AfD Baden-Württemberg - Interne AfD-Gruppe auf Facebook - die NPD ist da fast schon harmlos

Erstveröffentlicht: 
14.10.2016

In der AfD-Hochburg Pforzheim diskutieren Mitglieder mit teils abstoßenden Profilen. Man liest von Ariern und von Adolf Hitler in Israel. Zwei Leiter der Facebook-Gruppe sind Vize-Chefs der Landtagsfraktion.

 

Die Fraktion der AfD im Landtag von Baden-Württemberg ist seit dieser Woche wieder vereint. Zu den vier Stellvertretern des Fraktionsvorsitzenden Jörg Meuthen zählen zwei Männer aus dem Raum Pforzheim: Bernd Grimmer, 66, ist Volkswirt, Bernd Gögel, 61, Speditionsunternehmer. Die beiden Vizechefs der Landtagsfraktion stehen auch gemeinsam an der Spitze des AfD-Kreisverbandes Pforzheim/Enzkreis. In Pforzheim holte die Partei bei der Landtagswahl im März besonders viele Stimmen. Die 120.000-Einwohner-Stadt zwischen Stuttgart und Karlsruhe gilt seither als Hochburg der AfD.

 

Es gibt keine Partei in Deutschland, in der Diskussion und politische Willensbildung stärker auf Facebook ablaufen als bei der AfD. Der stern schaute sich die Facebook-Heimat der beiden Landtagsfraktionsvizes Grimmer und Gögel an. Sie heißt "AfD KV Pforzheim/Enzkreis Intern" und hat gut 40 Mitglieder - eine eher kleine geschlossene Community politischer Weggefährten. Grimmer und Gögel zählen zu den Administratoren. Administratoren managen und moderieren, sie leiten die Gruppe. Sie entscheiden auch, wer beitritt.

 

"Intern" heißt, dass die Kommunikation nicht für alle zu sehen ist. Schaut man aber auf die Mitglieder dieser internen AfD-Gruppe und danach auf deren öffentlichen Facebook-Accounts, so bekommt man bereits einen recht deutlichen Eindruck davon, was für Leute zum internen Zirkel zählen. 

 

AfD-Mann Andreas A. hätte gerne Berlin "befreit"


Da ist zum Beispiel der AfD-Mann Andreas N. Er kommentiert den Satz: "Ich glaube, wenn das Waffen-Gesetz so locker wie in den USA, wäre dann hätten wir bald Berlin befreit" mit den Worten: "Jepp, so ist es!!!!!!" Auch Andreas W. ist in der internen Facebook-Gruppe der AfD Pforzheim-Enzkreis vertreten. Er verbreitet nicht nur die erste Strophe des Lieds der Deutschen weiter ("Von der Maas bis an die Memel"), die zur Zeit des Nationalsozialismus gesungen wurde, sondern auch NPD-Propaganda gegen Flüchtlinge.

 

Das Gruppenmitglied Anton A. ist auf Facebook nicht mit vielen Menschen befreundet, allerdings mit zwei bekannten NPD-Politikern. Ralf S. teilt auf seinem Account eine Dokumentation, in welcher der Massenmord an den Juden durch die Nationalsozialisten geleugnet wird.

 

Ähnlich unzweideutig verhält sich das Gruppenmitglied Tobias K. Es verbreitet auf Facebook das Video eines Neonazi-Rappers, in dem es unter anderem heißt: "Europa erwache / Deine Kinder warten / die weiße, arische Rasse". Der AfD-Mann Martin H. wiederum teilt ein Comic, das den Titel "Adolf Hitler bringt Multi-Kulti nach Israel" hat. Der Inhalt: Hitler gelangt durch die Grenzöffnung nach Israel und rottet im Namen der Vielfalt die Juden aus. 

 

Landtagsfraktionsvize Gögel: "Bin nicht verantwortlich"


Fragt man die beiden AfD-Fraktionsvizes im Landtag Baden-Württembergs zur internen Facebook-Gruppe ihres Kreisverbandes, so geben sie die Verantwortung weiter. "Ich bin dafür nicht verantwortlich", sagte Bernd Gögel dem stern. Entgegnet man, er fungiere doch als Kreisvorsitzender und auch als Administrator, sagt er, er kümmere sich "schon seit zwei Jahren nicht mehr" um die interne Gruppe. In Wirklichkeit fügte er im vergangenen Jahr höchstselbst elf Gruppenmitglieder hinzu. So ist es auf der Facebook-Seite vermerkt.

 

Sein Kollege Bernd Grimmer äußerte sich ähnlich wie Gögel. "Ich kann nicht jeden Einzelnen überprüfen", sagte der Administrator und Fraktionsvize im Landtag. Er verwies auf einen Parteifreund, doch der sagte dem stern dann, er kümmere sich ebenfalls nicht, nannte wiederum ein anderes AfD-Mitglied als Verantwortlichen, das aber nicht zu erreichen war. 

 

"Nur er gibt mir Kraft zu kämpfen", schreibt Gögels Facebook-Freundin über Hitler


Seit Längerem schon versuchen Neonazis, in der AfD Fuß zu fassen. Manche fallen beim Eintritt in die Partei auf, dann wird ihnen die Aufnahme verweigert. Andere schaffen es hinein. Wenn sie ihre Gesinnung in den Gruppen durch Meinungsäußerungen verbreiten, würden sie gesperrt, sagt der Landtagsfraktionsvize Bernd Grimmer. Mit ihren Facebook-Accounts selbst scheitern sie bisher offenbar nicht.

 

Die rechtsradikale Ideologie verankert sich via Facebook auch auf den Privatseiten der Funktionäre. AfD-Landtagsfraktionsvize Bernd Gögel ist auf Facebook nicht nur in der internen Gruppe aktiv. Auf seiner eigenen Seite finden sich "Freunde", die den Blick ebenfalls sehr weit nach Rechts richten. Gögels Facebook-Freundin Gloria W. etwa postet ein Video mit dem Namen "Adolf Hitler, der Mann, der gegen das System kämpfte". Darin werden Hitler-Reden abgespielt und dem Zuschauer Politiker aus der ganzen Welt gezeigt, die aber mit Judensternen versehen sind. Gloria W. schreibt zu dem Hitlerreden-Video: "Nur er gibt mir die Kraft zu kämpfen".

 

Gloria W. teilt auch die Hymne der Waffen-SS. Damit steht sie ideologisch in guter Gesellschaft zu einem Gögel-Freund namens Hans M., der auf Facebook Merkel-Fotos verbreitet, die mit einem gelben Stern und der Aufschrift "Jude" versehen sind. Der Facebook-Freund Frank H. wiederum kommentiert einen Artikel, in dem vom baldigen politischen Tod Merkels zu lesen ist, mit den Worten: "Hoffentlich bleibt es nicht nur beim politischen Tod." 

 

"Wenn ich solche Freunde auf Facebook hätte, müsste ich schauen", sagte der Vize der AfD-Landtagsfraktion dem stern


"Auschwitz - Warum Die Gaskammern Ein Mythos Sind" heißt das Video, dass Gögels Facebookfreund Harald M. teilt, um sich der Argumentation in einem längeren Text anzuschließen.

 

Der Landtagsabgeordnete Bernd Gögel sagte dem stern mit Blick auf seine persönliche Facebook-Seite, Freunde habe man ohnehin nur im realen Leben. "Wenn ich solche Freunde auf Facebook hätte, müsste ich schauen." Sollte er das tun, wird er auf seiner Seite auch auf Hans G. stoßen. Der schlägt kurzerhand vor: "warum zünden wir nicht neger an".