Widerstand im Herkunftsland der Aubergine: Proteste gegen Zulassung von BT Auberginen in Indien

Auberginenpflanze

Bangalore: Das US-indische Kooperationsprojekt Monsanto-Mahyco versucht unter Anwendung massiven Drucks und dubioser Methoden Saatgut für gentechnisch veränderte Auberginen durch das Zulassungsverfahren zu peitschen. Doch in der Gesellschaft formiert sich Widerstand. Die Gefahr einer unkontrollierten Auskreuzung und die gesundheitlichen Risiken werden von vielen Wissenschaftlern bestätigt.

Die Nachricht verbreitet sich schnell in der randgefüllten Halle des Indian Institute of Agricutural Sciences: nachdem bereits einige Länderregierungen den Anbau von BT Auberginen ablehnten, gibt es Gerüchte, dass sich auch die Regierung des südindischen Bundesstaates Karnataka gegen die Einführung aussprechen will. Über 500 interessierte BürgerInnen haben sich zusammengefunden, um sich beim „Civil Society Meeting on BT Brinjal'“ über die Risiken dieser Technologie zu informieren.

 

Vorübergehende Zulassung wg. angeblicher Vorteile

Der Kampf gegen die Zulassung von 4 verschiedenen BT Auberginensorten, in Indien Brinjal genannt, hat eine lange Geschichte. Seit 2004 hat Monsanto-Mahyco versucht, in mindestens 28 Feldversuchen eine BT Sorte zu testen, die gegen den Auberginenfruchtbohrer immun sein soll.

Laut Angaben von Mahyco war es bei den Versuchen möglich, 80 Prozent weniger Insektizide gegen den Auberginenfruchtbohrer und 40 Prozent weniger Pestizide insgesamt einzusetzen. Auf dieser Grundlage prognostizieren sie höhere Gewinne für die Bauern und sinkende Auberginenpreise trotz höherer Saatgutpreise.

Die zuständige indische Zulassungsbehörde (GEAC) erteilte daraufhin am 15. Oktober 2009 eine Genehmigung für den kommerziellen Anbau. Sie beriefen sich dabei auf einen Bericht des speziell dafür eingesetzten „Expert Committee on Brinjal Event (EX II), das angeblich unabhängig in umfassenden Tests die Unbedenklichkeit der BT Auberginen nachgewiesen haben. Doch nach einem massiven Aufschrei im ganzen Land setzte der indische Umweltminister Jairam Ramesh (Congress) die Zulassung gleich wieder aus.

 

Zweifel am Expertenbericht und an der Unabhängigkeit der Zulassungsstelle

Normalerweise dauern entsprechende Zulassungsverfahren sehr lange und es werden bis zu dreißig verschiedene Tests durchgeführt. Doch in diesem Fall wurden gerade einmal sechs Tests gemacht“, empört sich der Biotech-Experte Dr. Pushpa M Bhargava in der Eröffnungsrede des Treffens in Bangalore. Seine Meinung hat viel Gewicht, denn er wurde vom indischen Supreme Court als Beobachter des Zulassungsverfahrens ernannt.

Sichtlich empört ist der Wissenschaftler auch von der Tatsache, dass der EX II Bericht gerade einmal 90 Tage lang Versuche und Tests bezüglich der Gesundheitsrisiken durchgeführt hat. „Vor dem Hintergrund, dass es sich hier im Gegensatz zur bereits angebauten BT Baumwolle um ein Nahrungsmittel handelt, wären Langzeitstudien eine absolutes Muss“, so Bhargava.

 

Außerdem zweifelt er die Glaubwürdigkeit des Berichtes an. So verweist er darauf, dass einige Stellen im Abschlussbericht auf eine Manipulation der Daten schließen lässt, ein Vorwurf der bereits in vielen ähnlichen Verfahren gegen Monsanto erhoben wurde. Dazu kommt, dass Monsanto-Mahyco (neben zwei Landwirtschaftsforschungsinstituten) den größten Teil der Daten selbst bereitgestellt haben. „Würden Sie jemanden zum Wächter machen, der nachweislich Interesse daran hat, ihr Haus auszuräumen?“, fragt Bhargava kopfschüttelnd.

 

Auch die GEAC musste sich in der Vergangenheit immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, nicht neutral zu sein. Viele Mitglieder des 'Gremiums sind selbst in der Entwicklung von gentechnisch veränderten Organismen tätig, so dass Interessenskonflikte unvermeidlich sind. Die einzigen drei Mitglieder, die als neutral gelten können, haben sich gegen eine Zulassung ausgesprochen.


