Wie ich gefeuert wurde und meinen Job wiederbekam

Dieser Artikel kommt von einem Organizer der »Industrial Workers of the World (IWW)«1 aus Portland, Oregon (USA) und beschreibt die Umstände unter denen er gefeuert wurde und anschließend zurück an seinen Arbeitsplatz2 kam. Wissend, dass Kündigungen die größte Gefahr während des Organizings3 darstellen, sind solche detaillierten Beschreibungen sehr wertvoll für ArbeiterInnen, die lernen möchten sich zu organisieren. Emmett organisierte sich in einem typischen Umfeld: Ohne Gewerkschaft, nur halb-öffentlich4 und bemüht darum, die Fehler der Business-Unions5 nicht zu wiederholen, Arbeit ohne Betriebsvereinbarungen, Gewerkschaftswahlen6 oder die typischen Abmachungen zwischen Gewerkschaften und Geschäftsführung. Emmetts Geschichte ist hilfreich um zu zeigen, welche Spannungen im Arbeitsprozess entstehen und wie es möglich ist, Dinge zu verändern.

 

Die Kündigung


An der Arbeitsstelle ankommend, betrat ich die Firma durch den Pausenraum, so wie immer. Dort erwartete mich bereits mein Vorgesetzter, der mir mitteilte das wir reden müssten. Er sagte, ich müsste meine Sachen nicht in meinen Spind räumen; Ich konnte mich also nicht auf meine Schicht vorbereiten, wie ich es sonst tat. Ich fragte ihn, ob das ein disziplinarisches Treffen wäre, aber er reagierte nicht direkt auf meine Frage. Er sagte nur: „Wir müssen reden. Es wird nur eine Minute dauern.“ Während wir durch die Produktionsebene gingen, grüßte ich meine KollegInnen wie üblich und folgte dem Manager in sein Büro. Als ich sah, das niemand anderes im Büro war, fragte ich: „Wird jemand aus der Personalabteilung anwesend sein?“ Er bellte mich an: „Das hier kommt direkt aus der Personalabteilung.“ Dann fragte ich ihn, ob ich einen Kollegen zu dem Treffen hinzuziehen könnte. Er verneinte: „Hmm...Nein.“

 

Gleich nachdem die Tür geschlossen war, informiertet mich mein Manager das „dies“ hier nicht funktionieren würde und begründete es damit, dass ich hier wohl sowieso „eindeutig unglücklich“ wäre. Er gab mir eine flüchtige Erläuterung zu dem Papierkram und erklärte mir ich wäre gefeuert. Ich widersprach seiner Entscheidung und teilte ihm das mit; als ich meine Kündigung unterschreiben sollte, weigerte ich mich.

 

Ich erkundigte mich, ob die Kündigung etwas mit meiner Arbeitsleistung zu tun hätte. „Nein, Sie sind ein hervorragender Arbeiter, aber ein schlechter Arbeitnehmer“, antwortete er. Während ich noch in einem Schockzustand wegen der ganzen Sache war, konnte ich dennoch schnell ein paar Folge-Fragen stellen um zu sehen, was er mir noch verraten würde. Vor allem war ich hellhörig geworden auf seine deutliche Unterscheidung zwischen Arbeiter/ Arbeitnehmer; also fragte ich nach. Er führte aus, das ich ein „Anführer“ in der Belegschaft sei, gleichzeitig aber respektlos den EigentümerInnen gegenüber. Als Beispiel führte er meine Frustration an, die ich meinen KollegInnen gegenüber geäußert hatte. Das nämlich die Eigentümer, inklusive Ihm, wochenlang die Teller aus dem Büro in der Spüle liegen lassen und versäumt hatten sie abzuwaschen. Allerdings hatte ich damit nur das ausgesprochen, worüber sich die KollegInnen bei mir auch schon beschwert hatten.

 

Sie sind die Eigentümer, deshalb ist so etwas unwichtig.“

Kann ich meine Schicht antreten, oder bin ich gefeuert?“ fragte ich um mich zu vergewissern, auch wenn sie faktisch schon unterwegs war.

Das wurde mir verneint, ich könne meine Schicht nicht beginnen. Ich fragte, ob die Firma mir meine Arbeitslosigkeit bescheinigen würde, was er bestätigte.

 

Ich hatte viele Alpträume in denen es um meine Kündigung ging; und ich hatte mir längst überlegt was ich machen würde, sobald es geschehen sollte. Ich hatte schon häufiger gesehen wie ManagerInnen KollegInnen unerwartet Schichten von Anderen übernehmen ließen, die dann entlassen werden sollten. Ich wusste auch, wie sie auf ihre Zielperson im Pausenraum warten würden, jetzt begriff ich, das mir das Gleiche passierte. Vor nicht allzu langer Zeit, als ich mit den KollegInnen in meiner Abteilung besser organisiert war, diskutierten wir so einen Fall und die Schritte die wir unternehmen würden, um eine gemeinsame Aktion zu machen.

 

Als erstes würden wir uns eineN ZeugIn besorgen und würden nichts, das uns vorgelegt werden würde, unterschreiben. Als nächstes würde der/die gefeuerte KollegIn so lange wie möglich auf dem Werksgelände bleiben um so vielen KollegInnen wie möglich von dem Vorfall zu berichten. Wenn OrganizerInnen in der gleichen Schicht arbeiteten, würden sie sofort aufhören zu arbeiten und ein Treffen mit der Geschäftsleitung einberufen. Leider war unsere Kampagne während der Kündigung in einer Schwächephase. Im Moment hatten wir keine gemeinsamen Treffen in denen wir uns über gemeinsame Aktionen verständigten, zu den Themen, die uns allen wichtig waren (Personalbedarf, Urlaubsgeld, Umsatzbeteiligung usw.), die wir sonst auf Betriebsebene besprachen. Das Ergebnis davon war, das ich einen AnfängerInnenfehler machte und mich zwar über die Bedingungen in der Firma beschwerte, jedoch ohne gemeinsame Aktionen zu planen und diese Probleme damit abstellen zu können. Deshalb war es der Betriebsleitung möglich mich auch als unmoralisch und schädlich für die Firma darzustellen, um mich feuern zu können.

