Münkler-Watch antwortet auf Antisemitismus-Vorwurf

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Die Blogger_innen von "Münkler-Watch" sehen sich dem Vorwurf des Antisemitismus ausgesetzt. Prof. Dr. Herfried Münkler äußerte in einem Zeit-Interview, dass er sich an "hochschulpolitische Vorgänge des Jahres 1933" erinnert fühle. Seine Kritiker_innen würden Muster verwenden, die "auch antisemitisch eingesetzt worden" seien. In einem Offenen Brief antwortet die Gruppe nun ihrem Professor.

Sehr geehrter Herr Münkler,
es freut uns, dass Sie laut der Zeit vom 20.5.2015

http://www.zeit.de/kultur/2015-05/herfried-muenkler-watchblog-humboldt-u...

„gern mit uns sprechen“ würden. Und um uns das mitzuteilen, machen Sie sich sogar die Mühe, ein Interview zu geben. Sie hätten uns doch auch einfach eine E-Mail schreiben können. Wie dem auch sei, wird angesichts Ihres Wünsches nach Kommunikation dieser Offene Brief sicher auf Ihr Wohlgefallen stoßen.

Erinnert Mitschreiben und Kommentieren an 1933?
Erstaunt sind wir jedoch, dass Sie sich als Historiker bei unserer Kritik „an hochschulpolitische Vorgänge des Jahres 1933 erinnert fühlen“. Vermutlich meinen Sie damit ja nicht den Fakt, dass bis auf wenige Hochschullehrer_innen alle anderen einen Eid auf die damals Herrschenden schwörten? Korrigieren Sie uns bitte, wenn wir fälschlicherweise annehmen, dass Sie mit Ihrer Anspielung auf das Vorgehen der nationalsozialistische Deutschen Studierendenschaft verweisen wollen.

Historische Trennstriche
Deshalb unsere Fragen:  Fühlen Sie sich angesichts unsererer Kritik ernsthaft an die körperlichen Angriffe und Vorlesungssprengungen der Deutschen Studierendenschaft erinnert? Sehen Sie sich angesichts unserer kritischen Kommentare zu Ihrer Vorlesung ernsthaft an die von nationalsozialistischen Studierenden errichteten Scheiterhaufen der Bücherverbrennungen erinnert? Wir können uns das nicht so richtig vorstellen, dass Sie als historisch sensibilisierter Mensch hier keinen Trennstrich ziehen.

"Asymetrischer Krieg"?
Aber vielleicht erklärt das auch, warum Sie, ebenfalls in "Die Zeit", mit Bezug auf uns von einem „asymmetrischen Krieg“ reden. Wir jedenfalls können uns nicht erinnern, Bomben gelegt, Geiseln erschossen oder auch nur irgendeine Handlung vorgenommen zu haben, die sich im weitesten Sinne als „Krieg“ beschreiben ließe.


Asymetrie oder Antisemitismus?
Laut der Zeit äußerten Sie: „Der hat viel Geld, wir sind arm. Der hat Einfluss, wir nicht. Das ist ein Muster, das auch antisemitisch eingesetzt worden ist." Dürfen wir Ihnen kurz die Stelle zeigen, auf die Sie sich anscheinend beziehen? Es ein Textstück aus Münkler-Watch Folge 4,

http://hu.blogsport.de/2015/05/05/muenkler-watch-5-erbaermlicher-feigling/

die auf ihre Behauptung über die "asymmetrische Auseinandersetzung" antwortet:

"Die Situation ist absolut asymmetrisch. Auf der einen Seite steht der Prof mit X-tausend Euro Monatsgehalt, der in der Vorlesung uneingeschränktes Rederecht hat und sich kritische Nachfragen explizit verbietet. Zudem hat Münkler wortwörtlich die Macht. Dozierende haben tausendundeine Möglichkeit, Studierenden ohne Beweise und informell das Leben zur Hölle zu machen. Sei es bei all den kleinen Ausnahmen (Reading Journal zu spät abgeben, Unpässlichkeit bei Terminen) die es dann „leider, leider“ nicht mehr gibt, oder miese Behandlung in Veranstaltungen, Auslegungssachen in Klausuren, bis hin zur sprichwörtlichen Ausgeliefertheit in mündlichen Prüfungen – gibt es jede Menge Möglichkeiten, die asymmetrische Machtverteilung in gesellschaftlichen Feld „Universität“ für Subalterne spürbar werden zu lassen. Darüber hinaus hat Münkler super Kontakte zu Medien und Politik und verfügt über die erfolgreiche Inszenierung als Universalgelehrtem, dem sehr viel Glaubwürdigkeit und soziales Prestige entgegen gebracht wird. Auf der anderen Seite stehen eine handvoll Studierenden, mit bestenfalls BaföG, denen als gesellschaftliche und mediale Gestaltungsmittel Blog und Flugblätter zur Verfügung stehen."

