Ramelow vs. Antifa - Ein "Feldzug" unter dem "Schutzschirm Antifaschismus"

Erstveröffentlicht: 
04.05.2016

"Go straight to hell" – sinngemäß: "Fahrt zur Hölle". So bewerben antifaschistische Gruppen ihre Demonstration an Himmelfahrt in Bornhagen, dem Wohnort des Thüringer AfD-Politikers Björn Höcke. Die Demo richtet sich gegen AfD-Wähler und deren Politikverständnis. Der Ministerpräsident Bodo Ramelow hat diese Art des Protests als Nazi-Methoden bezeichnet – zur Empörung der Antifa.

von Stefanie Gerressen, Landeskorrespondentin Thüringen für MDR AKTUELL

 

"Ekelhafte Geschichtsverzerrung", "Verständnis für noch so schlimmes Unrecht" – so lauten die Vorwürfe gegen Bodo Ramelow in diversen Facebook-Gruppen. Antifaschisten fühlen sich angegriffen, denn der Thüringer Ministerpräsident lehnt die angekündigte Demonstration in Bornhagen ab. Die Antifa steht seiner Partei eigentlich sehr nahe und gilt als typisch linke Szene. Doch der Ministerpräsident Thüringen zieht eine Grenze: "Die, die aufrufen für Bornhagen, nennen sich selbst Antideutsche. Ich weiß nicht, was an Antideutschen antifaschistisch sein soll – außer, dass sie sich den Schutzschirm Antifaschismus überziehen um gegen alle anderen zu Felde zu ziehen." 

 

"Linksextremisten durch und durch"


Aufgerufen haben neben der antideutschen Aktion Berlin auch antifaschistische Gruppen aus Göttingen, Südthüringen, dem Eichsfeld und Weimar. Der Extremismusforscher Eckhard Jesse aus Chemnitz ordnet die Anmelder ein: "Das sind Gruppierungen, die antideutsch sind, die also das Böse in den Deutschen sehen, aber sie sind selbstverständlich auch antifaschistisch. Es gibt Antideutsche und Antiimperialisten, aber diese antideutsche Aktion lehnt auch die Partei der Linken ab und sie sieht eben das Übel in den Deutschen. Sie schreibt, dass sie Höcke auf den Zahn fühlen will, dass sie dem Björn zeigen wollen, was eine Höcke ist, also Linksextremisten durch und durch." 

 

Organisatoren werfen Ramelow politisches Kalkül vor


Für die Demonstranten ist Bornhagen ein braunes Nest, in dem viele die AfD gewählt haben. Zwischen Rechtsextremen und AfD wird dabei kein Unterschied gemacht. Rafael Selig von der antideutschen Aktion Berlin will den Konflikt mit dem linken Ministerpräsidenten nicht näher kommentieren, unterstellt ihm aber Machtkalkül: "Bodo Ramelow als Thüringer Ministerpräsident sieht wahrscheinlich in vielen potentiellen AfD-Wählern auch potentielle Linkspartei-Wähler und das sicherlich auch nicht ohne Grund, wenn man sich so die Wählerwanderung anschaut. Aber der hat natürlich ein ganz anderes Verhältnis, weil das alles potentielle Stimmen für ihn sind." 

 

Distanzierung überfällig


Soweit die Theorie der Antideutschen. Bodo Ramelow sieht dagegen eine Parallele zwischen der geplanten linken und rechten Demos im vorigen Jahr – in Sachsen-Anhalt, in Tröglitz. Damals trat dort der Bürgermeister zurück, weil Rechte vor seinem Haus aufgezogen waren. Große Empörung, bundesweite Schlagzeilen. Starkes Medieninteresse wird wohl auch Höcke sicher sein, wenn morgen demonstriert wird – eben durch die antifaschistischen Gruppen.

 

Dass Ramelow ihnen öffentlich Kontra gibt, sei überfällig, findet Extremismusforscher Eckhard Jesse. "Er legt sich mit der Antifa an, sowas kommt viel zu wenig vor. Sowas kommt ja zur Sprache. Wenn gegen Rechtsextremisten vorgegangen wird, wird das zum Teil verschwiegen – also alle Achtung, dass hier der Ministerpräsident Flagge gezeigt hat." Übrigens im Gegensatz zu Katharina König. Die antifaschistische Sprecherin der Linke-Fraktion in Thüringen hatte keine Zeit für ein Gespräch – nicht einmal per Telefon.