NPD zieht sich aus der Odermannstraße in Leipzig zurück

Erstveröffentlicht: 
11.09.2014

Leipzig. Die rechtsextreme NPD räumt ihr Parteizentrum in der Odermannstraße in Leipzig-Lindenau. „Das Objekt wird aufgegeben“, bestätigte Sachsens NPD-Sprecher Jürgen Gansel am Donnerstag gegenüber LVZ-Online. Jahrelang hatten verschiedene Bündnisse immer wieder gegen das Zentrum im Leipziger Westen protestiert.

 

Bereits seit Donnerstagvormittag wurde vor Ort der meterhohe Zaun abgebaut. NPD-Mitglieder demontierten die Metallabsperrungen und den Stacheldraht, die das Grundstück zur Straßenseite hin schützten. Der NPD-Kreisverband werde das Objekt zeitnah an den Eigentümer zurückgeben, kündigte Gansel an. Die Entscheidung darüber sei schon vor der Landtagswahl gefallen.

 

„Belagerungsartige Zustände“

Als einen Grund für den Auszug nannte Gansel neben den Kosten die teilweise „belagerungsartigen Zustände“ durch Proteste. Schon seit einigen Monaten habe es daher Überlegungen gegeben, das Objekt aufzugeben. „Wir werden künftig nicht mehr die Angriffsfläche für solche Aktionen bieten“, so der Parteisprecher.

Die Rechten wollen nun stattdessen auf ein „dezentrales Veranstaltungskonzept“ setzen, wie Gansel sagte. Treffen und Veranstaltungen sollen künftig an unterschiedlichen Orten stattfinden, die nicht öffentlich gemacht werden sollen. Von einem Rückzug der NPD aus Leipzig könne aber "nicht die Rede sein“, so der Sprecher.

Kundgebung am Abend geplant

Zuletzt hatte der NPD-Stadtrat Klaus Ufer das Objekt in der Odermannstraße 8 als Bürgerbüro genutzt. Dieser war bei der Kommunalwahl im Mai jedoch nicht wieder angetreten.

Linke-Stadträtin Juliane Nagel, die sich jahrelang mit Demonstrationen gegen das NPD-Zentrum engagierte, wertete den Rückzug als Erfolg. Für den Abend um 18 Uhr kündigte sie spontan eine „Jubelkundgebung“ der Initiative „Nazizentrum zu Baulücken“ in der Odermannstraße an.

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Jubel-Kundgebung in der Odermannstraße: NPD zieht sich zurück – OBM Jung würdigt Proteste
Robert Nößler/agri


Leipzig. Konfetti, Luftschlangen und Sekt: Rund 200 Teilnehmer einer spontanen Kundgebung haben am Donnerstagabend in der Odermannstraße in Leipzig-Lindenau die Räumung des Zentrums der rechtsextremen NPD gefeiert. Sechs Polizei-Fahrzeuge sicherten die friedliche Veranstaltung ab. Neben der Initiatorin Juliane Nagel (Die Linke), war auch Jürgen Kasek (Bündnis 90/Die Grünen) vor Ort. Gegen 18 Uhr hatten sich die Teilnehmer zur „Jubelkundgebung“ der Initiative „Nazizentren zu Baulücken“ getroffen. Laut Linken-Politikerin Nagel wurde symbolisch Abschiedsmusik gespielt, unter anderem das Lied  „Time to say goodbye“.
Sachsens NPD-Sprecher Jürgen Gansel bestätigte am Donnerstag gegenüber LVZ-Online, dass das Objekt in Lindenau aufgegeben wird. Jahrelang hatten verschiedene Bündnisse immer wieder gegen die Anlaufstelle der rechten Szene im Leipziger Westen protestiert. Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) reagierte erleichtert auf die Nachricht.

