Dritte Demo in dieser Woche: Der Ausnahmezustand wird die Regel

Erstveröffentlicht: 
25.09.2015

Rechtsextremes Bündnis plant Aufzug durch Innenstadt / Polizeigewerkschaft: Lage dramatisch verschärft

 

VON FRANK DöRING


Leipzig. Immerhin 2500 Teilnehmer hat er angemeldet: An diesem Sonnabend will Ex-Legida-Chef Silvio Rösler mit einer rechtsextremen "Offensive für Deutschland" durch Leipzigs Innenstadt ziehen. Für die Polizei wird es der dritte Demo-Großeinsatz allein in dieser Woche.


Nach Angaben der Stadtverwaltung liegt für die Zeit von 15 bis 19 Uhr eine Versammlungsanmeldung des Gida-Dachverbandes vor, dem Rösler sich nach seinem Aus bei Legida angeschlossen hat. Motto des Aufzugs: "Schaffen wir eine souveräne Nation! Gegen die Unzulänglichkeiten in dieser Regierung!""In zwei Kooperationsgesprächen wurde die angemeldete Route verändert, da zeitgleich der Hauptbahnhof gesperrt ist", so die Stadt. Eine abschließende Entscheidung wurde bis gestern Nachmittag nicht mitgeteilt. Als Treffpunkt wird der Augustusplatz angegeben.


Über die zu erwartende Resonanz lässt sich nur spekulieren. Das Spektrum der avisierten Redner ist jedenfalls breit: Auftreten soll unter anderem Manfred Kleine-Hartlage, ein deutscher Sozialwissenschaftler und freier Publizist, der als Vertreter der Neuen Rechten gilt. Zudem wurde der türkischstämmige Pianist und Komponist Kemal Cem Yilmaz angekündigt. Ferner soll Ex-Bundespolizist Stephane Simon auf der Bühne stehen. Der gebürtige Franzose war zuletzt am Rande einer Legida-Demo von der Polizei kurzzeitig in Gewahrsam genommen worden.


Im Legida-Umfeld sieht man die Demo offenbar mit einigem Argwohn. "Herr Rösler ist bei Legida inzwischen eine Persona non grata", so ein Insider gegenüber der LVZ. Angeblich, weil er zu radikal sei. So werde der Aufzug der "Offensive für Deutschland" bundesweit in der NPD-Anhängerschaft beworben. Zudem erwartet der Szenekenner "gewalttätige Kameradschaften vor allem aus Thüringen und Brandenburg" sowie Vertreter des radikalen Widerstands Ost/West, darunter auch Hooligans. Das relativ neue Bündnis sei ein Sammelbecken für Rassisten und Extremisten - und das sagen Leute aus dem Legida-Umfeld. An den ganz großen Zulauf mag dort niemand glauben. "Wenn am Samstag 500 Teinehmer zusammenkommen, wäre das schon viel", schätzen sie.


Da dürften es auf der Gegenseite einige mehr sein. Jeweils ab 12 Uhr sollen Protestdemos in Richtung Innenstadt führen. Treffpunkte sind der Wiedebachplatz in Connewitz und die Eisenbahnstraße beim Rabet. Um 14 Uhr treffen sich am Nordplatz verschiedene Initiativen, ab 15 Uhr versammelt sich "Leipzig nimmt Platz" am Burgplatz. Das Aktionsnetzwerk ruft für diesen Tag zu zivilem Ungehorsam auf.


Zudem sorgten Plakate für Aufsehen, auf denen unter dem Titel "Handreichung für einen schönen 26. September" Unbekannte für dezentrale Aktionen werben - Motto: "Sich finden - Organisieren - Krawall". Ob tatsächlich ernsthafte Absichten dahinterstecken, ist jedoch unklar.


Für die Polizei ist der Demo-Sonnabend Schlusspunkt einer englischen Woche. Nach Legida-Demos am Montag und Mittwoch ist es bereits der dritte Großeinsatz innerhalb von sechs Tagen. "Das geht auf die Knochen der Kollegen", sagt Hagen Husgen, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in Sachsen. "Es gibt Beamte, die haben ihre Kinder seit zehn Tagen nicht gesehen", schildert er. "Manche waren wegen der Einsätze seit 18 Tagen nicht mehr zu Hause." Bereits im Januar hatte er nach wiederholt schweren Krawallen von Linksautonomen gewarnt: "Wir stehen auch in Leipzig vor einem polizeilichen Notstand." Mittlerweile habe sich die Lage dramatisch verschärft. "An der Basis ist der Frust enorm", so der Polizeigewerkschafter. "Der Stellenabbau bei der Polizei muss sofort gestoppt werden."