Kann ein Burschenschafter die Verfassung schützen?

Erstveröffentlicht: 
14.06.2014

Kritik an Sachsen Verfassungsschutzchef Meyer-Plath wegen Verbindungsmitgliedschaft

 

Dresden. Linke und Grüne im sächsischen Landtag haben wegen der Mitgliedschaft des sächsischen Verfassungsschutzpräsidenten Gordian Meyer-Plath in einer Burschenschaft Konsequenzen gefordert. Der 45-Jährige hatte in einem Interview der Tageszeitung »taz« (Freitag) gesagt, er sei als sogenannter »Alter Herr« noch in der Bonner Burschenschaft Marchia aktiv. Auf die Frage, warum er seine Mitgliedschaft in der Burschenschaft bis dato nicht bekanntgemacht habe, sagte Meyer-Plath: »Für mich ist das eine reine Privatsache.«

»Ich halte personelle Konsequenzen für unerlässlich«, erklärte die Linke-Politikerin Kerstin Köditz, die der Parlamentarischen Kontrollkommission für den Verfassungsschutz angehört. Der Rechtsextremismusexperte der Grünen, Miro Jennerjahn, forderte Innenminister Markus Ulbig (CDU) auf, den Innenausschuss über die Mitgliedschaft Meyer-Plaths umfassend zu unterrichten.

Das Innenministerium wies die Forderungen als »völlig überzogen« zurück. Zwar sei Ulbig bei Amtsantritt Meyer-Plaths nicht über dessen Mitgliedschaft in der Burschenschaft informiert gewesen, sagte sein Sprecher Martin Strunden. »So wie es sich darstellt, war das aber auch gar nicht erforderlich.«

Man dürfe nicht alle Burschenschaften über einen Kamm scheren, meinte Strunden und verwies darauf, dass die Marchia Bonn die umstrittene Dachvereinigung Deutsche Burschenschaft (DB) bereits vor Jahren verlassen habe. Auf der Homepage der Marchia Bonn heißt es zur Begründung, dass führende DB-Mitglieder offensiv politische Standpunkte verträten, die mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und den Prinzipien der Marchia unvereinbar seien. Der Dachverband und seine Mitgliedsburschenschaften stehen seit langem in der Kritik. Der Vorwurf: Die DB und ihre Mitglieder gingen nicht offensiv genug gegen rechte Umtriebe in ihren eigenen Reihen vor.

Köditz zufolge gehört es zum Selbstverständnis der Burschenschaften, dass ihre Mitglieder sich auch nach dem Studium verbunden blieben und Seilschaften bildeten. »In diesem Zusammenhang erklärt sich dann auch der Umstand, weshalb auf meinen jährlichen Kleinen Anfragen zu rechtsextremistischen Aktivitäten an sächsischen Hochschulen regelmäßig keine Auskunft zu Veranstaltungen der Burschenschaften erfolgt, da der Staatsregierung angeblich keine Erkenntnisse vorliegen.«

»Der sächsische Verfassungsschutz war in der Vergangenheit nicht in der Lage, Einschätzungen über rechtsextreme Strukturen an Hochschulen abzuliefern«, sagte ihr Grünen-Kollege Jennerjahn. Es stehe zumindest zu befürchten, dass es erhebliche »Beißhemmungen« des Landesamtes für Verfassungsschutz gegenüber der Wahrnehmung und Beschreibung solcher Strukturen gebe, wenn der Präsident dieser Behörde selbst Mitglied einer Burschenschaft sei.

»Der aufgestellte Generalverdacht, dass allein die Mitgliedschaft in einer Burschenschaft die Arbeit des Landesverfassungsschutzes in irgendeiner Form beeinflussen würde, grenzt an Rufschädigung eines sächsischen Spitzenbeamten unter dem Deckmantel der Oppositionsarbeit«, sagte der CDU-Innenexperte Christian Hartmann. dpa/nd