„Schlag gegen die Demokratie“ in Brasilien? - Standpunkt eines Anarchisten

Anarchie

Zur Situation in Brasilien. Werden die selbsternannten Linken Regierungen Lateinamerikas kritisiert, so reagieren viele aus Reflex mit dem Argument des „kleineren Übels“, d.h. mit einem Argument, dass eine gegebene bürgerliche, „linke“ Regierung, nicht so schlimm sei wie z. B. eine konservative, neoliberale Regierung. Das beide Formen der Politik sich komplementieren und zusammenarbeiten scheinen viele außer Acht zulassen.

Der Dualismus zwischen Links und Rechts, innerhalb der parlamentarischen Demokratie, existiert mehrheitlich nur noch in den Köpfen einiger sturen dogmatischen Linken. Die verschiedenen sozialen Kämpfe in Brasilien, vor allem ab 2013, haben in der Praxis gezeigt was für eine Rolle die PT im Klassenkampf spielt: Sie ist die Friedensstifterin und Komplizin der Herrschenden.

Weitere Informationen über die PT und ihre Politik findet man z. B. in diesem Artikel: http://www.untergrund-blättle.ch/politik/ausland/brasilien_zwischen_korruption_und_machtkaempfen_3487.html



Der vorliegende Text stammt aus Brasilien:



„Schlag gegen die Demokratie“ in Brasilien? - Standpunkt eines Anarchisten

 

Setzt man einen Militärputsch mit der Amtsenthebung eines Präsidenten gleich und bezeichnet beide als „Angriff gegen die Demokratie“, wirft man zwei unterschiedliche Prozesse in denselben Topf: Ersterer ist ein Gewaltstreich, während das Amtsenthebungsverfahren gegen Dilma Rousseff strikt innerhalb der kapitalistischen, bürgerlichen Gesetze stattfindet. Die Gleichsetzung dieser zwei Prozesse führt zur Verbreitung der These der institutionellen Linken, dass in Brasilien eine echte Demokratie sowie auch „demokratische“ Parteien existieren. Diese Ansicht wurde durch die institutionelle Linke offensiv verbreitet und hat viele AnarchistInnen, sowohl innerhalb wie auch außerhalb Brasiliens, verwirrt. Doch viele anarchistische, autonome und antikapitalistische Kollektive Brasiliens sind anderer Meinung.

Ich will nur ein paar wenige Beispiele aufzählen, die meistens von der institutionellen Linke nicht beachtet werden: Es gibt z. B. Informatik Professoren in Brasilien, die dem elektronischen Wahlsystem Brasiliens nicht vertrauen, zudem hat die PT (Partido dos Trabalhadores, also die Partei Rousseffs) mit mehreren Gruppen und Politiker zusammengearbeitet, die die Diktatur in Brasilien unterstützten. Auch gleicht die Wirtschafts- und Sozialpolitik der PT der Politik der Militärdiktatur und der vorhergehenden neoliberalen Regierungen, denn es handelt sich um eine Politik die den kapitalistischen Markt über alles stellt und versucht die Konsumkraft der ärmeren Bevölkerungsschichten anzukurbeln, in dem sie letztere als Schuldner an die Banken bindet. Außerdem hat die PT konsequent Streiks, Demonstrationen und Aufstände von ArbeiterInnen,indigenen Völkern und BäuerInnen unterdrückt, die PT hat arme Viertel militärisch besetzen lassen und die Bevölkerung der willkürlichen Gewalt des Militärs ausgesetzt. Die PT hat auch die Repression gegen anarchistische, autonome und antikapitalistische Strukturen vorangetrieben und befürwortet.

Demzufolge ist die These der „echten Demokratie“ und der „demokratischen Parteien“ nur eine Maskerade um die wahren Zustände zu verschleiern, denn in Brasilien herrscht ein autoritäres und volksfeindliches System. Die PT ist selbst ein wichtiger Bestandteil dieses Systems.



Zur momentanen Lage in Brasilien:

Angesichts der kämpferischen Massenmobilisierungen im Juni 2013, konnte die PT die Rolle als Friedensstifterin und Vermittlerin im Klassenkampf zugunsten der Herrschenden, nicht aufrechterhalten. Dadurch verlor die PT ihren Stellenwert für die herrschenden Klassen, letztere entschlossen sich die PT zu ersetzen und einen Diskurs über die „echte Demokratie zu lancieren“ (vergessen wir nicht das Ende letztes Jahres die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in Dilma Rousseff zunehmend verschwanden)

Aus diesem Grund, verschweigt die These des „Staatsstreichs“, die zugleich impliziert, dass es eine Demokratie und demokratische Parteien in Brasilien gibt, die Tatsache, dass sowohl während der Militärdiktatur wie auch unter z. B. Cardoso, Lula oder Rousseff dieselben Wirtschaftsgruppen weiterhin die Entscheidungen und Richtlinien der Entwicklung der brasilianischen Gesellschaft bestimmt haben.

Leider haben in Europa und Brasilien viele Linke und auch AnarchistInnen Position für die PT bezogen und an der These des „Schlags gegen die Demokratie“ festgehalten. Meines Erachtens sollten AnarchistInnen den Schwindel der PT und ihr bürgerlichen Charakter bekannt machen und aufzeigen, dass die sozialen Kämpfe auf autonomer und antikapitalistischer Basis gekämpft werden müssen.

Die PT, als Repräsentantin der Interessen der Macht, verfügt über genügend finanzielle Mittel um ihre Halbwahrheiten zu verbreiten. Dadurch wundert es niemand, dass sich die These des „Schlags gegen die Demokratie“ schnell verbreitet hat.

Währenddessen geht der Kampf gegen die Illusionen und Verteidiger des kapitalistischen Systems weiter, nicht nur in Brasilien sondern weltweit.



Der Kampf geht weiter!

Salud y anarquia!



V.C.O