 

Der Zeitpunkt meiner Entlassung war ein weiterer Schaden für uns. Mein vertrautester Mit-Organizer war im Urlaub und ein weiterer verbündeter Kollege hatte die Firma gerade erst letzte Woche verlassen. Dies lies mich mit geringer Unterstützung in meiner Abteilung zurück, also war niemand übrig der eine spontane Arbeitsniederlegung als Reaktion hätte organisieren können. Rückblickend hätte ich, nach dem Erhalt der Kündigung, sofort zu meinen KollegInnen gehen sollen um die typischen Versuche der Betriebsleitung, mich in der emotional bedrückenden Hinterzimmer-Situation dazu zu bringen etwas zu sagen, das ich hinterher bereuen würde, zu verhindern.

 

Als ich aus dem Büro kam, suchte ich sofort meine anderen KollegInnen der Abteilung auf. Während ich versuchte einem Kollegen, mit dem ich die letzten drei Jahre zusammengearbeitet hatte, zu erklären, was gerade passiert war, wandelte sich meine Wut, Aufregung und Fassungslosigkeit in Traurigkeit und Verwirrung. Wir umarmten und verabredeten uns später gegenseitig anzurufen. Später sollte ich dieselben emotionalen Gespräche noch ungefähr ein Dutzend mal oder mehr, mit KollegInnen und FreundInnen wieder haben. In diesen Gesprächen konnte ich den Schock und Angst in ihren Augen sehen. Da ich seit fünf Jahren für diese Firma arbeitete, wussten alle, das dies nicht aufgrund meiner Arbeitsleistung geschah, sondern ein weiteres Beispiel dafür war, wie die Firma Vergeltungsschläge durchführte und Druck gegen diejenigen ArbeiterInnen aufbaute, die ihre Stimme erhoben, um sie dann loszuwerden. Doch, ohne geplante Reaktion, oder ein Organizer der vorbereitet war eine solche einzuleiten, konnte Solidarität nur die Form von Umarmungen und Händeschütteln annehmen. Um sicher zu gehen, dass alle mitbekamen das ich gefeuert wurde, machte ich Kopien meiner Entlassung (auf dem Bürokopierer vor den Augen des Boss' der mich gerade gefeuert hatte) und gab sie an meine KollegInnen weiter (die diese wiederum an das Team der Spätschicht weiterleiteten). Im Nachhinein betrachtet, waren diese Einzelgespräche und die generelle Verbreitung des Entlassungsschreibens extrem aufrüttelnd für meine KollegInnen und verhalf der späteren Kampagne meinen Job wieder zu bekommen, zum Erfolg.

 

Als ich das Gelände verließ, rief ich gleich meinen Kollegen und Organizing-Partner an, um ihm meine Entlassung mitzuteilen.

Was ist der Plan?“ fragte er.

Immer noch schwankend, wusste ich nicht was ich sagen sollte. Wir verabredeten uns zum Frühstück. Zwischen Kettenrauchen und der Fahrt mit dem Bus, auf dem Weg zum Café, telefonierte und textete ich allen aktuellen und ehemaligen KollegInnen die ich kannte und sagte ihnen was gerade passiert war.

 

Wenn ich Leuten sage, dass sie in die »IWW« eintreten sollen und mich fragen warum ich Mitglied bin, ist ein Teil meiner Antwort immer gleichbleibend: „Ich weiß, dass wenn ich wegen Organizing gefeuert werde, meine Gewerkschaft hinter mir steht und bis zum Letzten an meiner Seite kämpfen wird um meinen Job wieder zu bekommen.“ Jetzt war dieser Tag gekommen und während der nächsten vier Monate übertrafen meine Fellow Worker1 diese Verpflichtung mehr als dass ich es zu hoffen und träumen gewagt hätte.

 

Das Komitee8 reagiert


In den ersten drei Wochen nach meiner Kündigung, lenkte ich mich von der Realität der Arbeitslosigkeit dadurch ab, dass ich die OrganizerInnen des Komitees dabei unterstützte meine Wiedereinstellung durchzusetzen. Wie ich vorher schon erwähnte, war die Kampagne in einer Schwächephase. Jetzt, mit Fokus auf meiner Entlassung, bereiteten wir einen Zeitplan für einen Neustart der Organizing-Kampagne vor. In der Nacht nach meiner Kündigung hatte sich das Komitee, bestehend aus zwei Fellow Workern getroffen und wir hatten eine gezielte Diskussion über diejenigen Optionen geführt, die als Reaktion möglich waren. Wir unterschieden zwei schnelle Optionen: 1) Die Kündigung hinnehmen und das Organizing heimlich weiter machen, oder 2) wir machen unsere erste abteilungs- und betriebsübergreifende Aktion um meinen Job wieder zu bekommen. Da ich ein Arbeiter war, der offen über die Arbeitsbedingungen geredet hatte, waren wir mit der Frage konfrontiert: Wie könnten wir in Zukunft auf Themen oder Entlassungen reagieren, wenn wir jetzt nicht mit Aktionen auf diese ungeheuerliche Entlassung entschlossen antworteten? Mit nur wenig Wissen darum, welche immense Arbeit auf das Komitee zukommen würde, entschied es sich, das eine Aktion notwendig wäre, selbst wenn meine Wiedereinstellung nicht gelingen sollte. Wir gingen davon aus, dass die Firma reinen Tisch machen wollte und einen weiteren offen auftretenden Organizer ebenfalls bald entlassen würde. Sollte das passieren, hätten wir eine noch schlechtere Position um reagieren zu können.

