Koalition kürzt Mittel für Abhörzentrum

Erstveröffentlicht: 
10.04.2015

Polizisten profitieren von Änderungen im Haushalt Von Andreas Debski Dresden. Das sächsische Innenministerium setzt beim Abhörzentrum überraschend den Rotstift an: Laut Informationen dieser Zeitung sollen 750000 Euro der bislang im Haushalt für die Jahre 2015 und 2016 eingeplanten 3,9 Millionen Euro gestrichen werden - um die Ausweitung der Wechselschichtzulage für Polizisten finanzieren zu können. Bislang hatte das Innenministerium größten Wert auf gerade diese Investition in die polizeiliche Zukunft gelegt. Das von den ostdeutschen Bundesländern avisierte gemeinsame Rechen- und Dienstleistungszentrum auf dem Gebiet der Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) sei dringend notwendig, um technisch auf dem neuesten Stand zu bleiben, hieß es immer wieder zur Begründung. Dafür brauche es "erhebliche technische, finanzielle und personelle Kapazitäten".


Das Abhörzentrum hatte sowohl für Zwist in der sächsischen CDU/SPD-Regierung als auch zwischen den beteiligten Ländern gesorgt. So hat Brandenburg im neuen Etat noch kein Geld für das TKÜ eingeplant. Thüringen überlegt sogar, sich aus der 2012 vereinbarten Kooperation zurückzuziehen. Sachsen ist federführend bei dem Projekt, das wohl in den nächsten beiden Jahren angegangen werden sollte. Als Sitz ist angeblich Leipzig im Gespräch - von hier könnten dann Telefone und Computer von Verdächtigen abgehört und ausgespäht werden. Für das Kompetenzzentrum gibt es allerdings noch keinen länderübergreifenden Beschluss gibt, obwohl die entsprechenden Gespräche bereits im Jahr 2012 begonnen haben.


"Die sächsische Koalition beginnt offenbar, selbst am TKÜ zu zweifeln", kommentiert Valentin Lippmann, der innenpolitische Sprecher der Grünen, die Streichung der Investitionsmittel, "vielleicht ist man ja sogar zu der Ansicht gekommen, dass die Kosten gar nicht mehr anfallen werden." Die Grünen hatten vor Kurzem einen Antrag gestellt, das Projekt gänzlich fallen zu lassen, was allerdings von der Koalitionsmehrheit aus CDU und SPD abgewiesen worden war. Daneben hatten auch die Linke sowie Datenschützer das geplante Abhörzentrum mehrfach kritisiert. Der innenpolitische Sprecher der Linken, Enrico Stange, hatte das TKÜ zuletzt als "spinnerte Idee" bezeichnet, für die es keine Rechtsgrundlage gebe.


Hintergrund der aktuellen Mittelreduzierung ist offenbar die Einigung von CDU und SPD, Verbesserungen für Polizisten einzuführen. Deshalb sind im März unter anderem zusätzlich jeweils 500000 Euro für die beiden Jahre 2015 und 2016 als Wechselschichtzulagen - die für dauerhaft rotierende Arbeitszeiten gezahlt werden - zugesagt worden. Das Innenministerium musste nun offenbar nach einem Etat-Posten suchen, um die Finanzierung abzusichern.