Wollen Sie dieser Charakterisierung der Situation zwischen Ihnen und Studierenden ernsthaft widersprechen?

Instrumentalisierung als Ablenkung?
Oder dient ihr Vorwurf des Antisemitismus nicht eher dazu, vom Wahrheitsgehalt der obigen Zeilen abzulenken? Wie auch immer: Es freut uns ehrlich gesagt, dass Sie in dem mittlerweile immensen Umfang unserer Textsammlung nicht mehr Belege für Ihre Antisemitismus-These gefunden haben. In Anbetracht der Tatsache, wie verbreitet antisemitische Gedanken heutzutage im Bürger_innentum sind, sollten die Chancen eigentlich nicht schlecht stehen, mehr zu finden. Zumal uns durch unsere Sozialisation in eben jenem Bürger_innentum wahrscheinlich neben Rassismen und Sexismen auch Antisemitismen mitgegeben worden sind. Das könnte ja zeigen, dass Diskussion und Reflexion doch etwas bringen würden, oder?

Ablenkung: Der nächste Versuch?
Oder bringen Sie Ihre Antisemitismus-These möglicherweise etwa nur in Stellung, weil der Vergleich mit der NSA und der Versuch einer Kommunist_innen-Hatz nicht aufgegangen sind? Aber wäre das nicht eine krasse Relativierung von Antisemitismus, Herr Münkler? Oder wird in Ihren Augen - ganz nach Machiavelli - das Mittel durch den Zweck und den Erfolg gerechtfertigt?

Dürfen wir in Hausarbeiten auch so zitieren?
Wir haben noch eine weitere Frage: Dürfen wir in unseren Hausarbeiten auch so zitieren wie Sie?
Ist es in Ordnung, wenn wir aus dutzenden Seiten Text eine Stelle extrahieren und diese dann derart grob paraphrasieren, um unser Urteil zu belegen? Dürfen wir in den Hausarbeiten darüber hinaus, ähnlich wie Sie bei Ihrer Behauptung, wir seien Trotzkist_innen,

http://www.tagesspiegel.de/wissen/besuch-in-der-umstrittenen-vorlesung-h...

 ganz auf jegliche Belege verzichten? Und wenn Sie das dann kritisieren, dürfen wir auch einfach behaupten, Sie hätten uns missverstanden?

Kein gleichberechtigter Diskurs bei Ungleichheit möglich
Das Sie trotzdem seitenweise in "Die Zeit" ohne all zu viele kritische Nachfragen befürchten zu müssen, ihre nett ausgedrückt groben Paraphrasen unserer Texte wiedergeben dürfen, während unsere explizit als subjektive Wahrnehmungen gekennzeichneten Berichte über ihre Vorlesungen u.a. von der Zeit als unglaubwürdig dargestellt werden, zeigt, wie asymmetrisch unsere Auseinandersetzung ist: Sie können sich sowas einfach erlauben, wir hingegen nicht. Das Beispiel zeigt auch, wie hohl Ihre Forderung

https://www.sowi.hu-berlin.de/de/lehrbereiche/theorie-der-politik/mittei...

und der Apell der Universitätsleitung

https://www.hu-berlin.de/pr/nachrichten/nr1505/nr_150512_00

nach Aufgabe der Anonymität ist. Sie wissen ganz genau um das oben aufgezeigte Machtverhältnis. Vom hohen Roß herab wünschen Sie sich einen Offenen Diskurs. Gleichzeitig mobilisieren Sie die Rechtsabteilung der HU, damit diese uns Probleme machen möge.

http://www.tagesspiegel.de/wissen/muenkler-watch-an-hu-berlin-herfried-m...

Gleichberechtigte Kommunikation kann es nicht geben, solange es keinen gleichberechtigten Zugriff auf gesellschaftliche Ressourcen gibt. Für den Beleg dieser These ist ihr sich hinter ihren diskursiven Möglichkeiten versteckendes Verhalten ein Beweis.

Mit freundlichen Grüßen

Caro Meyer
hu.blogsport.de

Mehr Infos:

FAQ zu Münkler-Watch
http://hu.blogsport.de/2015/05/12/faq-muenkler-watch/

Alle Folgen Münkler-Watch:
http://hu.blogsport.de/muenkler-watch/

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wirklich! Wissenschaft wird gemacht, notfalls durch Guerilla. Wissenschaft ist halt immer in einem Konfliktverhältnis zur Macht. Anders geht es nicht. Die Kooperation von Prof. Münkler ist zu loben - die einzige PoWi-Vorlesung an der FU, die von mindestens zwei Seiten für jedEn NutzerIn der Mainstreammedien erfahrbar ist. Super! Weiter so. Pegida möppert über "Lügen" - ihr schafft diskutierbar, intersubjektive Wahrheit.

