Macht kaputt, was euch kaputt macht

Symbolbild Diskussionen

Zuerst erschienen bei Débrayage

Während es einer radikalen Linken im Sinne der Emanzipation um die Herstellung einer herrschaftsfreien, d.h. auch gewaltfreien, Gesellschaft auf Basis der freien Assoziation der Individuen gehen sollte, bedient sich ein Teil in der politischen Praxis eben jener Mechanismen, die in der Theorie als das Abzuschaffende analysiert werden. Militanz, die sich ohne Gewalt nicht denken lässt, wird mit dem Verweis auf die konkrete Unterdrückung durch staatliche Gewalt bzw. auf die strukturelle Gewalt der herrschenden Verhältnisse gerechtfertigt. Die „macht kaputt, was euch kaputt macht”-Logik reproduziert dabei nicht nur autoritäre und repressive Zustände, sondern verkennt auch die individuellen Verstrickungen in reale Herrschaftsverhältnisse.

 

Auch in Leipzig lässt sich eine gewisse Tradition politischer Militanz erkennen, die mit tatsächlichen politischen Engagement und einer notwendigen Kritik der gesellschaftlichen Verhältnisse oft nicht viel gemein hat.  Bei der alljährlichen Schneeballschlacht am Connewitzer Kreuz ist es nur eine Frage der Zeit, bis auf Schneebälle brennende Mülltonnen, Feuerwerkskörper und Flaschen folgen. Scheinbar reicht es in Connewitz nicht, einfach nur Spaß zu haben. Stattdessen wird die Veranstaltung von einigen zum Anlass genommen, es endlich mal wieder krachen zu lassen. Nicht nur Polizisten, die sich übrigens bei der letzten Schneeballschlacht lange Zeit im Hintergrund hielten und erst einschritten, als Mülltonnen auf die Kreuzung gezogen und angebrannt worden, gelten dabei als legitime Ziele, sondern auch Journalisten geraten schnell ins Visier der anwesenden Personen. Dazu die Leipziger Internet Zeitung:

Denn scheinbar ist es die akzeptierte Normalität, dass auf einer eigentlichen „lass die doch mal Spaß haben“-Veranstaltung Fotografen attackiert werden. Denn „auf einer Schneeballschlacht nützt die Pressefreiheit nichts“. Es folgt die Ansage von spontan aufploppenden Vertretern der ganz linken Politszene, die einem erklären, dass es hier Personen gebe, die nicht fotografiert werden wollen. Macht zwar gar keiner, weil das Schwarz-auf-Schwarze Wirrwarr am Kreuz immer solche Bilder ergibt, wie hier vorliegende – aber auf einmal ist der wilde Neuschneespaß, statt einer fröhlich-anarchistischen Platznahme mit Verkehrsbehinderung, irgendwie ganz „politisch“.

Neben der Schneeballschlacht darf natürlich auch an Silvester die vermeintliche Politik nicht fehlen. Während es im Vorfeld bereits im linken Connewitzer Milieu heftig rumorte, weil das sächsische Innenministerium auf Wunsch der Leipziger Polizeidirektion einen sogenannten Kontrollbereich im Stadtgebiet einrichtete, welcher von Seiten der Polizei räumlich und zeitlich nicht näher eingegrenzt wurde, hielt sich die Staatsmacht auch zur Silvesternacht im Hintergrund. Auch in diesem Jahr formierte sich schließlich nach dem vollzogenen Jahreswechsel eine Spontandemonstration, die sich laut Juliane Nagel „zu einer Art Ritual entwickelt haben und dem böllernden Zusammenkommen eine wohltuend politische Note verleihen.” Fraglich bleibt allerdings dabei, wie sehr politisch eine spontane Demonstration überhaupt sein kann, bei der die Teilnehmer im Vorfeld sicherlich das ein oder andere Gläschen Sekt zu sich genommen haben. Nicht anders ist es zu erklären, dass aus der Demo Flaschen auf die eigenen Genossen geworfen und nachdem die Personen darauf angesprochen worden, dass sie damit andere gefährden, die Tat gerechtfertigt wird, weil sie angeblich einen Zivilpolizisten treffen wollten. Von emanzipatorisch gesinnten Menschen sollte man allerdings erwarten, dass sie verantwortungsvoll und achtsam miteinander und anderen Mitmenschen umgehen.


