Abendliche Pogromstimmung – Rassist_innen ziehen durch Schwerin

Thomas Wulff (NPD) mit Schweriner Fahne

Hunderte Rassist_innen marschierten am Samstag Abend durch die Mecklenburg-Vorpommersche Landeshauptstadt Schwerin. Nur wenige Menschen stellten sich dem Aufzug entgegen. Neonazis attackierten Journalist_innen unter den Augen der Polizei.

 

Eine Welle von rassistischen Aufmärschen rollt gegenwärtig durch Mecklenburg-Vorpommern. Gruppen unter dem Dachverband „Deutschland wehrt sich!“ riefen kürzlich zu einem heißen Demonstrationsherbst im Bundesland auf. Dieser Ankündigung folgten Taten. Bereits am 5. und 16. September marschierten Anhänger_innen von „Wismar wehrt sich!“ durch die Hafenstadt. Am 11. und 12. September sammelten sich Rassist_innen von „Schwerin wehrt sich!“ vor einer Geflüchtetenunterkunft im Schweriner Stadtteil Lankow.

 

Für Samstag Abend mobilisierte diese Gruppe zu einer Großdemonstration in der Landeshauptstadt, an der vorsichtigen Schätzungen zufolge rund 600-700 Menschen teilnahmen. Polizei und Medien sprechen hingegen von lediglich 450 Personen. Der für 17 Uhr angemeldete Aufzug setzte sich gegen 18.30 Uhr vom Hauptbahnhof in Richtung Staatskanzlei Schwerin in Bewegung. Nach einer Zwischenkundgebung drehte der Aufzug und begab sich zurück zum Startpunkt.

Neben Alltagsrassist_innen mit Kind und Kegel fanden sich unter den Marschierer_innen auch zahlreiche bekannte NPD-Kader und Neonazis. Fahnen der German Defense League und des Deutschen Reichs wehten, während der Mob Parolen wie „Antifa Hurensöhne“ und „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen!“ brüllte. Teilnehmer_innen zeigten den Hitlergruß. Am Rande der Veranstaltung wurden zwei Journalist_innen von Neonazis angegriffen, während der Demonstrationszug „Lügenpresse“ gröhlte. Aufmarschteilnehmer_innen genossen volle Bewegungsfreiheit und wurden von der Polizei nicht am unkontrollierten Verlassen der Versammlung in Richtung der Gegendemonstrant_innen gehindert.

Die sichtlich überforderte Polizei, die den rechten Aufmarsch nur mit wenigen, schwachen Bereitschaftskräften begleitete, schien von der Masse und der Aggressivität der Rassist_innen wieder einmal überrascht. Die Staatsmacht beschränkte sich jedoch vor allem darauf, Hatz auf die wenigen anwesenden Antifas zu machen, anstatt den Marsch, der zusehends zu einer Gefahr für Außenstehende wurde, vernünftig zu begleiten. Antifaschist_innen waren so den gesamten Abend über der Gefahr von rechten Attacken ausgesetzt, zumal auch außerhalb des Aufmarsches Neonazigruppen gezielt nach Gegendemonstrant_innen suchten. Die Faschist_innen konnten abseits ihrer Veranstaltung auch deshalb so problemlos agieren, weil nur wenige Nazigegner_innen auf Schwerins Straßen unterwegs waren. Lediglich ein- bis zweihundert vornehmlich bürgerliche Aktivist_innen versammelten sich auf Kundgebungen gegen den Aufmarsch oder versuchten im Verlauf des Abends Protest in Hör- und Sichtweite zu äußern. Eine kleinere Sitzblockade umgingen die Rassist_innen einfach. Nach der Auflösung zogen kleinere Neonazigruppen durch das nächtliche Schwerin.

 

Geschehnisse wie diese werden sich wohl in den kommenden Wochen in Mecklenburg-Vorpommern häufen. Rassist_innen haben zahlreiche Kundgebungen, Spaziergänge und Aufmärsche im ganzen Land angekündigt, so unter anderem am 25. September in Stralsund und schon einen Tag später in Wismar. Bereits am Montag startet MVGida nach der selbstgewählten Sommerpause wieder mit einer rassistischen Demonstration in Boizenburg. Zahlreiche weitere Kundgebungen finden teils ungeachtet öffentlicher Aufmerksamkeit regelmäßig im Bundesland statt. Antifaschistische Mobilisierungen gegen die Märsche sind gegenwärtig nicht feststellbar. Angesichts des antifaschistischen Großevents, das eine Aufmarschankündigung von Neonazis im September in Hamburg nach sich zog, ist der geringe Widerstand gegen Aufmärsche in geografischer Nähe verwunderlich.