„Ich freue mich sehr, dass nun offensichtlich der jahrelange Protest vor Ort zu diesem für unsere Stadt schönen Erfolg geführt hat“, erklärte Jung am Donnerstag in einer ersten Reaktion gegenüber LVZ-Online. „Derartige rechte Umtriebe haben in unserem weltoffenen Leipzig nichts zu suchen. Hierfür werde ich mich auch weiterhin mit aller Kraft einsetzen“, so der OBM. SPD-Stadtrat Christian Schulze äußerte sich ebenfalls erleichtert: „Als örtlicher Stadtrat freue ich mich außerordentlich, dass sich die NPD endlich aus dem Areal Odermannstraße 8 zurück zieht. Leipzig ist bunt und nicht braun."


NPD-Chef baut Zaun ab

Am Donnerstagvormittag hatte die NPD mit der Räumung des Objekts begonnen, das seit November 2008 als Stützpunkt für Veranstaltungen genutzt wurde. Parteimitglieder, darunter auch der Kreisverbandsvorsitzende und neu gewählte Stadtrat Enrico Böhm, demontierten die Metallabsperrungen und den Stacheldraht, die das Grundstück zur Straßenseite hin schützten. Der NPD-Kreisverband werde das Objekt zeitnah an den Eigentümer zurückgeben, kündigte Gansel an. Die Entscheidung darüber sei schon mehrere Monate vor der Landtagswahl gefallen, sagte er.

Als einen Grund für den Auszug nannte Gansel neben den Kosten auch die teilweise „belagerungsartigen Zustände“ durch Neonazigegner. „Wir wollen künftig nicht mehr die Angriffsfläche für solche Aktionen bieten“, so der Parteisprecher. Die NPD werde stattdessen auf ein „dezentrales Konzept“ setzen. Treffen und Veranstaltungen sollen künftig an unterschiedlichen geheimen Orten stattfinden.

Partei muss finanzielle Einschnitte verkraften

Im sächsischen Verfassungsschutzbericht 2013 wird das rechtsextremistische Szeneobjekt als „Dreh- und Angelpunkt in der Stadt Leipzig“ bezeichnet. Grund für den Rückzug dürften auch finanzielle Einschnitte nach dem verpassten Wiedereinzug der Partei in den sächsischen Landtag gewesen sein. Die NPD zahlte Miete für das Objekt. Es war nach dem Tod des ehemaligen NPD-Landeschefs Winfried Petzold im Jahr 2011 an dessen Sohn übergegangen. Zuletzt nutzte NPD-Stadtrat Klaus Ufer das Gebäude als Bürgerbüro. Dieser war bei der Kommunalwahl im Mai jedoch nicht wieder angetreten.

„Dies ist ein guter Tag“, sagte Linken-Stadträtin Juliane Nagel. Die Odermannstraße sei das „Hauptquartier für die regionale rechte Szene gewesen“, erklärte die designierte Landtagsabgeordnete, die den Abzug der NPD aus der Odermannstraße am Donnerstag vor Ort verfolgte. Dass das Zentrum nach sechs Jahren geschlossen werde, wertete Nagel als „Resultat jahrelanger antifaschistischer und zivilgesellschaftlicher Arbeit vor Ort“.

Seit der Eröffnung im Jahr 2008 gab es vor der Odermannstraße 8 regelmäßig Demonstrationen aus dem linken Spektrum. Antirassistische Initiativen hatten sich jahrelang für eine Schließung des Zentrums stark gemacht, in dessen Umfeld es auch immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen war. Linken-Politikerin Nagel hatte mehrfach Protestveranstaltungen organisiert, so im vergangenen März, als rund 100 Menschen gegen einen Wahlkampfauftritt des ehemaligen NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt in der Odermannstraße demonstrierten.


Nagel warnte jedoch, davor, dass sich die rechte Szene in Leipzig nun zersplittern könne. Es bleibe abzuwarten, von wo aus die NPD und ihre Jugendorganisation JN künftig agieren. „Extrem rechte Ideologien finden in Leipzig auch ohne Nazizentrum Zustimmung“, sagte sie. „Darum darf antifaschistisches und zivilgesellschaftliches Engagement nicht aufhören.“