 

Anstatt unsere Forderungen auf meine Wiedereinstellung zu beschränken, entschieden wir uns, sie in den Kontext der firmeneigenen subjektiven und üblicherweise ungerechten Disziplinarmaßnahmen zu stellen. Diese Strategie erwies sich als sehr hilfreich. Unsere Forderungen waren in eine Petition eingebaut, kombiniert mit einem persönlichen Brief den ich an meine KollegInnen geschrieben hatte um über die Vorwürfe, die zu meiner Entlassung führten, aufzuklären. Die Forderung nach meiner Wiedereinstellung erwies sich als sehr motivierend für diejenigen ArbeiterInnen, die mich kannten. Sogar die übergeordnete Forderung war erfolgreich, um die weitere Unterstützung einer größeren Menge von KollegInnen – die in der Vergangenheit schon einmal selber Opfer der firmeneigenen missbräuchlichen Praktiken wurden, zu erlangen.

 

Das Komitee verstand, das wir mit der Petition schnell reagieren müssten, da das Thema noch in den Köpfen der KollegInnen präsent war. Die Wut, noch frisch und heiß, kann bei Missständen so schnell aufflammen wie sie dann auch wieder erlöschen kann, wenn es keinen zeitnahen Weg mittels Aktion nach Vorne gibt: lähmende Resignation ist häufig die Folge. So setzte sich das Komitee einige unmittelbare Ziele: Erstens, die Koordination einer Delegation von 4 bis 6 ArbeiterInnen und die Erstellung einer Petition, unterschrieben von 25 ArbeiterInnen, fertig zur Übergabe innerhalb einer Woche. Außerdem präsentierte das Komitee am nächsten Tag bei dem Treffen der »Food&Retail Workers United (FRWU)3 Industrial Organizing Komitee (IOC)« ihren Eskalationsplan den anderen Fellow Workers, um Rückmeldungen zu erhalten. Wir erstellten eine Karte der sozialen Kontakte unseres Arbeitsplatzes und den dazu gehörigen BetriebsorganizerInnen, um sich mit einem Dutzend KollegInnen, die wir als mögliche UnterstützerInnen der Petition identifiziert hatten, zu treffen.

 

Als entlassener Arbeiter hatte ich eine dreifache Rolle in der Organizing-Kampagne:

1) Unterstützung der Einzelgespräche, 2) Aushilfe in allen Kampagnen-Belangen sein und 3) Vorbereitung einer Beschwerde über unfaire Arbeitshandlungen10 bei der Nationalen Behörde für Arbeitsbeziehungen (»NLRB«), falls wir uns entscheiden sollten, sie einzureichen. Die erste Aufgabe war die wichtigste: die Verabredung von Einzelgesprächen und die Unterstützung der zwei-zu-eins5 Treffen mit meinen Fellow Organizer. Meine übliche Rolle in diesen Gesprächen war der Anheizer, während meine Fellow Organizer die Bildungs-, Impfungs- und Organisierungsaufgaben übernahmen. Diese Gespräche waren sehr emotional und belastend, denn wir fanden im Laufe dieser heraus, wieviele unbekannte Missstände, schiefgegangene Disziplinarmaßnahmen und riesige Angst die KollegInnen vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes hatten. Normalerweise brachten die KollegInnen die Frage nach gemeinsamer Organisierung selbst zur Sprache. Für mich persönlich, war der schwierigste Teil, die ArbeiterInnen nach ihrer Unterschrift der Petition zu fragen, da ich nicht garantieren konnte, dass ich bei ihnen sein könnte, sollten sie ebenfalls mit einer Entlassung konfrontiert werden.

 

Als generelle Aushilfe verbrachte ich die meiste Zeit im Büro der »IWW« mit der Organisation von kleineren Aufgaben zur Fertigstellung der Petition. Der Papierkram – Koordinierung der Übersetzung der Dokumente, Erstellung von Kopien und der Übergabe an OrganizerInnen – war zu erwarten. Die heilsamste der Aufgaben war die mehrmalige Rückkopplung mit den OrganizerInnen um sie nach dem Verlauf ihrer Einzelgespräche zu fragen. In diesen ersten beiden Wochen traf sich das Komitee regelmäßig im Büro um sich über Eskalationsstrategien, Einzelgespräche und der Frage, wie man mehr ArbeiterInnen erreichen könnte, auszutauschen.

 

Insgesamt unterzeichneten 34 ArbeiterInnen die Petition mit der Beschwerde über die Disziplinarmaßnahmen und der Forderung nach meiner Wiedereinstellung. Eine Woche nachdem ich gefeuert wurde, platzten vier OrganizerInnen in ein Treffen der ChefInnen, unterbrachen es, verlasen den Forderungskatalog und verkündeten ein Ultimatum. Obwohl diese sich offensichtlich unwohl fühlten, beharrten sie auf ihrer Machtposition. „Wir werden Emmett niemals wieder einstellen“, erklärte ein Eigentümer trotzig.

 

Die Überbringung des Briefes als Höhepunkt unserer Aktionen verstehend, statt als erster öffentlicher Schritt in unserem Eskalationsplan, lag eine Fehleinschätzung der ChefInnen zu Grunde. Denn bald darauf bauten wir mit den internen und externen Aktionen so viel Druck auf, das sie den Beschluss der »Nationalen Behörde für Arbeitsbeziehungen« (NLRB) zu meinem Vorteil akzeptieren mussten.

 

Wie ich meinen Job zurück bekam


Bevor ich mit der Rolle meiner Vorbereitung auf die Beschwerde über unfaire Arbeitshandlungen (»ULP«) ins Detail gehe, möchte ich noch betonen, dass unsere sehr gut geplante Strategie auf den Erfahrungen eines Kollegen basierte, der in unserer Ortsgruppe vor einem Jahr im Rahmen einer anderen Kampagne gefeuert wurde. Diese vorausgegangene Kampagne verloren wir trotz einer - wie wir dachten - starken »ULP« Anzeige. Deshalb fragten sich alle, ob mein Fall einen anderen Ausgang nehmen würde. Der Beschwerdeprozess eines »ULP« ist reines Glücksspiel, die »NLRB« muss gelegentlich mal ein paar ArbeiterInnen gewinnen lassen um die Zufriedenheit mit dem System herzustellen.

