Ministerpräsidenten warnen: Ausländerhass kein Ost-Problem

Erstveröffentlicht: 
31.08.2015

Sachsen fährt Imagekampagne "So geht sächsisch" herunter / Friedliche Demos in Dresden und Heidenau

 

Leipzig. Angesichts der steigenden Zahl fremdenfeindlicher Übergriffe auf Asylunterkünfte warnen die ostdeutschen Ministerpräsidenten davor, Fremdenhass als ostdeutsches Problem zu betrachten. Sachsens Ministerpräsident, Stanislaw Tillich (CDU), betonte in der Welt am Sonntag, dass es sich nicht um das Problem eines einzelnen Bundeslandes, sondern um "eine Herausforderung für das ganze Land und die Gesellschaft" handelt, die man aber gemeinsam lösen könne und werde.


Es bringe nichts, das Problem auf den Osten zu reduzieren, sagte auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke). "Wir reden von einem gesamtdeutschen Problem, das wir gesamtdeutsch bekämpfen müssen", forderte er in der Zeitung. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) kritisierte die Stigmatisierung Ostdeutschlands ebenfalls.


Sachsen will wegen der rechtsextremen Ausschreitungen in Heidenau und der fremdenfeindlichen "Pegida"-Demonstrationen seine internationale Imagekampagne "So geht sächsisch" herunterfahren. Regierungssprecher Christian Hoose erklärte am Wochenende im Interview mit dem MDR, man setze jetzt auf leisere Töne. So werde es vorerst keine Fernseh-Spots und großflächigen Plakat-Aktionen mehr geben.


Der Freistaat hatte die Kampagne 2013 gestartet. In Großstädten wie Frankfurt am Main, Zürich sowie Basel wurden Tausende Plakate geklebt. In London warben Doppelstockbusse mit riesigen Aufklebern für Sachsen. Die millionenschwere Kampagne soll nun an die Debatte um die Flüchtlingspolitik angepasst werden, sagte der Sprecher. Für einen Zeitraum von vier Jahren waren ursprünglich 32 Millionen Euro eingeplant gewesen.


Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich für eine schnelle Integration anerkannter Flüchtlinge ausgesprochen - und für eine rasche Abschiebung abgelehnter Asylbewerber. "Damit wir denen, die in Not sind, helfen können, müssen wir auch denen, die nicht in Not sind, sagen, dass sie bei uns nicht bleiben können", sagte Merkel gestern beim Tag der offenen Tür des Kanzleramts in Berlin.


Das Bundesverfassungsgericht kippte am Wochenende ein vom Landratsamt Sächsische Schweiz-Osterzgebirge erlassenes Versammlungsverbot für Heidenau. Die Karlsruher Richter schafften damit nach langem juristischen Hin und Her Klarheit. Als Grund für die Eilentscheidung führten sie an, dass den jüngsten Ereignissen in Heidenau eine besondere Bedeutung in der aktuellen Flüchtlingsdebatte in Deutschland und Europa zukomme. Das Wochenende sei für viele Bürger zudem oft die einzige Möglichkeit, sich am Prozess der öffentlichen Meinungsbildung durch ein "Sich-Versammeln" zu beteiligen.


Von ihrem Versammlungsrecht machten dann Tausende Gebrauch. Am Samstagnachmittag demonstrierten in Dresden laut Polizei rund 5000 Menschen gegen Fremdenhass. Weder in Dresden noch in Heidenau, wo der Jenaer Pfarrer Lothar König für den Abend eine Demonstration angemeldet hatte, kam es zu Zwischenfällen.


Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) kündigte in der Bild am Sonntag nun ein rasches Durchgreifen an: "Gegen Täter, die Flüchtlinge und Asylantenheime angreifen, zeigen wir null Toleranz." Nach den Krawallen in Heidenau seien rund 30 Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Unterdessen wurde bekannt, dass Heidenaus Bürgermeister Jürgen Opitz (CDU) einen Drohbrief erhalten hat.


Der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Manfred Schmidt, hat Versäumnisse im Umgang mit der hohen Zahl an Asylbewerbern eingeräumt. Inzwischen habe seine Behörde aber 650 neue Mitarbeiter eingestellt; bis Jahresende sollen 1000 weitere folgen. Die Bearbeitungszeit für einen Asylantrag sei von im Schnitt 7,1 auf 5,4 Monate gesunken. Diese Frist wolle man weiter verkürzen.