[B]: Pegida-Nachfolgedemo am 28. Februar

sternmarschberlin

Am 28. Februar planen rechte Verschwörungstheorieanhänger*innen eine große Demonstration in Berlin. Redner sind u.a. der Herausgeber des Compact-Magazins Elsässer und der für seine Aggresivität bekannte Pegida-Redner Stephan Simon. Der Anmelder der Berliner Demonstration „Journe Berlin“ besuchte und bewarb auf seinem Facebook-Profil Pegida-Demos. Mehrere Tausend Menschen haben bei Facebook ihr Kommen angekündigt, das ist deutlich mehr als bei vergleichbaren anderen Verschwörungsdemos. Das vorgeschobene Thema der Demo ist der Ukraine-Krieg.

 

Pegada, Endgame, Reichstagsdemos

Die Friedensmahnwachenbewegung mobilisierte im letzten Jahr tausende Menschen in ganz Deutschland. Nach einer gewissen Zeit nahm die Beteiligung an den Mahnwachen ab und die Bewegung spaltete sich. Auf die Pegida-Demos reagierten die Mahnwachenleute unterschiedlich. Der rechtsreaktionäre Teil ging teilweise in der Bewegung auf, mobilisierte mit zu den Demos und freute sich wieder Teil einer großen, völkischen Bewegung zu sein. Der andere Teil witterte eine Verschwörung und glaubt die Pegida-Bewegung wäre vom Staat initiiert um das „Volk“ zu spalten. Eine wirkliche Kritik an Rassismus und Nationalismus findet sich bei den Verschwörungstheorieanhänger*innen nicht.

Nun versuchen die rechtsreaktionären Friedensmahnwachenleuten die Mobilisierungsdynamik durch Pegida zu nutzen. Die ersten Versuche waren die Pegada/Endgame-Demos in Erfurt (1000 Leute) und Halle (200 Leute). Auch in Berlin mobilisiert Bergada zu den wöchentlichen Bärgida-Demos. Nun wurde aus einem ähnlichen Kreis die Demonstration in Berlin geplant. Dabei ist antimuslimischer Rassismus für sie kein großer Mobilisierungspunkt. Denn religiöser Fundamentlismus ist für sie eine Verschwörung von oben. Bei Pegada wird die Islamisierung demnach konsequent durch Amerikanisierung ersetzt. Dafür ist der Antisemitismus bei den Mahnwachenleuten deutlich präsenter. Gemein mit Pegida haben sie das Gefühl für das „deutsche Volk“ zu stehen, eine Nähe zur Reichsbürgerideologie und einen antiaufklärerischen Impuls. Die Reflexion über Herrschaftsverhältnisse und die eigenen Privilegien wird vehement abgelehnt, alles Böse kommt von oben, von den Parteien, Bilderbergern, Atlantikbrücken.... Der gemeinsame Held ist Putin, er verkörpert den weißen, reaktionären Mann, der die dekante Lebensweise des Westens ablehnt und autoritär durchgreift. Die Hinwendung zum autoriären Politikmodell in Russland ist ein auch zentraler Punkt in der Pegida-Mobilisierung. Bei der Demonstration am kommenden Samstag steht die Solidarität mit Putin im Vordergrund, vermittelt über eine Gegnerschaft zum westlichen Eingreifen im Ukrainekrieg. Dabei geht es bei einer Kritik an der Demonstration nicht darum, dass eine Gegnerschaft zum westlichen Agieren problematisch wäre. Sondern es geht darum, wer die Demonstration organisiert und welchen Impuls sie hat. Es ist kein Zufall, dass zur Berliner Demo ähnliche Redner wie bei Pegida und Legida erwartet werden, denn die Demoorganisator*innen teilen sehr ähnliche Überzeugungen.

Interessant ist in diesem Kontext auch die Bedeutung von russisch finanzierten Medien und Seiten. RT deutsch hat eine große Relevanz in Verschwörungstheoriekreisen, bietet aber auch immer einen Livestream von Pegida an. Auch der Radiokanal „Sputnik“ gewinnt an Bedeutung für eine rechtsreaktionäre Mobilisierung. Es ist wahrscheinlich, dass die russische Regierung versucht den Westen mit seinen eigenen Waffen zu schlagen (finanzielle Unterstützung von Organisationen und „unabhängigen“ Medien). Die laufenden Mobilisierungen sind deswegen auch in einen geostrategischen Kontext einzuordnen.