Im Vorfeld wurde auf Indymedia „ein Aufruf zur Gewalt – gegen jene, die diese gewalttätige Welt wollen” veröffentlicht, in dem „50 Ziele” aufgelistet sind, die es am 31. Dezember irgendwie hätte treffen sollen. Passiert ist dann wie zu erwarten war nichts. Allerdings traf es am Abend des 7. Januar den Polizeiposten in Connewitz: 50 vermummte Personen griffen mit Pflastersteinen, Farbbeuteln und Feuerwerkskörpern die Scheiben des Postens an. Ein Funkwagen, der im Hinterhof stand, wurde ebenfalls in Brand gesteckt. In einem Bekennerschreiben rechtfertigten die Täter die Aktion mit dem 10. Todestage von Oury Jalloh, der in einer Polizeizelle in Dessau gewaltsam zu Tode kam. Doch es ist nicht nur die zynische Instrumentalisierung von Oury Jalloh, sondern vor allem die Menschenverachtung, die genau das Gegenteil von vernünftiger politischer Praxis wiederspiegelt. Im Duktus von Ulrike Meinhof („Wir sagen, natürlich, die Bullen sind Schweine, wir sagen, der Typ in der Uniform ist ein Schwein, das ist kein Mensch, und so haben wir uns mit ihm auseinanderzusetzen. Das heißt, wir haben nicht mit ihm zu reden, und es ist falsch überhaupt mit diesen Leuten zu reden, und natürlich kann geschossen werden.”) wird jedem Polizisten das Mensch-Sein abgesprochen:

Bulle dein Duldungsstatus ist aufgehoben und deine Aufenthaltserlaubnis erloschen wie das Feuer in dem Streifenwagen hinter der Wache und so wirst du von uns mit genau solcher Respektlosigkeit und Gewalt behandelt, wie du Flüchtlinge behandelst.

Auch wenn du deine Uniform ablegst, so bleibst du immer noch das gleiche Schwein von Mensch und wirst weiterhin Ziel unserer Interventionen sein wann immer wir es wollen.

Ebenso kritisch wie die Aktion an sich, sind die Reaktionen darauf zu bewerten. Zwar konstatierte die Initiative „Für das Politische!“dass dieser Vorfall […] einmal mehr die Notwenigkeit [zeigt] mit vernünftigen, kreativen, progressiven und gewaltfreien Protestformen gegen Repression und andere unhaltbare gesellschaftliche Zustände vorzugehen, damit Ohnmacht und Wut in wahre politische Gestaltung münden können”, doch erfolgte die Stellungnahme erst nachdem, natürlich „völlig wertfrei”, das Bekennerschreiben einschließlich Fotos von dem attackierten Polizeiposten ohne einen entsprechenden Kommentar auf Facebook gepostet wurde. Natürlich darf auch der redundante Hinweis nicht fehlen, dass es keiner Distanzierung bedarf, „denn eine Nähe oder gar geistige Wegbereitung der Gewalt gab es nie”. Gleichzeitig nimmt aber die Initiative für sich in Anspruch, Menschen zusammenzubringen, „die sich in einem linken Selbstverständnis politisch engagieren bzw. engagieren wollen, und dafür eine diskursive sowie aktivistische Plattform [zu] schaffen.” Jene Personen, die auf dem Angriff auf den Polizeiposten beteiligt waren, verstehen sich aber gerade als linke und politische Individuen und sind somit auch Teil der potentiellen Zielgruppe. Statt sich also geschickt aus der Affäre zu ziehen, wäre es angebracht endlich eine Debatte im linken Kiez zu Militanz, Gewalt und möglichen anderen Formen von politischer Praxis anzustoßen.


Derartige Militanz, die nicht anderes ist als blinder Aktionismus, hat nicht nur nichts mit linker und emanzipatorischer Praxis zu tun, sondern erweist darüber hinaus den Strafverfolgungsbehörden, dem Verfassungsschutz, der Politik und nicht zuletzt auch den Medien einen Bärendienst. Endlich kann man wieder den Popanz linker Gewalt aufbauschen und damit dringend benötigte Gelder in der politischen Bildung kürzen. Schließlich werden auch alle, die in Connewitz wohnen und bzw. oder in politischen Projekten mitarbeiten oder zu den Sympatisanten von solchen zählen, als potentielle Krimminelle abgestempelt.

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Absolut unbrauchbarer Text.

 

Der Text entwickelt keinen Begriff von Gewalt, bzw nutzt dieses Wort bedeutungskonträr. Überhaupt werden gar keine brauchbaren Thesen entwickelt, und das was der_die Autor_in da als "Thesen" erbricht wird gar nicht, bzw erbärmlich begründet, 2 Beispiele:

 

Die „macht kaputt, was euch kaputt macht”-Logik reproduziert dabei nicht nur autoritäre und repressive Zustände, sondern verkennt auch die individuellen Verstrickungen in reale Herrschaftsverhältnisse.