 

Während der Beschwerdeprozess über drei Monate in Anspruch nahm, schien das Unvorstellbare einzutreten: Ich ging zurück zur Arbeit. Ich war überrascht die Anweisung zu erhalten, zurück an die Arbeit zu kommen, denn mein „Verdienst“ lag ja darin, darauf hinzuweisen das dringender Verdacht bestand, dass ich entgegen der Regelungen des »NLRB« entlassen wurde. Noch überraschender war, dass ich von der Firma mehr noch als das Urteil des »NLRB« abzuwarten, eine Entschädigung in Kombination mit meiner Wiedereinstellung bekommen sollte. Obwohl sie erst darauf bedacht waren das ich eine Einmalzahlung bekommen sollte, hatte ich bereits das Organizing-Komitee informiert, als auch meinen »NLRB« Sachbearbeiter, das ich keine Abmachung unterzeichnen würde, die nicht meine Wiedereinstellung beinhaltete. Meine erste Intention war, meinen Job wiederzubekommen da ich weiter am Arbeitsplatz organisieren wollte. Doch meine Wiedereinstellung wurde zu einer persönlichen Angelegenheit, da ich mich für die ganze Hilfe der KollegInnen bedanken wollte. So wie ein Angriff auf Eine(n), ein Angriff auf alle ist, wäre mein Sieg, ein Sieg für alle meine KollegInnen.

 

So, wie konnte dieses unvorstellbare Ergebnis zur Realität werden? Ich mache das an vier Faktoren fest: 1) Interne und externe direkte Aktionen 2) eine solide »ULP« Strategie 3) Training und eine erfahrene Gemeinschaft von OrganizerInnen und 4) die firmeneigene Naivität.

 

Erstens, während ich nicht genau weiß, warum das Management entschieden hat mich wieder einzustellen, sagt mir mein Instinkt, das es ohne direkte Aktionen niemals dazu gekommen wäre. Bei einer Sache bin ich mir 100%ig sicher: Ohne interne direkte Aktionen hätte meine Wiedereinstellung meinen KollegInnen niemals so viel bedeutet. Der Marsch zum Boss, Unterschriften unter Petitionen, Pins und Magnete, plus all die Zeit die sich alle ArbeiterInnen den Tag über nahmen um sich zu treffen, Ideen auszutauschen und sich gegenseitig zu motivieren: all das investierten meine KollegInnen. Sie wurden alle zu wirkmächtigen Akteuren innerhalb des Prozesses, obwohl das Management versuchte sie rauszuhalten. Darüber hinaus glaube ich, dass die Firma vor dem »NLRB« einknickte, hat mehr mit den sichtbaren Aktionen im Betrieb, der Unterstützung und Diskussion um meinen Fall zu tun, denn mit einem böse formulierten Brief des »NLRB«. Mit der Botschaft, das ich möglicherweise die »ULP« „gewonnen“ hatte, riskierte die Firma, das sie mit einem Einspruch gegen diese Entscheidung die Belegschaft so stark polarisieren würde, das sie sich mehr in Richtung des Organizing-Komitees bewegen würde, als in ihre Richtung. Das war das Ereignis, das die OrganizerInnen im Betrieb erreichen wollten und die Situation, mit der sie auch eine weitere Eskalation vorbereiten wollten.6

 

Extern gründeten Wobblies7 im »Food & Retail Workers United-Industrial Organizing Comittee« (FRWU-IOC) ein „FreundInnen von Emmett“ Komitee, dass damit beauftragt war einen zweimonatigen Eskalationsplan zur Mobilisierung der KundInnen und der Gemeinschaft die hinter mir Stand, zu erstellen. Wir wussten, das dieser Support notwendig für unsere Moral als OrganizerInnen war und hoffentlich wie eine Art Leuchtfeuer für weitere interne Aktionen von ArbeiterInnen funktionieren würde. In jedem Schritt des Eskalationsplanes überlegten Wobblies im Organizing-Komitee und FreundInnen-Komitee, wie diese Aktionen die ArbeiterInnen am Arbeitsplatz polarisieren würden.

 

Unsere externe Strategie basierte vor allem auf der Teilnahme von Solidaritätsaktionen von gefeuerten Wobblies der letzten Jahre. Einige von diesen Aktionen benötigten nur einen Wobbly am Arbeitsplatz ohne Kampagne, andere waren in ein Untergrund-Organizing-Komitee eingebunden. In vielen dieser Aktionen strengten OrganizerInnen ein schnelles und aggressives öffentliches Konzept für verschiedene Szenarien an: Die Gewerkschaft oder Solidaritätsgruppe würde weiter nahezu sofort eskalieren mit Streikposten, Demonstrationen, Medienveröffentlichungen und würden so neue Maßstäbe setzen. OrganizerInnen fanden es schwierig den Druck zu erhöhen, die Häufigkeit von Aktionen durchzuhalten und unorganisierte ArbeiterInnen auf unsere Seite zu ziehen. Während die Anwendung dieser sehr intensiven emotionalen und ökonomisch schädigenden Aktionen unter bestimmten Umständen wie Lohnraub und wenn ein einzelner Wobbly eine ungerechtfertigte Kündigung erhält, effektiv sind, benötigt es auf der anderen Seite auch die Existenz eines Unentdeckten-Organizing-Komittees mit OrganizerInnen die jedes Level der Aktion am Arbeitsplatz bedenken.