Studien warnen vor Risiken im Falle einer Zulassung

Als Beweis für die Risiken führen die Kritiker ein im Januar 2009 erschienenes Gutachten an, das der französische Wissenschaftler Gilles-Eric Seralini im Auftrag von Greenpeace erstellt hatte. Bezüglich der Umweltsicherheit von Bt-Brinjal gilt die größte Sorge einer möglichen Auskreuzung. Indien ist wahrscheinlich das Ursprungsland der Aubergine. Neben vielen verschiedenen Sorten von Kulturauberginen wachsen dort auch ihre wilden Verwandten. Seralini äußerte in seiner Studie die Befürchtung, dass das „Cry-Gen“ von Bt-Brinjal in die Wildauberginenarten auskreuzen könnten, ähnlich wie es in Mexiko durch die Kontamination durch Genmais passiert ist.

Darüber hinaus zweifelt der Wissenschaftler in seinem Gutachten an, dass es keine Gesundheitsrisiken für Mensch und Tier gibt. „BT Auberginen produzieren eine Menge von bis zu 17 mg Toxinen pro Kg. Das beeinträchtigt Tiere. Langzeitstudien, um die Wirkung auf Menschen zu analysieren, gab es leider nicht.“

Bauern geben sich kämpferisch

Währenddessen verweist Monsanto darauf, dass sie Rückhalt innerhalb der Bauernschaft haben, da die Genpflanze erhebliche ökonomische Vorteile mit sich bringe. Doch die Bauern, die bei der Beratung anwesend sind, vermitteln ein ganz anderes Bild.

Narayan Reddy, der in Südindien als eine Art Pionier für ökologische Landwirtschaft gilt, vergleicht den Kampf gegen gentechnisch verändertes Saatgut mit einem zweiten Unabhängigkeitskampf. Seiner Meinung nach kontrolliert derjenige, der die Kontrolle über das Saatgut eines Landes besitzt, die Machtverhältnisse. Monsanto kontrolliere bereits ein knappes Drittel des Saatgutmarktes in Indien.

Auch Kadidal Shamanna, Bauer und langjähriger Aktivist, zeigt sich kämpferisch. Die negativen Erfahrungen in vielen Teilen Indiens mit dem Anbau von sog. BT Cotton (Gentechnisch veränderte Baumwolle) hätten gezeigt, wie gefährlich die Technologie für die Bauern sein kann. Seine Kritik wurde sogar von der UNO bestätigt: Die UN- Menschenrechtskommission hat 2008 die Verschlimmerung der Armut in den Bundesstaaten Maharashtra und Andhra Pradesh in einen Zusammenhang mit der Einführung gentechnisch veränderten Saatguts gestellt. (Siehe Link).

Kadidal prophezeit, dass die Bauern „kämpfen“ werden, sollte es zu einer Zulassung kommen.

Für den 30. Januar 2010 haben Bauernorganisationen, AktivistInnen und NGOs in der südindischen Stadt Thiruvanathapursam einen eintägigen Hungersreik angekündigt, um gegen die Zulassung zu demonstrieren. Der Tag fällt genau auf die letzte Konsultationsrunde in Sachen BT Aubergine und ist außerdem der Todestag von Mohandas K. Gandhi und damit für Indiens Graswurzelbewegung ein bedeutender Tag.

 

Entscheidung Mitte Februar erwartet

Nachdem der zuständige Umweltminister Ramesh die erteilte Zulassung auf Eis setzte, sind für Januar 2010 verschiedene Konsultationsprozesse angekündigt, in denen sich der Minister ein eigenes Bild von der Sachlage verschaffen möchte. Viele der bereits stattgefundenen Beratungen wurde von symbolischen Aktionen von Gentech-KritikerInnen begleitet. In Orissa trugen 50 Adivasi-Frauen eine Riesenaubergine zu Grabe.

Außerdem haben sich die Ministerpräsidenten von Orissa, Bihar, Kerala und Gujarat bereits gegen die Einführung von BT Auberginen ausgesprochen. All dies hat sichtlichen Eindruck auf den Minister gemacht: „ Wenn die Bauern es nicht wollen, dann wird es kein BT Brinjal-Saatgut geben“, so der Minister am Rande einer Veranstaltung in der vergangenen Woche.

 

Er will nach dem Abschluss des Konsultationsprozesses bis Mitte Februar 2010 eine Entscheidung fällen. M. Bhargava schätzt die Lage so ein: „Der Minister muss eine fundamentale Entscheidung treffen: Entweder er verbietet den Anbau und wird zum Helden für die Bevölkerung- aber dann riskiert er unter Umständen seinen Ministerposten. Oder aber er knickt ein und lässt das Saatgut zu. Dann kann er seinen Posten sicherlich behalten- aber er wird mit heftigem Widerstand rechnen müssen und sich den Vorwurf gefallen lassen müssen, den indischen Unabhängigkeitskampf verraten zu haben.“

 

Ajit Thamburaj

athamburaj(at)gmx.net