikapitalistische Organisation (NaO) - ein Zusammenschluss von Gruppen aus dem trotzkistischen und postautonomen Spektrum, sowie etlicher Einzelpersonen – ihre Auflösung bekannt. Trotz einer Reihe sympathischer Überlegungen zu den heutigen Grundlinien einer revolutionär-antikapitalistischen Politik trat die NaO nur als ein voluntaristisches Projekt in Erscheinung, das über Agitation und Propaganda im linksradikalen Spektrum nicht hinauskam und schließlich an inneren Meinungsverschiedenheiten zerbrach.

 

Indem R2G als Regierungsprojekt nicht nur in Berlin sondern auch im Hinblick auf die Bundestagswahlen 2017 Gestalt annimmt, entsteht der objektive Zwang für die revolutionäre Linke, sich mit „reformistischer“ Regierungspolitik auseinanderzusetzen, will sie nicht als deren Wurmfortsatz veröden.

 

Angesichts dessen erhält die Frage, die mit dem NaO-Projekt aufgeworfen wurde, nämlich das Zirkelwesen jenseits der Linkspartei zugunsten eines wirkmächtigen Zusammenschluss auf revolutionär-antikapitalistischer Grundlage zu überwinden, wieder Gewicht und Brisanz. Dafür lohnt es sich aus dem Scheitern des NaO-Projekts zu lernen. Denn schließlich ist der „Misserfolg die Mutter des Erfolgs“ (chinesisches Sprichwort).

 

Neue antikapitalistische Organisation – Musste das wirklich sein?!

Es diskutieren Michael Prütz und Detlef Georgia Schulze

Dienstag, den 8. November 2016 um 19.00 Uhr

K9 – Veranstaltungsetage, Kinzigstr. 9, 10245 Berlin (Quergebäude)
Weitere Infos: http://www.trend.infopartisan.net/trd1016/t501016.html

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find ich gut dass der nao-prozess gescheitert ist - nicht weil ich es den gruppen nicht gönnen würde- sondern diese zunehmende zentralisierung die radikale linke in berlin passiv und lahm macht (mal abgesehen davon dass sich strukturen tradieren die anfällig für externe steuerung sind). anlassbezogene bündnisse gehen doch auch.

10 engel frontal - Kopie

 

Hey,

die Kommunikationsguerilla-Gangs dieser Stadt haben sich dem Thema gleich nach der Wahl angenommen. Da gabs ne Adbusting-Aktion am Abgeordnetenhaus:

 

http://maqui.blogsport.eu/2016/09/24/b-adbusting-am-abgeordnetenhaus-auch-in-der-demokratie-ist-alles-doof/

 

Und das ist der text, auf den die Chaot*innen mit ihrem Link verweisen:

 

http://maqui.blogsport.eu/2016/07/13/auch-in-der-demokratie-ist-alles-doof/

Und vor den Büros der Landesverbände von CDU und SPD gabs auch Adbustings zum Thema:

 

http://maqui.blogsport.eu/2016/09/12/b-adbusting-protest-bei-cdu-und-spd/