 

Dadurch, dass wir die Geschlossenheit und Reichweite unseres Komitees an verschiedenen Arbeitsplätzen als zu klein einschätzten um selbst Streikposten zu machen, mussten wir darauf achten, das wir nicht das vorherige Ergebnis erzielten: Ein Kleinerwerden der Kampagne. Das „FreundInnen von Emmett-Komitee“ entwickelte einen genauen Eskalationsplan, der Stufenweise gesteigert wurde um sicherzustellen, dass externe und interne Kampagnen die Chance hatten sich aufeinander abzustimmen. Es war einfach so, das die OrganizerInnen im „FreundInnen von Emmett-Komitee“ davon ausgingen, dass es nicht ein Werkzeug war um meinen Job wieder zu bekommen, sondern um öffentliche Deckung für das Organizing im Betrieb und die Initiierung von Aktionen zu machen.

 

Der erste Schritt im externen Eskalationsplan, der zufälligerweise damit zusammenfiel, das die Firma die »NLRB« Benachrichtigung bekam, war eine KundInnendelegation. Eine Gruppe von KundInnen, organisiert vom „FreundInnen von Emmett“ Komitee, in dem auch ein Wobbly des »FRWU-IOC« war, übergaben und verlasen einem der Besitzer vor meinen KollegInnen (und ein paar zufällig anwesenden KundInnen) die Forderung nach meiner Wiedereinstellung. Wir hielten den Rest des Eskalationsplanes, der Plakatieren in der Umgebung, Flyer verteilen, eine Umfrage und eine weitere Delegation beinhaltete, so lange zurück, bis wir eine Reaktion der Firma bekamen.

 

Die zweite Komponente die ich für meine Rückkehr verantwortlich mache, ist die »ULP« Strategie, die das Organizing-Komitee mit Hilfe der Unterstützung von Fellow Workern sowohl lokal, als auch im ganzen Land bekam. Vielmehr, als direkt zur »NLRB« zu laufen, rückte ich die Kampagne mit direkten Aktionen meiner KollegInnen in den Vordergrund und dachte darüber nach ob und wie der »ULP« Prozess zu unserem Vorteil genutzt werden könnte. Wie ich vorher schon beschrieb, war das eine meiner letzten Aufgaben als gefeuerter Organizer. Während der Wochen in denen ich mich hauptsächlich des Verfassens der Beschwerde widmete, las ich mich durch verschiedene »NLRB« Urteile und kontaktierte verschiedene Fellow Worker und verbündete ArbeitsrechtlerInnen um sicher zu gehen, das mein Fall auch solide genug war.

 

Tagelang überlegte ich hin und her ob ich die Beschwerde als »IWW« einreichen sollte. Während die Kampagne noch nicht öffentlich war, war mein Engagement bei der »IWW« nur außerhalb des Arbeitsplatzes bekannt. Letztendlich fällte ich die Entscheidung, die Beschwerde nicht als Mitglied der »IWW« oder einer unabhängigen Gewerkschaft einzureichen. Mal abgesehen von den Vor-, und Nachteilen, konnte ich nicht nicht sicher gehen ob die Firmenleitung etwas über meine Gewerkschaftsmitgliedschaft wusste. Deshalb konnte ich es nicht zeigen, und das Management würde mir auch keine anbieten, dann könnte der »NLRB« Sachbearbeiter es auch nicht beweisen. Die Gewerkschaft an dieser Stelle ins Spiel zu bringen, hätte nur die OrganizerInnen in die Postion gebracht auf eine Anti-Gewerkschaftskampagne reagieren zu müssen, auf die sie nicht effektiv hätten reagieren können. Außerdem war die Hauptsache für die »ULP«, das der »NLRB« Sachbearbeiter sich auf meinen wichtigsten Teil der Dokumentation konzentrierte: Der Bearbeitung des eindeutigen Verstoßes der Geschäftsführung gegen ein Arbeitnehmer-Sektion-7-Recht; an dem Kündigungsschreiben erkennbar.

 

Da meine Beschwerde angenommen wurde, ging ich in das Treffen mit dem »NLRB« Sachbearbeiter mit einer klar ausgeführten, und mit allen Beweisen belegten Begründung. Mit so einer guten Vorbereitung, hatte ich genug an der Hand um meine Erzählung damit zu beginnen, dass ich der wichtigste Teil einer Petitionsübergabe war. So wie Ziel weiterer dokumentierter Anfeindungen durch die Geschäftsleitung (Hallo, Gewerkschaftszeitungen!), die auch weitere Personalwechsel plante um mich zu isolieren und letztendlich zu feuern. Ja, ich hatte die Versuchung noch andere nicht beweisbare Themen anzuschneiden, aber ich beschränkte mich darauf, nur auf die Anschuldigungen in der Kündigung zu antworten.

 

Der Zeitpunkt war ebenfalls strategisch sehr wertvoll im Zusammenhang mit der »ULP« Beschwerde. Einen Tag nachdem die Geschäftsführung eine Betriebsversammlung einberief, in der ArbeiterInnen meine Wiedereinstellung forderten und in der die EigentümerInnen meine Kündigung verteidigten, so wie sich gegen andere Disziplinarmaßnahmen wehrten, erhielt die Firma den Brief der »NLRB« mit der Information, dass eine Untersuchung eingeleitet wurde. Wie mir mein Fellow-Organizer später mitteilte, sah der Abteilungsleiter als er die Nachricht von der Untersuchung bekam aus, als wenn er sich übergeben müsste.

