In rechter Gesellschaft

Erstveröffentlicht: 
09.03.2015

Im thüringischen Zeulenroda hat das „Lesertreffen“ des extrem rechten Monatsmagazins „Zuerst!“ mit rund 400 Teilnehmern stattgefunden. Die Kontrolle der Polizei regte die Gäste auf. Am Freitag standen Einsatzkräfte an der Zufahrt zu dem Bio-Seehotel in Zeulenroda. In dem idyllischen Hotel am See nahe der thüringischen Gemeinde fand das „Lesertreffen“ des extrem rechten Monatsmagazins „Zuerst!“ statt. (bnr.de berichtete) Kopfschüttelnd standen einzelne Herren bei der Anreise im Foyer. „Rechtsextreme?“, nein, so verstanden sie sich nicht.

 

An die 400 Besucher nahmen an dem Treffen vom 6. bis 8. März teil. Lange Zeit hatten die Veranstalter, der Verleger von „Zuerst!“, Dietmar Munier, und der Chefredakteur dieses „deutschen Nachrichtenmagazins“, Manuel Ochsenreiter, den genauen Ort nicht breit bekannt gegeben. Die Tagung werde in einem „erstklassigen Tagungshotel im Raum Sachsen-Anhalt/Thüringen“ stattfinden, schrieben sie in der Einladung und versprachen: „Sie werden vom Hotel und seiner Lage begeistert sein.“ Am Freitag waren die Teilnehmer, meist Herren und Damen jenseits der 50, von dem Tagungsort auch angetan. „Nur diese Kontrolle, unglaublich“, war über die Tage immer wieder zu hören. Leichte Enttäuschung kam aber kurz wegen der Programmänderungen auf. „Ein Programm der Superlative“ hatten Munier und Ochsenreiter für das Treffen, das auch gleichzeitig die Jahrestagung des „Schulvereins Ostpreußen“ war, angekündigt.

 

Im großen Veranstaltungssaal mit Blick auf den See lief am Freitag noch alles nach Programm: Menno Aden, Vorsitzender der Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft, referierte über „Feindliche Verwandtschaft: Deutsche Fürsten auf fremden Thronen“ und Obert a.D. Klaus Ulrich Hammel sprach von dem „Schicksalsjahr 1945: Der Untergang Ostpreußens“.

 

Liveschalte zu Alexander Dugin

Am Samstag musste jedoch der russische Politiker und Philosoph Alexander Dugin (bnr.de berichtete) per Sky zugeschaltet werden. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck hatte gefordert, die Einreise von Dugin zu unterbinden. „Dugin gilt als führender Kopf der faschistischen Bewegung in Russland und hat vor allem in rechtsextremen Kreisen eine europaweite Wirkung“, sagte Beck und betonte, Dugin würde den Gedanken der Völkerverständigung belasten, „wenn er die Auflösung von Ungarn, Rumänien, Serbien, Slowakei und Österreich in einem Großreich fordert“. Doch nicht diese Forderung führte zu Dugins Fernbleiben. Die russischen Behörden wollten Dugin nicht ausreisen lassen, da sie wegen des Attentats auf den Regierungskritiker Boris Nemzow einen Racheakt unter anderem gegen ihn befürchteten.

 

Vor der Liveschalte legte Ochsenreiter noch die vermeintlichen Zusammenhänge der Auseinandersetzungen in Syrien und der Ukraine dar. Gebannt schauten dann die Gäste auf die große Leinwand, um Dugins in deutsch ausgeführten vehementen Angriff auf den „Liberalismus“ zu verfolgen. Deutlich wurde der Vordenker eines „Neo-Eurasismus“, der 1994 die „Nationalbolschewistische Partei Russland“ und 2002 die „Eurasische Partei“ mitgründete. Seit Jahrzehnten wettert Dugin, der auch mal den Kreml beriet, dass das EU-„Imperium“ mit seinem liberalen Individualismus und seinem „Menschenrechtsimperialismus“ die „unterschiedlichen Traditionen, die ethnischen Unterschiede und kulturellen Identitäten auf dem europäischen Kontinent“ zerstören würde.

 

Die weiteren angekündigten Referenten des Samstags Akif Pirinçci, James Bacque und Walter Post erschienen gar nicht. Stattdessen referierten der ehemalige Generalmajor Gerd Schultze-Rhonhof und Oberstleutnant a.D. Alfred E. Zips. Der rechten Wahrnehmung der deutschen Geschichte haben sich beide verschrieben. Im Saal bemühte sich der „nationale Barde“ Frank Rennicke um die Technik.

 

Am Sonntag lief indes alles nach Programm. Jan von Flocken redete über der  „Eiserne Kanzler: Zum 200. Geburtstag von Otto von Bismarck“. Die FPÖ-Politikerin Barbara Rosenkranz forderte „Europa fördern, EU zähmen, Euro stoppen“.

 

Holocaust-Leugnerin Haverbeck hinaus komplimentiert

Für den angekündigten Volkstanz wurden im Veranstaltungssaal die Stühle beiseite geschoben. In einem anderen Saal lag das breite Programm der Verlagsgruppe Lesen und Schenken aus, deren publizistisches Flagschiff „Zuerst!“ ist. Der „Schulverein“ war mit einem Stand präsent.

 

Zum Eklat kam es, als Dietmar Munier die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck hinaus komplimentierte. Nach einer Diskussion verlies die 86-Jährige mit Teilnehmern die Veranstaltung. Diese Vehemenz Muniers überrascht nicht. 2012 bekam sein bemüht biederes Image durch den Besuch des Holocaust-Leugners Ernst Zündel bei seiner privaten Sonnenwendfeier in Martensrade einen Riss. In der schleswig-holsteinischen Gemeinde ist das Verlagshaus angesiedelt.

 

Das Personal im Zeulenrodaer Bio-Seehotel war von den Gästen angetan. „So nette Leute, so freundlich“, sagte die Bedienungen öfter. Extreme Rechte stellt man sich hier wohl eher gewaltbereit und dumm vor. Auf den Namensschildern war allerdings vor den Namen häufiger ein „Dr.“ zu sehen.

 

Am Freitag hatte die Linken-Landtagsabgeordnete Diana Skibbe aus Zeulenroda-Triebes den Hotelbetreiber aufgefordert, den Vertrag zu stornieren, um den Ruf seines Hauses und der Stadt nicht mit einer bundesweiten Veranstaltung des Rechtsextremismus in Verbindung zu bringen. Am selben Tag erklärte die Geschäftsführung des Hotels um Prof. Hans B. Bauerfeind auf Nachfragen der Presse schriftlich, zu „bedauern, dass derzeit eine Tagung im Bio-Seehotel Zeulenroda solche Reaktionen hervorruft“, sie seien aber „nicht Ausrichter oder Förderer von Veranstaltungen“. Und es wurde betont: „Wir identifizieren uns in keiner Weise mit politischen Meinungen unserer Hotelgäste.“ Im Saal ließ sich Bauernfeind, der für die CDU im örtlichen Stadtrat war, aber von Gästen beglückwünschen, sie hier tagen zu lassen.