Linker Lehrer aus Heidelberg verliert Prozess gegen Verfassungsschutz

Erstveröffentlicht: 
22.04.2016

Michael Cszaszkóczy forderte erfolglos Akteneinsicht und das Ende seiner Bespitzelung - Eine Berufung zum Verwaltungsgerichtshof bleibt aber zulässig

Von Holger Buchwald


Michael Csaszkóczy (45) aus Heidelberg ist angetreten, um das Land Baden-Württemberg in die Knie zu zwingen und endlich vollständig rehabilitiert zu werden. Nachdem der Lehrer und bekennende Antifaschist jahrelang vom Verfassungsschutz beobachtet worden war, forderte er die vollständige Akteneinsicht und die Löschung seiner Daten. Nun hat er in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe verloren. "Klage abgewiesen", lautet der wortkarge Tenor des Urteils, den eine Gerichtssprecherin gestern bekannt gab. Csaszkóczy müsse die Kosten des Verfahrens tragen, eine Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Karlsruhe sei möglich. Die Urteilsbegründung folge in den nächsten Tagen.

 

Michael Csaszkóczy sorgte bundesweit für Schlagzeilen, nachdem die damalige baden-württembergische Kultusministerium Annette Schavan 2004 ein Berufsverbot gegen ihn verhängt hatte. Begründet wurde dies mit seiner Mitgliedschaft in der als "linksextremistisch" eingestuften Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD). Als der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg diese Entscheidung im März 2007 einkassierte, bemängelten die Richter, dass das Ministerium Csaszkóczys tadelloses Verhalten während seiner Ausbildungszeit und sein privates Engagement für Kinder und Jugendliche nicht ausreichend gewürdigt habe. Im September desselben Jahres gibt auch das Regierungspräsidium grünes Licht: Der Pädagoge beginnt, in der Realschule Eberbach als Lehrer zu arbeite

 

Der aktuelle Rechtsstreit startete damit, als Csaszkóczy herausfinden wollte, welche Daten der Verfassungsschutz über ihn gesammelt hatte und Akteneinsicht forderte. Dabei stellte er fest, dass er immer noch von den Inlandsgeheimdiensten beobachtet wird. Die 500 Seiten starke Akte, die er und sein Anwalt Martin Heiming ausgehändigt bekamen, war in großen Teilen geschwärzt. "25 Jahre lang hat dieser Geheimdienst alles Negative gesammelt, was er über mich in Erfahrung bringen konnte", sagte Csaszkóczy in seinem Schlusswort vor dem Verwaltungsgericht: "Er ist dabei auch nicht vor Falschinformationen und Diffamierungen zurückgeschreckt." Besonders erschreckend für den Lehrer war, dass auch seine privaten E-Mails abgefangen und Spione auf ihn angesetzt worden seien. Und ausgerechnet, um diese "Spitzel vor Belastungen in ihrem persönlichen Umfeld zu schützen", habe der Verfassungsschutz auch noch die Akte geschwärzt. "Für jemanden, der seit über 20 Jahren ausspioniert wurde, mutet die Sorge um die Spitzel befremdlich an", ärgert sich Csaszkóczy.

 

"Das Urteil hat mich in dieser Eindeutigkeit überrascht", sagte der 45-Jährige gestern. Die Zweifel an seiner Verfassungstreue ließen sich nicht belegen, das habe der Vertreter des Verfassungsschutzes vor dem Verwaltungsgericht bestätigt. Zugleich teilte der Zeuge mit, dass jede politische Veranstaltung, an der Csaszkóczy teilnehme, vom Verfassungsschutz beobachtet werden könne. Das gelte auch für Ostermärsche und Gewerkschaftsversammlungen. Auch deshalb erhält der Lehrer politische Rückendeckung. "Wir fordern das Innenministerium auf, seine Überwachung durch den Verfassungsschutz zu beenden und seine Akten offenzulegen", heißt es in einer Erklärung, die von 28 Gewerkschaftern und Heidelberger Stadträten unterzeichnet wurde. Unter ihnen sind nicht nur Sozialdemokraten, Linke, Piraten und Grüne, sondern auch Waseem Butt von der CDU.

 

Mehrere Hundert Male sei der Heidelberger Antifaschist beobachtet worden, gab der Zeuge vor Gericht zu. Doch das Gericht in Karlsruhe entschied, dass der Verfassungsschutz diese Daten nicht herausrücken muss. "Der Richter hat aber ausdrücklich eine Berufung zum Verwaltungsgerichtshof empfohlen", berichtet Csaszkóczy - um eine höhere Instanz in diesem schwierigen Fall entscheiden zu lassen. Ungeachtet dessen geht der andere Rechtsstreit gegen den Verfassungsschutz für den Heidelberger weiter - in Köln klagt er derzeit gegen das Bundesamt auf Herausgabe seiner Akten.