Interview zum revolutionären 1.Mai in Nbg

Plakatwand Gostenhof

In Nürnberg laufen die Vorbereitungen für die revolutionäre 1.Mai-Demonstration und das internationalistische Strassenfest der autonomen Gruppen auf Hochtouren. In den über 20 Jahren ihrer Existenz hat sich die Demo als wichtiger Bezugspunkt für die radikale Linke in Süddeutschland etabliert. Im Folgenden lest ihr ein Interview mit einer Vertreterin der organisierten autonomie (OA), einer antikapitalistischen Organisation aus Nürnberg, von der seit 1992 die Initiative für die revolutionäre Demo in Nürnberg ausgeht.

 

Redaktion autonome Nachrichten (Red): Wie seht Ihr denn die Entwicklung des revolutionären 1.Mai in Nürnberg?

 

Hanna Schmitt, organisierte autonomie (OA): Wir schätzen es als Erfolg der autonomen Gruppen ein, für die Demo mittlerweile ein so breites Publikum an zu sprechen ohne unsere Inhalte verwässert zu haben. Mittlerweile nehmen an der revolutionären Demonstration etwa 2000-3000 Menschen teil. 1992 waren es noch 100. Wir denken, dass der 1. Mai als Kampftag der ArbeiterInnenklasse einen revolutionären Ausdruck haben muss. Während der 1. Mai für den DGB nur Traditionspflege ist, die ihres kämpferischen Inhalts leider nahezu völlig entleert wurde, ist der revolutionäre 1. Mai eine Sammelpunkt für alle, die sich mit den herrschenden Verhältnissen nicht arrangieren und Ausbeutung und Unterdrückung tatsächlich abschaffen wollen.

 

Red.: In Nürnberg steht der 1. Mai in diesem Jahr unter dem Motto „ Krise ist unser Alltag im Kapitalismus – Unser Alltag im Kapitalismus ist Widerstand“. Was meint ihr damit?

 

OA: Dass immer mehr Menschen damit zu kämpfen haben ihre Grundbedürfnisse wie Gesundheitsversorgung, Wohnen oder Mobilität decken zu können ist ja kein Geheimnis. Menschen, die von HartzIV leben werden die Schrauben enger gedreht um sie durch Zwangsmaßnahmen aus der Statistik streichen zu können und der Anteil derjeniger, die sich durch Minijobs über Wasser halten müssen steigt. Da kann der Druck auf Menschen mit „Normalarbeitsverhältnis“ lustig erhöht werden, damit sich auch jeder noch krank in die Arbeit schleppt...Es ist einfach so, dass sich die Grundprinzipien des Kapitalismus in Zeiten der fortwährenden Krise besonders häßlich zeigen. Während die Mehrheit der Menschen damit beschäftigt ist, unter dem Diktat der Krise ihr Überleben zu sichern wachsen die Gewinne der besitzenden Klasse ständig an. Es ist entscheidend, dass es den revolutionären Kräften gelingt aufzuzeigen, dass der Kapitalismus für die Mehrheit ein Übel ist, dass durch etwas besseres überwunden werden muss. Unsere Vorstellung ist, dass es ein Fortschritt für die ganze Menschheit wäre, die Produktion basisdemokratisch nach den Bedürfnissen der Menschen zu organisieren, statt nach kapitalistischen Profitinteressen. Um zu dieser Veränderung in der Lage zu sein, müssen sich die Ausgebeuteten und Unterdrückten ihrer Lage und ihrer Macht bewusst werden. Statt uns gegeneinander ausspielen zu lassen müssen wir dazu kommen solidarisch für unsere Interessen ein zu treten. Wir müssen uns unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder sexueller Orientierung als Teil einer Klasse begreifen und uns gemeinsam wehren wenn es um Kündigungen in Betrieben oder Wohnungen oder Sanktionen an Schule oder Uni geht. Deshalb versuchen wir existierende Basiskämpfe zu unterstützen oder neue selbst zu beginnen. Diese Basiskämpfe, sei es der Kampf um die Befreiung von der Lohnsklaverei, der Kampf gegen das Patriarchat, gegen Faschismus, Rassismus oder Militarismus werden am 1. Mai thematisiert und zusammengeführt zu einem revolutionären Ausdruck.

 

Red.: Was erwartet die TeilnehmerInnen der 1. Mai Demo denn nun genau?