 

Die nächste Danksagung für diesen Erfolg geht an das »IWW« Organizer-Training8 und die Gemeinschaft der Wobbly OrganizerInnen mit denen ich glücklicherweise in der Ortsgruppe bin. Ihr wisst, wieviel wir über Dokumentation und diese Arbeitsplatzberichte reden? Also, diese waren sehr wichtig dabei meinen Job wiederzubekommen. In diesen Berichten und meinem Kalender, dadurch das ich alle meine Einzelgespräche dokumentierte – einige von ihnen Jahre zurück liegend, war es mir möglich meine Geschichte für meine KollegInnen und die »NLRB« aufzubereiten. Außerdem Danken möchte ich den zahlreichen OrganizerInnen die ich in den ganzen Jahren in der »IWW« kennen gelernt habe, die mir die Fähigkeiten gaben zu Wissen wie man reagieren muss, während die ganze Gemeinschaft von Wobblies die um mich herum während der Planung der Kampagnenstrategie präsent war (ohne die unzähligen Burritos und zeitaufwendige Förderung durch den Organizer-Härtefallfonds erwähnt zu haben).

 

Am Ende glaubte das Management arrogant, das ihre Macht es ihnen erlauben würde mich leise zu feuern und so begründen zu können wie sie wollten. Da sie das taten, hatten sie den größten Anteil daran, meine KollegInnen so zu polarisieren um mich zu unterstützen und gaben mir genug Mittel für die Beschwerde bei der »NLRB« an die Hand. Unter der langen Liste von Anschuldigungen die auf meiner Kündigung standen, kamen noch die ganzen dokumentierten Vorfälle dazu, die ich in den Gesprächen mit meinen KollegInnen über Personalmangel, Umsatzbeteiligung und fehlendes Urlaubsgeld erfahren hatte. Natürlich war ich nicht der Einzige, der diese Themen im Betrieb diskutierte; die Verwunderung im Zusammenhang mit unserem fehlenden Urlaubsbonus dieses Jahr wurde zum dauerhaften Anlass zur Frustration und Ablehnung der KollegInnen in der ganzen Firma.

 

Darüber hinaus hatte ich an vielen direkten Aktionen in der Vergangenheit teilgenommen. Eine der wichtigsten Aktionen die unsere ganze Abteilung einschloss, war nach dem Ablauf der Frist für eine »ULP« Beschwerde bei der »NLRB«. Ich lernte wie man effektiv argumentieren kann, dass individuelle Aktionen vom Gesetz geschützt werden und wie sie dann auf eine kollektive Aktion ausgedehnt werden können.

 

Wie auch immer, diese Naivität und Arroganz des Managements wird die Geschäftsführung wahrscheinlich nie mehr an den Tag legen. Seit meiner Entlassung stellte die Firma einen erfahrenen Personalchef ein, der verschiedene Meetings mit AnwältInnen einberufen hat um sicherzugehen, das sie nie wieder für eine ungerechtfertigte Kündigung oder andere Vergehen gegen das Arbeitsrecht haftbar gemacht werden können.

 

Ich war zurück


An den Arbeitsplatz zurückzukommen war irgendwie unwirklich; Ich war auferstanden von den Toten, wie meine KollegInnen es nannten. Meine Rückkehr hätte nicht besser sein können. Vielmehr als leise an den Arbeitsplatz zurückzukehren als wenn nichts passiert wäre, entschieden wir uns dazu, diesen Moment als Erfolg auszukosten und den Ton anzugeben den das Management ab sofort zu erwarten hätte. Drei Fellow Organizer begleiteten mich als ich den Betrieb enterte. Als ich in den Pausenraum kam, wurde ich begrüßt mit „Ich habe Emmett vermisst“ Magneten, die alle Schränke verzierten, und ein paar Leuten die Kopien des »NLRB« Beschlusses hochhielten. Als ich ankam, war da ein Arbeiter der den Beschluss laut vorlas und ungläubig den Kopf schüttelte. An meine Arbeitsmütze heftete ich den Button den meine KollegInnen während meiner Abwesenheit als Zeichen ihrer Solidarität getragen hatten. Meine Fellow OrganizerInnen folgten mir während ich den ersten Fuß in den Betrieb setzte, wo mich Handschläge, Umarmungen und Händeschütteln von allen meinen KollegInnen erwarteten.

 

Die Begrüßung die ich nie vergessen werde, ist die eines morgendlichen Abwaschers, ein Alter Hase in der Firma und 25 Jahre älter als ich. Als KollegInnen sind wir nach verschiedenen Muttersprachen und verschiedenen Abteilungen getrennt, unser Kontakt beschränkt sich häufig auf einen kurzen Austausch wenn wir unseren täglichen Kaffee abfüllen. An dem Tag an dem ich gefeuert wurde, sagten wir uns „Auf Wiedersehen“ und schüttelten uns die Hände, dabei schauten wir uns geschockt und unter Tränen, aber mit einem wohlbekannten Blick in die Augen. Als ich an meinen Arbeitsplatz zurückkam ging ich auf ihn zu um seine Hand noch einmal zu schütteln, da ließ er hastig seinen Wischmob fallen und umarmte mich. Später suchte er mich auf um mir zu sagen wie glücklich er ist das ich zurück sei.

 

Während meiner Schicht am ersten Tag zurück und in den nächsten paar Tagen, hielten mich KollegInnen auf, gratulierten mir und sagten mir wie glücklich sie sind mich wiederzusehen. Meine Antwort zu allen meinen KollegInnen war „Danke für eure Unterstützung. Ich hätte meinen Job ohne euch nicht wieder. Todos juntas!“ Selbst einige Manager gratulierten mir dafür einen guten Kampf hingelegt zu haben! Normale KundInnen die wussten was passiert war, grüßten mich wahlweise mit Umarmungen oder Händeschütteln. Denjenigen die nicht wussten warum ich weg war legte ich dar, dass ich illegal gefeuert wurde und die Firma dazu gezwungen wurde mich wegen des Drucks meiner KollegInnen wieder einzustellen.

 

Was machen wir ab jetzt?


