Schwarz und rot

Erstveröffentlicht: 
29.10.2014

Bernd Langer, einer der Väter des modernen Antifa-Logos, hat die radikale Geschichte der Antifaschistischen Aktion mit leichter Hand aufgeschrieben Das Phänomen Antifa wurde im Zuge der Auflösung der »Antifaschistischen Linken Berlin« von vielen als überholt bezeichnet. Bernd Langers Geschichtsbuch belehrt eines Besseren.

 

Was haben die Sonnenbrillen und schwarze Kapuzenjacken tragenden Antifas, die heute Naziaufmärsche blockieren, mit der »Antifaschistischen Aktion« zu tun, die 1932 von der damals stalinistischen KPD gegründet wurde? Der »Aufruf zum roten Massenselbstschutz« kurz vor der nationalsozialistischen Machtergreifung hatte als Logo zwei nebeneinander wehende rote Fahnen, die eine Einigkeit von Sozialisten und Kommunisten signalisieren sollten. Heute ist dieses Logo mit der schwarz-roten Doppelfahne, die auch den anarchistischen Teil der außerparlamentarischen Linken symbolisiert, das häufigste Symbol linksradikaler Politik in Deutschland und international. Denn auch auf einer Demonstration in den USA oder in Kolumbien findet sich das Transparent mit den schwarz-roten Fahnen. Aktualisiert wurde das Logo Mitte der 1980er Jahre von der Göttinger Initiative »Kunst und Kultur«, der auch Bernd Langer angehörte. Der Künstler, Drucker und Historiker hat nun die Geschichte der »Antifaschistischen Aktion« aufgeschrieben.

 

Er schlägt dabei einen weiten Bogen. Die Gründung der Organisation wird in eine fast schon zu ausführliche Geschichte der 20er und 30er Jahre eingebettet, was aber gleichzeitig einen detaillierten Überblick über die rechten und linken Parteien und Verbände aus antifaschistischer Perspektive bietet. Die »moderne« Antifa, wie wir sie heute kennen, mit dem subkulturellen Gestus autonomer Militanz entstand Anfang der 80er Jahre. Wenn der Antifabereich damals schon ein wichtiges Betätigungsfeld linksradikaler Politik war, so spielte der Kampf gegen alte und neue Nazis beispielsweise beim Tunix-Kongress 1981, einer Art Gründungsveranstaltung der Autonomen, bei der alle wichtigen Teilbereichskämpfe thematisiert wurden, keine Rolle. Aus heutiger Sicht verwundert das, weil die NPD schon seit einigen Jahren »Deutschlandtreffen« mit mehreren tausend Teilnehmern veranstaltete. 1977 marschierten etwa 4000 Nazis in Frankfurt am Main auf, denen gerade einmal 2000 Gegendemonstranten gegenüberstanden. Aber erst ab 1981 gab es eine überregionale Antifaorganisierung. Wobei es ein weiter Weg war von der exklusiven Kommandomilitanz der autonomen Antifa bis hin zu den später bundesweit organisierten Verbänden, die sich um breitere Bündnisse gegen die nach 1990 erstarkten Neonazis bemühten.

 

Bernd Langer schlüsselt Entstehung, Weiterentwicklung, Themenfelder und Akteure der Bewegung detailliert auf. Egal ob Antifakongress, Naziproteste gegen die Wehrmachtsausstellung oder Flüchtlingsarbeit: Langer bietet ein breites Kompendium der Antifageschichte. Das liest sich vor allem im zweiten Teil des Buches sehr flott und geht auf die unterschiedlichen Fraktionen ein: von Autonomen über Aktivisten der migrantisch-türkischen Antifa-Genclik bis hin zu Antiimperialisten und Antideutschen, wobei nicht unberücksichtigt bleibt, dass es in dieser linksradikalen Bewegung auch immer zahlreiche Auseinandersetzungen gab. Über die Veränderungen in der Neonaziszene - von Christian Worch und Michael Kühnen bis hin zur jüngeren Geschichte mit »Thüringer Heimatschutz« und NSU - gibt das Buch ebenfalls Auskunft. Am Ende wird noch ein kurzer Ausblick auf anstehende soziale Kämpfe gegeben, denn der Antifaschismus, so Langer, »wird inhaltliche Richtschnur einer sich als linksrevolutionär verstehenden Bewegung bleiben«. Sein neues Buch hat er denn auch »denen, die kämpfen« gewidmet.

 

Bernd Langer: Antifaschistische Aktion - Geschichte einer linksradikalen Bewegung, Unrast-Verlag, 265 S., 16 €.