 

Soziale Netzwerke

Die radikale Linke hat die Mobilisierung in den sozialen Netzwerken (Hogesa, Pegida) in den letzten Monaten immer wieder unterschätzt. Dieser Fehler sollte nicht ein weiteres Mal passieren.

Die Veranstaltung zur Demonstration wurde von Anhänger*innen der Friedensmahnwachen erstellt. Sie wurde schon mehrfach gelöscht. Diese Löschug geht entweder direkt auf Facebook zurück oder auf die Organisator*innen selbst, um mehr Aufmerksamkeit zu erregen. Die Veranstaltung hatte dabei zweimal über 3000 Zusagen.

Es ist unklar, wieviele Menschen konkret am kommenden Samstag zu erwarten sind. Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine Teilnehmer*innenanzahl von 200-2000 Menschen deutlich wahrscheinlicher, eine Mobilisierungsdynamik in den nächsten Tagen ist aber denkbar. Die Veranstaltung wurde vom Compact-Magazin, vom rechtsreaktionäre Anonymous-Account, den „Bärgida-Supporters“ und vielen Verschwörungstheorieanhängern beworben. Es sind einige Redner*innen aus dem Friedensmahnwachenspektrum angekündigt.

Zur Zeit läuft ebenfalls eine deutlich größere Mobilisierung für den 8. Mai zum Reichstag. Auch hier ist eine deutliche Pegida-Nähe der Veranstalter*innen feststellbar. Der Reichstag hat für die neuen, völkischen Bewegungen einen großen Reiz. Sie können sich hier wichtig fühlen. Die Mobilisierung am 8. Mai will dann auch direkt eine Übergangsregierung gründen. Die massenhafte Verwendung der Wirmer-Flagge auf Pegidademos zeigt den Willen dieser Bewegung die bestehende Grundordnung zu überwinden und ein neues, deutsches Reich zu gründen.

Auch wenn der spezifische Rassismus der Pegida-Bewegung fehlt, ist auch bei den Ansätzen der Verschwörungsleuten eine elementare Gefahr für alle nicht-konformistischen Lebensentwürfe vorhanden. Es bleibt zu beobachten, ob sie die zahlreichen Spaltungslinien der „neuen Friedensbewegung“ überwinden können.

Der Aufruf zum 28. Februar versucht eine Querfront zu bilden, von links nach rechts. Das ist zwar sehr lächerlich, weil die Organisator*innen in ihren eigenen Beiträgen ständig gegen linke Menschen hetzen. Dass sie eine Querfront aber für ein erreichbares Ziel halten, liegt an dem Verhalten von linken Personen und Institutionen im Umgang mit der völkischen Mahnwachenbewegung. Es kam und kommt zu vielfältigen Kooperationen von der Linkspartei, der alten „Friedensbewegung“ und ehemals linken Aktivisten wie Pedram Shayar mit den Verschwörungsleuten.

Wir sollten die Demo am 28. genau beobachten und eine neue, völkisch-reaktionäre Bewegung gar nicht erst entstehen zu lassen.

Jürgen Elsässer schreibt: „Meine Rede bei Legida am 21.1. könnt Ihr hier im Video sehen – und ich verspreche, dass ich am kommenden Montag auch wieder “Butter bei die Fische” gebe. (ab 19 Uhr, Augustusplatz, 10 Gehminuten vom HBF Leipzig). Dann am Samstag 28.2. ein Auftritt bei der neuen Friedensbewegung in Berlin (14 Uhr, Reichstag): “Deutschland raus aus dem Ukrainekrieg”. Mein Ami-Go-Home wird, wie in Leipzig zuvor, auch hier wieder zu hören sein…“

 

Am 28. Februar gibt es eine große Mobi nach Dresden zu einer antirassistischen Demo. Das ist richtig und wichtig. Es bleibt außerdem wichtig, sowohl Bärgida als auch die Heimnazis in Marzahn weiter mit Protest zu begleiten. Aber wir sollten auch die neuen rechtsreaktionären Bewegungen frühzeitig beobachten und Proteste organisieren.