Suche nach Beweisen - Krawalle in Leipzig: Fast alle Ermittlungsverfahren dauern noch an

Erstveröffentlicht: 
17.05.2016

Kommen die Ermittler den Steinewerfern der vergangenen Monate niemals auf die Spur? Im Zusammenhang mit den Krawallen vor dem Amtsgericht am 15. Januar 2015 waren, wie berichtet, bereits fast alle der 198 Ermittlungsverfahren mangels Beweisen eingestellt worden. Nun fragen sich viele LVZ-Leser, ob dies auch bei der juristischen Aufarbeitung der anderen Krawalle zu befürchten ist. Wie ist der aktuelle Stand?

 

Nachdem am 5. Juni 2015 etwa hundert Autonome randalierend durch Leipzig gezogen waren, zwei Polizisten verletzt sowie unter anderem das Bundesverwaltungsgericht und das US-Generalkonsulat angegriffen hatten, war eigens eine Soko Johannapark gebildet worden – in der Grünanlage hatten sich die Randalierer zuvor versammelt. Innenminister Markus Ulbig (CDU) sagte damals, man wolle „die Täter aus der Anonymität holen“. Immerhin: Die Polizei sicherte umfangreich Spuren, etwa DNA-Anhaftungen und Fingerabdrücke. Zudem konnte ein Verdächtiger (35) gefasst werden, der seit Längerem als Angehöriger der linksextremistischen Szene bekannt ist. Und es wurde ein Zeugenaufruf veröffentlicht. Knapp ein Jahr später dauern die Ermittlungen dazu noch an.

 

69 Polizeibeamte waren bei den Straßenschlachten von bis zu 1000 Linksautonomen am 12. Dezember 2015 in der Südvorstadt verletzt worden, der Sachschaden wird auf rund eine halbe Million Euro geschätzt. Bis heute sei jedoch keines der eingeleiteten Ermittlungsverfahren abgeschlossen worden, teilte Oberstaatsanwalt Ricardo Schulz gegenüber der LVZ mit. Es gebe Zeugenhinweise und zahlreiche Lichtbilder. Noch immer gingen Anzeigen ein, die vorliegenden Sachverhalten zugeordnet werden müssten. Trotz des enormen Umfangs der Ermittlungen seien die Behörden bestrebt, die Ermittlungen zügig durchzuführen und Sachverhalte, die nach Auffassung der Staatsanwaltschaft gegenüber den Tatverdächtigen mit den notwendigen Beweismitteln untersetzt werden können, sukzessive und zeitnah zur Anklage zu bringen.

 

Vergleichsweise komfortabel sollten die Ermittlungsansätze nach dem Angriff rechtsradikaler Hooligans auf den linksalternativen Stadtteil Connewitz am 11. Januar 2016 sein. Schließlich hatte die Polizei das Gros der Tatverdächtigen noch am Tatabend vor Ort festgenommen. Nach Angaben des sächsischen Innenministeriums wird gegen 215 Tatverdächtige aus Sachsen und anderen Bundesländern wegen des Verdachts des schweren Landfriedensbruchs ermittelt. Die Personalien aller mutmaßlichen Randalierer sind bekannt. Zu 77 Personen aus Sachsen liegen dem Verfassungsschutz bereits Erkenntnisse vor: 17 von ihnen entstammen demnach der Neonazi-Szene, 48 kommen aus der rechtsextremen Subkultur, zwölf sind Mitglieder rechtsextremistischer Parteien. Allerdings: Obwohl die Hooligans zweifelsohne zur Tatzeit vor Ort waren, müssen ihnen die Ermittler eine konkrete Tatbeteiligung nachweisen. „Deshalb gestaltet sich das Verfahren auch hier sehr umfangreich“, hieß es aus Behördenkreisen.

 

Von Frank Döring