An meinem Arbeitsplatz in diesen Tagen anzukommen erinnert mich ständig daran wie der Kampf ablief. Ich kann es nicht versäumen die „Ich vermisste Emmett“ Magnete die über die ganzen Schränke meiner KollegInnen verteilt im Pausenraum sind anzuschauen, während ich meine Arbeitsschuhe hochlege oder mich für die Mittagspause hinsetze. In meinem Schrank ist die »NLRB« Zurück-an-meinen-Arbeitsplatz-Anweisung, eine Willkommenskarte die ich von einem Kollegen bekommen habe und ein Bild, gemalt von dem 5 Jährigen Sohn einer Stammkundin die - begleitet von ihren zwei Kindern - den KundInnenbrief mit der Forderung meiner Wiedereinstellung an einen Eigentümer übergab. Wenn ich zurück in den Betrieb komme, werde ich von einem Dutzend Gesichter von KollegInnen gegrüßt, die so viel investierten um sicher zu gehen das ich zurück an die Arbeit kann. Seitdem ich gefeuert wurde, hat sich viel geändert. Dem Erfolg meiner KollegInnen und Fellow Organizer ist es zu verdanken, dass die Frage nach dem Grund der Disziplinarmaßnahme schnell an die Öffentlichkeit kam. Dazu kommt, das ArbeiterInnen unsere Bezahlung in Frage stellten und darüber diskutierten das wir eine Stimme an unserem Arbeitsplatz brauchen.

 

Während sich zwar tatsächlich viel geändert hat ist die Machtstruktur noch nahezu unverändert. So lange meine KollegInnen und ich nicht die Macht haben UNSERE Beschäftigungsbedingungen durchzusetzen, so lange, denke ich, liegt es in meiner Verantwortung den Kampf weiterzuführen. So lange die Dinge noch aktuell so sind, sind die Lehren und die Bedeutung unseres Sieges um meinen Job zurückzubekommen von den ArbeiterInnen noch stark verinnerlicht. Wir müssen unsere Arbeitsbedingungen als Erfolgserfahrungen begreifen und die Bedingungen die wir hierzu brauchen verstetigen. Seitdem ich vor ein paar Monaten wieder an den Arbeitsplatz gekommen bin, haben drei meiner KollegInnen gekündigt und eine neue Gruppe von ArbeiterInnen wurden eingearbeitet, ohne die Kampferfahrung die den Rest von uns verbunden hatte. Deshalb müssen wir unsere Geschichten teilen, uns konsequenter organisieren als wir das jemals vorher gemacht haben und uns nicht nur bereit machen auf die unendlichen Attacken des Managements gemeinsam zu reagieren, sondern unsere eigenen Pläne zum Sieg umsetzen. Lasst uns kämpfen; Es gibt keine andere Alternative mehr.

 

Informationen über den Betrieb und die Nachbarschaft:


Emmett arbeitet in einer Konditorei in Portland, Oregon. Portland hat 500.000 EinwohnerInnen und umfasst mit der Region ein Gebiet von ca. 2.000.000 Menschen. Die verkauften Artikel werden von Hand hergestellt, sind komplett „Biound werden an 6 Stellen in der Stadt verkauft. Während das Brot komplett an einem Ort produziert wird, arbeitet Emmett in dem Laden der direkt an die Produktion angeschlossen ist. Diese ist in gewisser Weise damit die zentrale Einrichtung. Sandwiches zum Mittagessen kosten zwischen $und $12 US-Dollar, KundInnen bestellen an der Theke und werden mit ihrem Namen aufgerufen. Das Fleisch kommt von „glücklichen“ Tieren.

In den 6 Betrieben des Unternehmens arbeiten 200 ArbeiterInnen: BäckerInnen, FahrerInnen, Reinigungskräfte, HaustechnikerInnen, Bürokräfte und VerkäuferInnen. Ungefähr die Hälfte der 200 ArbeiterInnen sind in der zentralen Einrichtung beschäftigt. Normalerweise arbeiten 10 bis 12 KollegInnen in Emmetts Abteilung, dem Café.

 

Die KundInnenschaft der Zweigstellen hängt stark von dem Gebiet um sie herum ab. Der Laden von Emmett ist angesiedelt in einer industriellen Nachbarschaft in der zwei Stahlwerke in unmittelbarer Umgebung liegen. Dementsprechend gibt es einen hohen Durchgangsverkehr in der Mittagszeit zwischen 11.30 Uhr und 13 Uhr. Viele der ArbeiterInnen in der Stahlindustrie (so wie viele der ChefInnen) und eine Menge der Angestellten neuerer Geschäfte ziehen in diese Gegend. Die Hafengewerkschaft hat ebenfalls zwei Gewerkschaftslokale in der Gegend. Hinzu kommen eine Menge Familien einer reicheren Gegend, die nur einen kurzen Fahrradweg entfernt wohnen und am Wochenende dort einkaufen

(Anm.: Aus dem Email-Verkehr zwischen dem Autoren und den Übersetzern).

 

Informationen über die »Unfair Labor Practice« Beschwerde (=„Unfaire Arbeitshandlungen“- Beschwerde)


Die »Nationale Behörde für Arbeitsbeziehungen« (»NLRB«), zuständig für die »ULP«-Beschwerde, entschied sich in der Situation von Emmett dem Fall anzunehmen. In der Regel lehnt die Behörde eine solche Beschwerde ab, wenn sie nicht davon ausgeht sie würde vor Gericht keinen Erfolg haben. Das Ziel einer solchen Beschwerde ist es, so schnell wie möglich eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Der Hinweis der Behörde an das Unternehmen, dass ein Verfahren eingeleitet werden würde, kann von diesem auch einfach ohne Folge zur Kenntnis genommen werden. Normalerweise warten die Unternehmen einfach den Gerichtstermin ab, der mindestens 3 Monate in der Zukunft liegt. Nach einem Urteil hätten sie Einspruch gegen das Urteil erheben können und die Prüfung hätte weitere 3 Monate in Anspruch genommen. Unternehmen versuchen durch das hinauszögern Spannung aus dem Konflikt zu nehmen und die Empörung im Betrieb abklingen zu lassen.