 

An diesem Punkt lohnt es sich schon das Lesen des Text abzubrechen, was für "Verstrickungen" das sein sollen die hier verkannt werden sollen bleibt die Autorenschaft schuldig, auch in welcher Form die vorgeworfene Reproduktion "autoritäre und repressive Zustände"(was auch immer das sein soll) stattfindet, und einen Beleg für die These sucht man vergebens.

 

Derartige Militanz, die nicht anderes ist als blinder Aktionismus, hat nicht nur nichts mit linker und emanzipatorischer Praxis zu tun[..]Schließlich werden auch alle, die in Connewitz wohnen[..]als potentielle Krimminelle abgestempelt.

 

Wenn die Schlussargumentation eines Textes zum Inhalt hat, das sich zugezogene Mittelschichtsstudenten daran stoßen mit "Kriminellen" in einen Topf geworfen zu werden, dann sollte dieser Text ein Fall für den Lösch-Knopf der Moderation sein.

"Verfasst von: Sport im Osten." - Toller Name. Nazi-Hool?

https://www.google.de/search?q=sport+im+osten&ie=utf-8&oe=utf-8&gws_rd=c...

Du kannst nicht von anderen verlangen, dass sie nicht mit Gewalt gegen die herrschenden Verhältnisse kämpfen! Was maßt du dir eigentlich an? Es steht dir ja frei dich selber so zu organisieren und so zu handeln, wie du es für richtig hältst. Das sage ich jetzt ohne mir anzugucken wer hinter diesem Text steht und was du sonst noch so vertrittst. Beziehe mich nur auf den Text da. Der ist total schlimm.

Jetzt hab ich allerdings nachträglich noch den Link zu deinem Blog angeguckt und gesehen, dass der Text aus der Israel-Solidarischen Ecke kommt... ändert nichts an dem was ich vorher geschrieben habe, aber interessant was du so alles vertrittst und anderen versuchst aufzuoktroyieren.

"Doch es ist nicht nur die zynische Instrumentalisierung von Oury Jalloh, sondern vor allem die Menschenverachtung, die genau das Gegenteil von vernünftiger politischer Praxis wiederspiegelt."

 

Die Bullen bringen einen Menschen, den sie in ihrer (staatlich legitimierten) Gewalt haben, auf grausame Art und Weise um, der ganze Staatsapparat arbeitet ungeniert mit an der Vertuschung des grausigen Verbrechens und ihr findet es aber unvernünftig und menschenverachtend, zynisch und gar eine Instrumentalisierung, wenn daraufhin Bullenwachen angegriffen werden?

 

In Deutschland brechen meistens keine Riots aus wie es in vielen anderen Ländern der Fall ist, wenn Bullen jemanden ermorden! Aber zum Glück gibt es immer mal wieder ein paar Menschen, die kämpfen so gut sie können und riskieren dabei auch viel! 

Sehe ich genau so. Es ist immer ganz schön krass, dass Leute Leute kritisieren, die sich bewegen, anstatt das eigentliche zu kritisieren, dass so viele passiv sind und konsumieren. Es ist immer einfach auf denen rumzuhacken, die sich bewegen. Das ist ein altes Lied, zum Glück wird es meistens ignoriert, von denen die aktiv gegen die Scheisse vorgehen.

Den Punkt des Risikos sehe ich auch so. Es gibt immer das Recht zu kritisieren, aber wer seit ihr eigentlich, in dieser solidarischen Form z.B. einen Angriff auf eine Polizeiwache zu kritisieren? Hier ist ein Mensch ermoerdet worden, ein Gebäude mit Steinen und Farbe anzugreifen wird hier dann als falsch eingesetzte taktische Gewalt gesehen? Das ist irre. Hätten Menschen den Bullen eine Kugel durch die Stirnlappen gejagt am Kreuz, würde ich diese Kritik vielleicht sehen, aber hier gabs nur fucking Glasbruch und ein paar Bullen die eine Bremsspur in der Hose hatten.

"Täter" schreibt ihr in eurem Text und das ist das letztendlich enttarnende an eurer Aussage: Ich seht eine solche Aktion als kriminell an. Damit steht ihr auf der anderen Seite und die Kritik als solches, sollte an allen betreffenden abprallen.

"Hier" ist aber eben kein Mensch ermordet worden, sondern in Dessau und "Täter" meint in diesem Falle einfach nur jemanden bzw., der etwas getan hat ;)

"Täter" mein in diesem Zusammenhang eine Gruppe, die etwas getan hat. Wie würdest du so jemanden oder Gruppe beschreiben?