Asyl-Krisengipfel: Mehr Geld und weniger Bürokratie für Kommunen

Erstveröffentlicht: 
19.02.2015

Ulbig bietet Bundesamt personelle Verstärkung an, damit schneller abgeschoben werden kann

Von Andreas Debski


Dresden. Die Ausgangslage hätte kaum angespannter sein können: Auf der einen Seite der sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU), der händeringend nach Flüchtlingsunterkünften sucht - auf der anderen Seite die Landräte im Freistaat, die sich seit Wochen beim Thema Asyl übergangen und überfordert fühlen. "Wir brauchen keinen Phrasenaustausch mehr", brachte Nordsachsens Landrat Michael Czupalla (CDU) die brenzlige Situation auf den Punkt. Und tatsächlich: Der gestern in Dresden anberaumte Krisengipfel mit dem Innenminister sowie den kommunalen Spitzen sorgte für eine gewisse Entspannung. Ulbig sagte dieser Zeitung nach dem Treffen: "Die Agenda steht - sie ist ein Schritt in die richtige Richtung."


Konkret geht es um ein Paket an Problemen, die sowohl die Landesregierung als auch die Kommunen aufgrund der gestiegenen Flüchtlingszahlen haben. Die nun verabredete Lösung lässt sich auf diese Nenner bringen: Mehr Geld und weniger Bürokratie für die Kommunen, die Asylbewerber aufnehmen, sowie schnellere Bearbeitung der Asylverfahren und vor allem klarere Zuständigkeiten. "Es bringt nichts, wenn wir um die Themen bürokratisch rumeiern. Das interessiert vor Ort niemanden. Deshalb müssen wir noch zielstrebiger handeln", erklärte Ulbig. "Natürlich sehen die Kommunen bei sich Kapazitätsgrenzen, weil in den vergangenen Monaten bereits Enormes geleistet wurde."


Laut der gestern aktualisierten Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wird Sachsen in diesem Jahr etwa 15000 Flüchtlinge aufnehmen müssen. Jene Asylsuchenden, die in den Verfahren von vornherein chancenlos sind, müssten zügiger in ihre Heimatländer abgeschoben werden, kritisierte der Innenminister. Dazu zählen vor allem die Kosovaren, die die derzeit größte Gruppe stellen. "Die Forderung geht dabei zuerst in Richtung BAMF: Schnellere Aktenanlage, schnellere Bearbeitung der Anträge und zügigere Entscheidung der Asylverfahren", so Ulbig.


Die Landesregierung und die Kommunen wollen deshalb dem Bundesamt bei der Arbeit helfen. "Wir sind bereit, Personal abzustellen, damit die Asylverfahren schneller bearbeitet werden können. In den nächsten Tagen werden wir beim Bund abfragen, wie viel Unterstützung benötigt wird", so Ulbig, "wir können uns vorstellen, mit unseren Fachkräften die Verfahren zu unterstützen. Das Wichtigste ist, dass die Entscheidungen schneller als bisher getroffen werden." Konkrete Größenordnungen könnten noch nicht genannt werden. Der Bund habe zwar bereits mehr Mitarbeiter abgestellt - dennoch wachse der Aktenberg mit jedem Tag. "Der Bund ist zwar zuständig. Doch wir wollen zu einer spürbaren Entlastung beitragen und nicht nur meckern", sagte der Minister.


Auf kommunaler Ebene müssen im Gegenzug die Kapazitäten trotzdem aufgestockt werden. Die Landräte machten gestern auf ein gravierendes Problem aufmerksam: In etlichen Kreisen gibt es bereits potenzielle Flüchtlingsunterkünfte - die allerdings nicht genutzt werden können, weil beispielsweise Einsprüche von Nachbarn oder baurechtliche Bedenken vorliegen. All diese Einzelfälle zusammengenommen, könnten einige hundert Plätze mehr zur Verfügung stehen. "Bis nächste Woche erstellen wir einen Aktionsplan, um die dringenden Probleme konsequent aufzuzeigen und anzugehen. Neben der Kapazitätserweiterung heißt das auch, die medizinische Versorgung auszubauen sowie die finanzielle Ausstattung der Kommunen zu verbessern", erklärte Ulbig.


Insbesondere der letzte Punkt brennt den Kommunen unter den Nägeln: Eigentlich erhalten die Kreise ab diesem Jahr pro Asylbewerber 1900 Euro im Quartal. Da der neue Haushalt erst in einigen Wochen beschlossen werden wird, gilt der alte Satz von 1500 Euro pro Monat weiterhin. "Hier müssen wir dringend etwas unternehmen", so Ulbig. Eine Forderung der Kommunen lautet, den finanziellen Rahmen im Doppelhaushalt zu erhöhen und Vorschüsse zu bekommen. Daneben wird eine Neuregelung gefordert, damit die Städte und Kreise die entsprechenden Investitionspauschalen an Private weitergeben dürfen, die ihrerseits neue Asylbewerber-Unterkünfte bauen.


Die kommunalen Spitzen, die unlängst einen Brandbrief an das Innenministerium gesendet hatten, reagierten weitgehend zufrieden - und pochen nun darauf, dass die Zusagen eingehalten werden. "Wir erwarten Unterstützung, die eine richtige Struktureinheit bringen kann", sagte Michael Czupalla. Zugleich forderte der nordsächsische Landrat "praktikable Lösungen": So könnten etwa Bundeswehr oder Polizei vorübergehend medizinische Hilfe leisten. "Das Wichtigste ist, dass man nicht weiterhin so tut, als gebe es keine Probleme", machte Czupalla klar.