 

Dieser Artikel soll ein Denkanstoß und kein vorwurfsvoller Fingerzeig sein. Er soll weniger zu einer rein inhaltlichen Debatte führen und ist eher als konkreter Hinweis auf die Ereignisse in Mecklenburg-Vorpommern zu verstehen. Er kann Startschuss für die dringend notwendige Vernetzung mit den naheliegenden Handlungsoptionen für eine derartige Stimmungsmache gegen Geflüchtete im gesamten Bundesgebiet sein. Geschieht dies nicht, wird es uns nicht gelingen dem rassistischen Mob auf der Straße Einhalt zu gebieten.

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Am Montag 21.9.15 findet eine rechte Demo von "MVGIDA" statt, wir stellen uns entgegen!! In direkter Nähe zum Treffpunkt der Nazis am Marktplatz Boizenburg um 19:00 Uhr befindet sich die Erstaufnahme für Geflüchtete in Nostorf Horst, dort treffen wir uns um 18.30Uhr um Geflüchtete vor rassistischer Gewalt zu bewaren und den Nazis entschlossen entgegen zu treten.

 

Abfahrt von Bussen direkt zur ZEA Horst ab Sternschanze. 17.30Uhr

Anfahrt mit dem PKW: Nostorfer Straße 1, 19258 Nostorf


https://www.google.de/…/data=!4m9!4m8!1m5!1m1!1s0x47b18f417…

 

http://nolagerhorst.noblogs.org

 

Kommt zahlreich und bringt eure Freunde mit!
FREEDOM OF MOVEMENT FOR EVERYONE!!

Wo war denn die Mobi dafür? Lief das nur über FB? Hab gerade mit einigen Berliner*innen gesprochen und mensch wusste von nichts!

Wenn ich den Link anklicke gelange ich nicht zu FB.Unabhängig davon ist die Seite leider nicht "gepflegt".Ich habe das mit reingenommen,da es als Orientierung benutzt werden sollte,falls jemand noch gar nichts über die ZEA gehört oder gelesen hat.

In HH gibt es einen Flüchtlingsrat und einige Aktive aus losen Antira Zusammnehängen die diesen Aufruf u.a über gewerkschaftliche Strukturen veröffentlicht haben.

Eine größere Mobilisierung gibt es zu dem heutigen Montag nicht!Aber ich erhoffe mir,das sich viele Einzelne zusammenfinden, um gerade in Meck Pomm bessere antifaschistische Strukturen aufzubauen.In diesem Sinne...

Es ging über öffentliche listen und ist u.a. auf http://www.antifainfo.de/?p=2250 zu finden.

"Angesichts des antifaschistischen Großevents, das eine Aufmarschankündigung von Neonazis im September in Hamburg nach sich zog, ist der geringe Widerstand gegen Aufmärsche in geografischer Nähe verwunderlich."

 

Unter der Woche ohne wahrnehmbare, breite Gegen-Mobilisierung ist klar das da wenig läuft. 

 

Das Nazis in irgendwelchen Ecken kleinere Aufmärsche Zustande bringen werden Antifa Strukturen aus Ballungsräumen nie ganz verhindern können. Der Anspruch wäre auch falsch. Es ist natürlich gut wenn Leute vor Ort aktiv sind, aber sonst lieber punktuelle Ziele setzen und dann gemeinsam aktiv werden im Rahmen einer breit angelegten Mobilisierung. Sonst frisst das Ressourcen ohne das am Ende viel bleibt...

totaaaler Quatsch!

5. September - Samstag Wismar

11. und 12. September Freitag und Samstag Schwerin

19. September Samstag Schwerin

 

Der Aufmarsch, um den es im Text in erster Linie geht, war an einem Samstag. Der Großteil der anderen Aufmärsche und Kundgebungen fand ebenfall an Wochenendtagen statt. Deine Aussage ist also schlicht falsch. Und eine breite Mobilisierung gelingt eben leider nur mit Strukturen aus den Ballungsräumen, weil in den Provinz nämlich kaum noch einer ist, wenn stets alle Genoss_innen in die Wohlfühlkieze abhauen. Für mich klingt das sehr nach mangelndem Verantwortungsbewusstsein. Zudem stelle ich dir entgegen, dass dein Anspruch der Eventpolitik, den du als "punktuelle Ziele setzen" mit "einer breit angelegten Mobilisierung" bezeichnest, falsch ist. Kontinuierlich ländliche, antifaschwache Regionen aus den Ballungsräumen der Szene unterstützen, wäre die richtige Herangehensweise.