 

OA: Um 11:30 Uhr ist der Demo-Auftakt in der Bauerngasse, Ecke Knauerstraße. Da es in den vergangenen Jahren hier massive Vorkontrollen der Polizei gegeben hat, wird es, ähnlich wie im letzten Jahr, wieder eine Dokumentation dieser von unserer Seite aus geben. Weiter fordern wir die BesucherInnen unserer Demo dazu auf, sich nicht an eventuell vorhandenen Kontrollpunkten der Polizei anzustellen und alles mitzumachen, sondern ihre Rechte zu nutzen. Wir gehen davon aus, dass die massiven Kontrollen rechtswidrig sind. Das Doku-Team vom letzten Jahr, hat dazu auch ein Video erstellt, zu finden unter: http://www.youtube.com/watch?v=oPY8YpyI8Gg

Die Demonstration wird dann in Richtung Innenstadt ziehen und durch Redebeiträge der Mai-Bündnisgruppen unterbrochen. Thematisch werden in den Reden unterschiedliche Kämpfe thematisiert, z.B. der Kampf um Wohnraum oder gegen eben gegen Naziumtriebe. Die Demonstration hat den Zweck, linke, revolutionäre Inhalte noch außen zu tragen und nicht unmittelbar die Machtfrage zu stellen. Dennoch wird sie sich keinen Polizeischikanen unterwerfen. In den vergangenen Jahren ist es gelungen sowohl das Tragen von Seitentransparenten, dass der Polizei stets ein Dorn im Auge war, durchzusetzen, als auch deutlich zu machen, dass ein Polizeispalier auf Widerstand trifft. In früheren Jahren wurde fast die Hälfte der Demonstration ganz dicht von einem Heer Sondereinheiten der Polizei umgeben. Das schreckte natürlich manche Teilnehmerin ab. Deshalb war es ein Ziel, diese auch auf Veränderung der Außenwirkung abzielende Polizeitaktik zu durchkreuzen und den politischen Preis für das Verhalten der Staatmacht hochzutreiben. Die letzte 1. Mai-Demonstrationen waren dann kaum noch sichtbar direkt von der Polizei begleitet, dafür gab es martialische Aufmärsche der Sondereinheiten entlang der Demo-Route. Nach der Demo wird es dann in Gostenhof das internationalistische Straßenfest geben.


Red.: Einer der zentralen Naziaufmärsche findet am 1.Mai ja in Plauen statt. Die TelinehmerInnenzahlen dieser hier vom „Freien Netz Süd“ organisierten Aufmärsche sinken zwar, (2010 waren es 1000 in Schweinfurt, in Würzburg darauf 350 Nazis) aber wäre es nicht trotzdem wichtiger den Nazis den Tag zu versauen?

 

OA: Wir setzen unseren Schwerpunkt darauf, durch kontinuierliche politische Arbeit unsere Basis hier zu verbreitern und zusammen mit unseren Bündnispartnern einen möglichst attraktiven 1.Mai auf die Beine zu stellen. Das lassen wir uns nicht durch die Nazis nehmen und meinen, dass die Verbreitung linker und linksradikaler Inhalte immer noch das beste Mittel gegen die Ausbreitung rassistischer und nationalistischer Ideologie ist. Gleichzeitig ist es natürlich immer ein Sieg wenn Nazis nicht marschieren können und daher wünschen wir allen GenossInnen die sich an diesem Tag in Plauen den immer gut von der Polizei beschützten FNSlern in den Weg stellen viel Erfolg!


Red.: Kannst Du uns zum Schluß noch sagen was dieses Jahr am Strassenfest geboten wird?

 

OA: Das Internationalistische Straßenfest in Gostenhof gibt es nun auch schon seit mehr als 20 Jahren. Hier treffen DemonstrationsteilnehmerInnen auf Menschen aus dem Stadtteil und feiern zusammen. Die Bündnisgruppen präsentieren sich und ihre Inhalte mit Ständen. Wir konnten bisher immer interessante Bands verschiedener Musikrichtungen gewinnen, am Fest zu spielen. Dieses Jahr gibt es eine sehr internationale Zusammensetzung: The Bayonets aus Serbien machen Streetpunk, Dubamix natürlich Dub aus Frankreich, aus Italien werden Cervelli Stanki anreisen um uns mit Skapunk anzuheizen. Hardcore gibt es dann von Sunlun aus Neuss und die beiden Bands aus Nürnberg, die dieses Jahr auftreten sind Electric Fetus mit Rock und die Punkrocker von Hypaaktiv+. Außerdem gibt’s natürlich Essen, auch vegetarisch und vegan und Getränke und noch mehr, was zum feiern gebraucht wird.

Red.: Vielen Dank für das Interview!

 

Hier nochmal alle Termine zum revolutionären 1. Mai in Nürnberg:


revolutionäre 1. Mai Demo | 11.30h | Bauerngasse Ecke Gostenhofer Hauptstr.

Internationalistisches Straßenfest | 14.00h | Müllner Straße – Ecke Adam Klein Str.

 

Den Aufruf mit UnterstützerInnen findet ihr hier:

http://www.redside.tk/cms/organisierte-autonomie/krise-ist-unser-alltag-...

 

Aktuelle Infos: www.redside.tk