Neuer Gedenkort für den von Nazis verfolgten Medizinprofessor Felix Skutsch

Erstveröffentlicht: 
06.12.2014

Leipzig. Der Leipziger Medizinprofessor Felix Skutsch wurde von den Nazis in das KZ-Theresienstadt deportiert und entrann dort nur knapp dem Tod. Obwohl sein Leben eng mit Stadt und Universität verbunden war, fehlte bis gestern ein öffentlicher Erinnerungsort an Arzt.

 

Seine Grabstätte war von der Universität aufgegeben worden, eine ihm gewidmete Tafel, die im früheren Domizil der Frauenklinik in der Philipp-Rosenthal-Straße hing, landete in einer Abstellkammer: "Im öffentlichen Raum gab es keinen Erinnerungsort mehr an Professor Felix Skutsch, obwohl sein Leben und Werk tief mit der hiesigen Universitätsmedizin und der Stadtgesellschaft verbunden sind", meinte gestern Gabriele Pretzsch bei einem ehrenden Gedenken an jenen Mann, der von den Nazis in das KZ-Theresienstadt deportiert worden war und nur knapp dem Tode entrann, während seine Frau dort starb.

Pretzsch, Oberärztin an der Uni-Frauenklinik, wollte es nicht dabei bewenden lassen, dass Skutsch (1861-1951) in Vergessenheit gerät und engagierte sich für ein gegenwärtiges Erinnern in Form einer Bronzetafel, die bei der gestrigen Zusammenkunft auf dem Südfriedhof enthüllt wurde. In würdiger Nachbarschaft zu den denkmalgeschützten Gräbern des namhaften Internisten Heinrich Curschmann und des Begründers der experimentellen Psychologie, Wilhelm Wundt, ist die von der Gießerei Noack gefertigte Tafel platziert. Sie danke allen, die mit Spenden und anderweitiger Unterstützung dazu beigetragen haben, dass "wir hier und heute diese Stätte einweihen können", meinte Pretzsch. Besonders freue sie sich, dass mit Professorin Lotte Schlegel und Professor Gottfried Geiler zwei Emeriti gekommen seien, die Skutsch noch persönlich kennen- und schätzengelernt hätten.

Auf seine Zeit als Medizinstudent zurückblickend, erklärte Geiler, die fachliche Kompetenz und die Persönlichkeit von Skutsch hätten ihn 1948 bei den Lehrveranstaltungen zur Geburtshilfe tief beeindruckt. "Er war uns väterlich zugewandt, hat aber nie von seinem Schicksal erzählt." Erst allmählich habe sich herumgesprochen, welchen Leidensweg Skutsch unter der Nazi-Herrschaft durchmachen musste.

Seine Biografie zeichnete gestern Professorin Ingrid Kästner nach, die auch im Ruhestand noch als freie Mitarbeiterin des hiesigen Carl-Sudhoff-Institutes für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften aktiv ist. Skutsch stammte aus Königshütte in Oberschlesien, studierte in Breslau Medizin, ging als junger Arzt an die Uni-Frauenklinik in Jena, wo er habilitierte. 1903 wechselte er nach Leipzig, übernahm an der Uni einen Lehrauftrag für Geburtshilfe und führte eine Privatpraxis. Sein Ruf als Gynäkologe war ausgezeichnet, doch nach der braunen Machtübernahme wurde ihm wegen "nichtarischer Abstammung" im Herbst 1933 die Lehrbefugnis genommen. Es folgten Diskriminierungen und Demütigungen, 1938 wurde ihm die Approbation entzogen. Ins sogenannte Judenhaus in der Färberstraße 11 wurde das Ehepaar Skutsch schließlich verbannt und im März 1944 ins Konzentrationslager Theresienstadt gebracht, das Helene Skutsch nicht überlebte.

Obwohl schon hochbetagt, folgte Felix Skutsch nach dem Krieg der Bitte der medizinischen Fakultät, wieder einen Lehrauftrag zu übernehmen und machte das mit Leidenschaft. Im Januar 1951 wurde er anlässlich seines 90. Geburtstags mit einem akademischen Festakt geehrt, er war damals der älteste deutsche Professor im Amt. "Ich klage nicht über das, was ich verloren habe, ich freue mich an dem, was mir geblieben ist", so Skutsch. Wenige Tage später starb er.