[L] Das Imperium schlägt zurück: Rechte Freefighter lassen im Kohlrabizirkus die Fäuste sprechen

Erstveröffentlicht: 
03.08.2016

Erneut soll Ende August die »Imperium Fight Championship« in Leipzig stattfinden. Schon in den vergangenen Jahren gab es Kontroversen um den Event, der maßgeblich von Angehörigen der rechten Szene getragen wird. Eine Kampagne will diese Verbindungen nun aufdecken.

 

Mit nackten, eingeölten Oberkörpern posieren vier Männer vor rauer Steinkulisse unter dem Logo des »Imperium Fighting Championship«. Um ihrem martialisch-männlichen Auftreten den letzten Schliff zu verpassen, tragen sie Gladiatorenkostüme: Speere und Helme, ganz im Sinne römischer Kampfkultur. Mit diesem Plakat werben Timo F., Christopher H., Marcel B. und Marcus K. für die fünfte vom »Imperium Fight Team« organisierte Boxnacht, die Ende August im Leipziger Kohlrabizirkus stattfinden soll.

 

Sportlich gesehen treten die Kontrahenten im so genannten Free Fight oder Mixed Martial Arts (gemischte Kampfkünste) gegeneinander in Vollkontaktmatchs gegeneinander an, bei denen Schlag-, Tritt- und Ringtechniken erlaubt sind. Doch die Veranstaltung ist kein unstrittiges Boxevent, das »Imperium Fight Team« kein harmloser Sportverein. »Deren Trainer und Kämpfer Benjamin Brinsa ist ein einschlägig bekannter Neonazi und Hooligan«, sagt Laura Ende, die Pressesprecherin der neu gegründeten antifaschistischen Kampagne »Rechte Netzwerke zerschlagen«. Diese will anlässlich der Kampfsortveranstaltung einen Schwerpunkt auf die Analyse und Kritik rechter Netzwerke legen und nach eigenen Worten die »Zusammenhänge zwischen Neonazi-Organisationen, rassistischen Bewegungen, Rotlicht-Milieu, Security-Firmen, der Rockerszene, der Hooligan-Szene, der Kampfsportszene und anderen Milieus beleuchten«.

 

Denn die Verbindungen zur rechten Szene seien vielfältig. Es gibt mehrere Augenzeugen, die eigenen Angaben zufolge die auf dem Plakat posierenden Männer Timo F., Christopher H. und Marcus K. am 11. Januar bei dem Neonazi-Angriff auf Connewitz gesehen haben. Auch Benjamin Brinsa sei in dieser Nacht, die explizit als Angriff auf die linke Szene inszeniert wurde, in Connewitz unterwegs gewesen sein, um Kameraden mit seinem Auto vom Ort wegzubringen, sagen sie. Brinsa weist das vehement zurück. Gegen entsprechende Berichte in mehreren Online-Medien ging er juristisch vor.

 

Beobachter rechnen ihn seit rund zehn Jahren zur Neonaziszene. Er war Mitglied der vom Verfassungsschutz beobachteten rechten Ultragruppe »Scenario Lok«, die sich im Oktober 2014 selbst auflöste. Auf Fotos sieht man an als Teilnehmer an Legida-Demonstrationen. Bis 2006 wurde er auch bei Neonazi-Versammlungen gesehen. Unter dem Kampfnamen »Hooligan« trat er mit dem »Imperium Fight Team« wiederholt auch gegen russische Neonazis an.

 

Diese Informationen sind nicht neu. Schon vergangenes Jahr wurden die einschlägigen Verbindungen zur rechten Szene öffentlich gemacht. Die Universität Leipzig, in deren Ernst-Grube-Halle eine der Championships 2015 stattfinden sollte, zog sich daraufhin aus den Vertragsvereinbarungen zurück. Eine solche Veranstaltung widerspreche dem weltoffenen Leitbild der Universität, begründete Rektorin Beate Schücking damals. Der Großevent wurde daraufhin in den Eventpalast auf die Alte Messe verlegt.

 

Nun sollen die modernen Gladiatorenspiele zum ersten Mal im Kohlrabizirkus stattfinden. Pikant: Im gleichen Gebäudekomplex sind beziehungsweise waren ein sich als progressiv verstehender Club und das vor wenigen Monaten abgebrannte »8 Weapons Gym« eingemietet. Denn das besonders auch von Linksalternativen besuchte Kampfsportstudio zwei Nächte vor dem Neonazi-Angriff auf Connewitz Opfer eines Brandanschlages; ohne erkennbare Einbruchsspuren. Auch wenn sich keine direkte Verbindung zu dieser Tat und den rechten Angriffen nachweisen lässt, so scheint die Vermutung jedoch nicht gänzlich absurd.

 

Der Kohlrabizirkus als Ort für die »Imperium Fighting Championship« wird von Antifaschisten als klare Provokation empfunden. Die Initiatoren der Kampagne wollen verhindern, »dass Neonazis ein Großevent nur wenige hundert Meter vom Ort der Angriffe im Januar entfernt durchführen«, so Laura Ende. Katja Renner, die Verantwortliche des Veranstaltungsortes, zeigt sich hingegen überrascht. Sie wisse nichts von Verbindungen zur rechten Szene, ihre Kontakte seien immer seriös gewesen. Man wolle die Informationen der »Rechte Netzwerke zerschlagen«-Kampagne nun prüfen. Eine klare Stellungnahme gibt es bisher nicht. Und auch diverse Sponsoren wie die Löwen Security oder die Biermarke Holsten Pilsener scheinen von der Kontroverse um ihre Vertragspartner wenig zu wissen. »Dass es Probleme mit den Veranstaltern gab, ist mir nicht bekannt, ich sehe dabei den sportlichen Charakter«, so der Sprecher von Löwen Security und fügt hinzu, diese Vorwürfe seien ihm »zu viel«. Er wolle sie aber ernst nehmen und sich Konsequenzen überlegen.

 

Auch der Pressesprecher von Carlsberg, dem Mutterunternehmen von Holsten, versichert, das Logo der Biermarke sei ohne das Wissen des Unternehmens verwendet worden und vermutlich auf einen Caterer zurückzuführen. Man werde der Sache nachgehen, denn man distanziere sich »von jeglichem rechten Gedankengut«.

 

Die erneute Thematisierung der Verbindungen zur rechten Szene war ein erster Schritt der »Rechte Netzwerke zerschlagen«-Kampagne, weitere sollen folgen. Eine Demonstration zum Ort des Geschehens Ende August soll den Höhepunkt dessen bilden. Ob die Kontroverse auch in diesem Jahr dazu führt, dass der rechte Event auf eine andere Location ausweichen muss, wird sich zeigen.

 

 

Link zur Kampagne: https://netzwerke.noblogs.org

 

SARAH ULRICH