Zahl der Flüchtlinge in Deutschland steigt auf 629000

Erstveröffentlicht: 
13.02.2015

Fast die Hälfte der Antragsteller hat noch keine endgültige Entscheidung über ihren Asylantrag in der Tasche Von Peter Wütherich

Berlin. In Deutschland haben Ende vergangenen Jahres rund 629000 Flüchtlinge gelebt - etwa 130000 mehr als ein Jahr zuvor. Mehr als 110000 haben bereits eine Ablehnung ihres Asylantrags erhalten, konnten aber nicht abgeschoben werden. Sie leben nun schon zum Teil seit Jahren mit ungewisser Zukunftsaussicht in Deutschland.


Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor. Insgesamt lebten demnach zum Jahresende 338000 Menschen als anerkannte Flüchtlinge in Deutschland. Das waren 44000 mehr als im Vorjahr. Gut 291000 Flüchtlinge wohnten als Asylsuchende, über deren Antrag noch nicht entschieden wurde, oder als Geduldete in Deutschland. Bei Letzteren handelt es sich um Flüchtlinge, die trotz Ablehnung ihres Asylantrags aus unterschiedlichen Gründen nicht abgeschoben werden können - etwa, weil sie nicht reisefähig sind, weil sie keinen Pass haben oder weil es keinen sicheren Transport in ihr Heimatland gibt. Die meisten von ihnen stammen aus dem ehemaligen Jugoslawien, dem Irak und aus Russland. Von den Geduldeten lebten rund 31000 schon mehr als sechs Jahre in Deutschland, 23000 sogar schon mehr als zehn Jahre.


Diese Zahl sei "erschreckend", sagte die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke. "Es zeigt das Versagen der bisherigen Bleiberechtsregelungen." Seit einigen Jahren registrieren die Behörden stark steigende Flüchtlingszahlen in Deutschland. Im Verlauf des Jahres 2014 wurden rund 202000 Asylanträge gestellt, rund 60 Prozent mehr als im Vorjahr. Die nun vorgelegte Zahl der tatsächlich hier lebenden Flüchtlinge berücksichtigt auch Abschiebungen, freiwillige Ausreisen und Einbürgerungen. Jelpke interpretierte die Zahlen so, dass Deutschland die Grenzen seiner Aufnahmefähigkeit längst nicht erreicht habe. Vor 17 Jahren hätten mehr als eine Million Flüchtlinge in Deutschland gelebt. "Von einer Überlastung der Bundesrepublik kann also überhaupt keine Rede sein", sagte sie.


Im von Jelpke genannten Vergleichszeitraum hatten sich viele Flüchtlinge vom Balkan in Deutschland aufgehalten, die nach dem Zerfall von Jugoslawien ihre Heimat verlassen hatten. Aus der Antwort der Bundesregierung geht auch hervor, dass Ende 2014 rund 2,3 Millionen ­EU-Bürger in Deutschland wohnten. Die größte Gruppe kam aus Polen (575000 Menschen), gefolgt von Rumänien (333000), Italien (243000) und Bulgarien (170000). Derzeit bereitet die hohe Zahl der Flüchtlinge vom Balkan den deutschen Behörden Sorge. Der Chef des Flüchtlings-Bundesamts forderte eine schnelle Abschiebung abgelehnter Asylbewerber aus dieser Region. Die Bundesregierung schickt Bundespolizisten an die serbisch-ungarische Grenze, um den Andrang von Flüchtlingen aus dem Kosovo einzudämmen.