Was Münkler so sagt, mag unangenehm sein - aber es steht für einen Trend in der Politikwissenschaft und der Gesellschaft, der von vielen anderen auch geteilt und vertreten wird, in den Unis, in den Medien, im Alltag. Eure Fokussierung auf die Person Münklers ist jedoch bedenklich. Nicht nur, weil sie eine eigentlich pietätlose Praxis der Personalisierung politischer Analyse und Kritik fortführt, die wir alle aus der Antifa kennen, die aber dort noch einigermaßen verdaubar ist (hey, es sind ja nur Nazis, deren Privatleben und deren Äußerungen aus allen möglichen Zusammenhängen öffentlich gemacht werden, die angeprangert werden, deren Worte und Taten auf die Goldwaage gelegt werden).

 

Diese Praxis ist zugleich zutieft idealistisch und ignoriert die strukturellen Bedingungen von Politik: Was Münkler sagt, denken auch Millionen andere, und Tausende sprechen es in Zeitungsartikeln, Vorlesungen und Talkshows aus. Sich in der Analyse und Kritik gesellschaftlicher Trends und politischer Entwicklungen auf eine Person festzulegen, blendet diese Breite aus und personalisiert die Verantwortung für Entwicklungen, die nicht von einzelnen Akteuren beeinflusst werden. Nicht Münkler als Person ist schuld, dass die Welt so ist, wie sie ist. Wenn er Dinge nicht sagt, machts ein anderer.

 

Es ist nur konsequent, dass diese Auseinandersetzung in so einen lächerlichen Kleinkrieg ausartet. Mit einer Analyse, die in welcher Form auch immer die strukturellen Zusammenhänge von Gesellschaft oder ihre materialistische Basis zu begreifen versucht, hat sie nichts mehr zu tun.

Wenn er Dinge nicht sagt, machts ein anderer.

 

mit dieser Argumentation kann man auch Nazipropaganda rechtfertigen, wenn die gerade en vogue sein sollte.

Und du willst Münkler mit Neonazis gleichsetzen? Ihn also in letzter Konsequenz am besten auch umboxen? Bisschen mehr Differenzierung täte gut.

 

Antifa-Politik ist nicht weniger idealistisch - in ihrer Fixierung auf Nazi-Personal, auf Recherche, Outings und den Rest übersehen wir viel zu oft das politische Ganze und ignorieren Zusammenhänge mit der Mitte der Gesellschaft oder das zweifelhafte Handeln demokratischer Akteure. Aber das ist OK: Nicht nur macht es in der kleinen Nazi-Szene einen spürbaren Unterschied, wenn sich ein Kader frustriert oder eingeschüchtert zurückzieht oder gerade mal keine Flüchtlingsunterkunft anzünden kann, weil sein Arm gebrochen ist. Zugleich sind gewaltbereite Nazis für ihre Feindbilder auch unmittelbar ein ganzes Stück gefährlicher, als es ein Münkler jemals sein wird.

 

Die personalisierende Praxis von Antifa-Politik funktioniert schlichtweg nicht, wenn sie auf andere Felder und Gruppierungen übertragen wird.

Ich habe der/dem Kommentator/in über mir vorgeworfen, dass ihr/sein "wenn er es nicht sagt, dann macht das halt ein anderer" kein Argument sein kann, nicht gegen ihn zu opponieren. Denn mit dieser Argumentation lässt sich alles rechtfertigen, sogar Nazipropaganda. Damit habe ich ihm keine Nazipropaganda unterstellt, aber auch auf einen rassistischischen, sexististischen, chauvinistischen und machtgeilen Professor dürfte ein gebrochener Arm Eindruck machen. Von daher wären Prügel für das Arschloch angemessen.

denn hinter jedem System stecken Personen, ohne die würde das System gar nicht funktionieren. Die Mär von der bösen Personalisierung soll nur von den Verantwortlichen ablenken und die Schuldfrage abstrahieren. Haben die Nazis in den Nürnberger Prozessen auch so gemacht und komischerweise ist ganau das heute wieder in einigen Antifa-Kreisen en vogue.

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Die Kritik an Münkler ist sicherlich gerechtfertig und es ist gut das ihr euch dem annehmt, aber beim Schreiben der Texte und der Struktur eurer Argumentation hapert es (finde ich) ein bisschen. Ggf. solltet ihr euch noch Unterstützung von ein paar älteren Zecken holen, die mehr Erfahrung mit dem Schreiben von Texten haben. Ist nicht böse gemeint, aber aufgrund der relativ großen Rezeption des Vorgangs wäre das vielleicht hilfreich.

Wieso muß man sich dann hier mit konterrevolutionärer Zeitverschwendung ausseinandersetzen, was hat das hier zu suchen, vor allem wo doch alle wissen, daß dieser Mist nur dem einen Zweck dient, nämlich die Karriere abzusichern und nach ein paar wilden Jahren die Mieten hoch zu treiben, um anschliessend der selbst geschaffenen Überbevölkerung im Reihenhaus dann erklären zu dürfen, daß die Kinder in Afrika halt nur sterben müssen, damit die Bälger digital nicht den Anschluß verlieren.