Die außergerichtliche Einigung die von Emmett erzielt wurde, war insofern nicht bindend, als dass das Unternehmen auch einfach hätte sagen können: „Wir sehen uns vor Gericht“. Während die Einigung beinhaltete Emmett wieder einzustellen und die ausstehenden Löhne auszahlen zu müssen, beharrten sie auf einer Klausel die Festhielt das Unternehmen hätte keine Fehler gemacht. Sowohl in der Vereinbarung, als auch auf den Treffen beharrten sie darauf, dass die Kündigung das richtige Vorgehen gewesen wäre.

 

Was auffällig war: alle waren überrascht das die »NLRB« zu Gunsten von Emmett entschied und die Firma ihn sehr schnell ohne weitere Beschwerde wieder einstellte. Das ist sehr ungewöhnlich. Es gab einen sehr ähnlichen Fall ein Jahr zuvor indem die »NLRB« zu Gunsten der Firma entschied. Es ist zwar so, dass die Chancen für das Unternehmen schlecht standen, aber ArbeiterInnen und ChefInnen redeten offen über Emmetts Fall und manchmal hatten sie die Informationen noch vor ihm. Seine KollegInnen gingen davon aus, das er den Fall gewonnen hatte und das Unternehmen hätte bei Protest riskiert den Arbeitsplatz noch weiter zu polarisieren und die Belegschaft weiter gegen sich aufzubringen. Ökonomisch gesehen hatte das Unternehmen kaum Schaden, die Nachzahlung der Löhne kostete sie nicht viel (Anm.: Aus dem Email-Verkehr zwischen dem Autoren und den Übersetzern).

 

Erstmals erschienen in der Zeitung der »Industrial Workers of the World« (IWW) Industrial Worker“ in Ausgabe 1761 im Dezember 2013.


Übersetzt von Mark Richter/ IWW Frankfurt am Main und Jakob Schloer / IWW Kassel

Ebenfalls zu finden auf: http://www.labournet.de/internationales/usa/arbeitskaempfe-usa/wie-ich-g...


Anmerkungen

1 Die deutschsprachige Internetseite ist unter: www.wobblies.de zu erreichen. Die Englischsprachige unter www.iww.org (Anm. d. Ü.).

2 Siehe Infokasten am Ende des Artikels (Anm. d. Ü.).

3 »Organizing« heißt im Fall der »IWW« nicht die Mobilisierung der KollegInnen zu einem vorher festgelegten Zweck, sondern die Organisierung am Arbeitsplatz um gemeinsam Arbeitsbedingungen mittels direkter Aktionen zu verbessern. Die Definitionshoheit des DGB in Deutschland lässt diese Tradition des »Organizing« zu häufig in den Hintergrund treten. Siehe http://www.wobblies.de/iww/dokumente/53-think-it-over-eine-einfuehrung-in-die-ideen-der-industrial-workers-of-the-world (Anm. d. Ü.)

4 Das heißt: für seine KollegInnen sichtbar, für die ChefInnen aber nicht als offizielle Gewerkschaft erkennbar (Anm. d. Ü.).

5 Übertragen auf den deutschen Kontext: die DGB-Gewerkschaften, die sich aktiv an den Standortinteressen Deutschlands beteiligen und sie auf dem Rücken von Lohnabhängigen durchsetzen (Anm. d. Ü.).

6 Um vom Arbeitgeber als offizielle Gewerkschaft, zuständig für den Betrieb, anerkannt zu werden, muss eine Wahl am Arbeitsplatz durchgeführt werden. Wenn die Gewerkschaft nicht die Mehrheit erlangt, darf sie nicht offiziell verhandeln. Doch Gewerkschaften wie die »IWW« setzen nicht immer darauf, zu solchen Wahlen anzutreten, da die Propagandaschlacht im Vorfeld sehr schwer zu gewinnen ist. Um aktiv im Betrieb zu sein und die Kontrolle über den Arbeitsprozess zu erlangen, sind Direkte Aktionen und Komitees hilfreicher (Anm. d. Ü.).

7 Fellow Worker lässt sich nicht genau mit „KollegIn“ übersetzen, es kommt eher dem Begriff „GenossIn“ nahe und bleibt deshalb im Original (Anm. d. Ü.).

8 Ein Komitee ist in der »IWW« der Aktivenkreis der Belegschaft, die Aktionen am Arbeitsplatz organisiert. Ein anderer Begriff dafür ist: Betriebsgruppe (Anm. d. Ü.).
9 Die Industrie/ bzw. Sektorgewerkschaft der »IWW« in diesem Fall, war die Lebensmittel/ Gastronomie (Industrial Union 460). So eine Branche genug Mitglieder hat, treffen sie sich um gemeinsame Pläne für das Organizing in dieser Branche zu machen (Anm. d. Ü.)   
 

10 Im Original: „Unfair Labor Practice (ULP)“ (Anm. d. Ü.).

11 Im englischen Original: „2 on 1“ Treffen. (Anm. d. Ü.).

12 Siehe Infokasten zur »ULP«-Beschwerde am Ende des Textes (Anm.d.Ü.).

13 Wobbly/Wobblies“ ist die umgangssprachliche Bezeichnung der Mitglieder der »IWW«: Die Herkunft dieser Bezeichnung ist unbekannt (Anm. d. Ü.).

14 Wenn du nicht damit vertraut bist wie die IWW organisiert, empfehlen wir das du die IWW Organizing Abteilung kontaktierst um ein Training zu organisieren. In einem Training werden von der IWW ausgebildete TrainerInnen in deine Stadt kommen und dir zeigen wie du deinen Arbeitsplatz organisieren kannst. Im deutschsprachigen Raum kannst du das Organizing Training Komitee unter organize@wobblies.de erreichen. Wenn du außerhalb Deutschlands, Österreich oder Schweiz wohnst, gehe auf www.iww.org und erreiche OrganizerInnen in deinem Land (Anm. d.Ü).