Bauern sollen weniger düngen

Nitratgehalt im oberflächennahen Grundwasser
Erstveröffentlicht: 
31.07.2014

Weil die Nitratgrenzwerte in Deutschland häufig überschritten werden, wollen Bund und Länder Grenzen setzen.

 

 

BERLIN. In einigen Gegenden Deutschlands ist das Grundwasser stark mit Nitrat belastet. Das liegt an der intensiven Landwirtschaft. Die EU verlangt nun, dass Deutschland energischer gegen diese Belastung vorgeht. Bis September müssen Bund und Länder klären, wie sie die Nitratbelastung senken wollen.

Wasser ist die wohl wichtigste Ressource des Menschen. Und Deutschland hat das Glück, wie kaum ein anderes Land über viel Wasser in guter Qualität verfügen zu können. Allerdings ist vor allem wegen der Massentierhaltung vielerorts das Grundwasser stark mit Nitrat belastet. In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel sind nach Angaben des Umweltberichts des Landes 40 Prozent der Grundwasservorräte so stark mit Nitrat belastet, dass sich daraus nur mit einer teuren Aufbereitung Trinkwasser gewinnen lässt. Krass ist auch die Lage im westlichen Niedersachsen, wo in gigantischen Ställen Millionen Tiere gehalten werden, die Unmengen an Gülle produzieren. Die landet auf den Feldern, was früher oder später dazu führt, dass Nitrat ins Grundwasser sickert.

Nitrat kann sich im menschlichen Körper so auswirken, dass krebserregende Substanzen, sogenannte Nitrosamine, entstehen. Deshalb gibt es seit Jahren einen Nitratgrenzwert von 50 Milligramm je Liter Wasser. In ganz Deutschland unterhalten die zuständigen Behörden Messstellen, an denen regelmäßig der Nitratgehalt untersucht wird. Und im Zeitraum zwischen 2008 und 2011 war bei 50,3 Prozent der Stellen der Grenzwert überschritten. Dazu trug nicht nur die Gülle bei. Spuren im Grundwasser hinterlässt auch der Boom der Biogasanlagen. Die erzeugen Gärreste, die wie die Gülle voller Stickstoff sind und ebenfalls auf den Äckern landen. Zudem karren niederländische Bauern die Gülle ihrer Tiere in die Bundesrepublik. So wurden 2012 in Nordrhein-Westfalen 1,4 Millionen Tonnen Gülle aus Holland ausgebracht.

Wegen der schlechten Nitratbilanz hätte Deutschland nach Auffassung der Europäischen Kommission Sofortmaßnahmen ergreifen müssen, um die Nitratbelastung zu senken. Weil dies nicht geschah, drohte die Kommission am 10. Juli der Bundesrepublik mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Der Bundesregierung bleibt nun bis Mitte September Zeit, um Brüssel mitzuteilen, wie sie die Lage verbessern will.

Die Länder hatten den Bund lange zum Handeln gemahnt. Doch erst seit Kurzem beraten beide Seiten über Vorschläge für die Novelle der Dünge-Verordnung. Sie sehen zum Beispiel eine Sperrfrist für Gülle von vier Monaten vor. Auch sollen die Nitratüberschüsse gesenkt werden – also die Überschüsse, die entstehen, wenn auf einem Acker mehr Dünger ausgebracht wird, als eine Pflanze zum Wachsen braucht. Brüssel will den Überschuss auf 40 Kilogramm je Hektar senken.

Was am Ende zwischen EU, Bund und Länder vereinbart wird, ist offen. Offenbar besteht aber an einem Punkt Einigkeit. Pro Hektar und Jahr sollen höchstens 170 Kilogramm Stickstoff zulässig sein – und dabei sollen die Gärreste aus den Biogasanlagen mitzählen.

Verglichen mit Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen ist die Nitratbelastung im Südwesten deutlich geringer. Nach Angaben des Landesumweltministeriums war 2012 an 7,5 Prozent der baden-württembergischen Messstellen der Grenzwert überschritten. Belastungsschwerpunkte sieht die Landesanstalt für Umwelt im Markgräflerland, im Kraichgau, in Oberschwaben sowie den Regionen Bruchsal/Mannheim/Heidelberg sowie Stuttgart/Heilbronn.

Es gebe im Land einige wenige Brunnen, die höhere Nitratwerte aufweisen, sodass ihr Wasser erst nach technischer Aufbereitung oder nach Vermischung als Trinkwasser genutzt werden könne. Die Nitratgrenzwerte der Trinkwasserverordnung würden im Trinkwasser in Baden-Württemberg eingehalten, sodass es unbedenklich genossen werden könne, sagt der Amtschef im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Wolfgang Reimer.

Von einer solchen insgesamt undramatischen Lage kann Johann Hans nur träumen. Er ist Geschäftsführer eines kleinen Wasserzweckverbands im Landkreis Grafschaft Bentheim – einem Kreis im westlichen Niedersachsen. Aus einigen Brunnen seines Verbands kam so stark belastetes Wasser, dass er seit 2009 fünf neue bohren musste. Die Rechnung dafür zahlen die Wasserkunden.