Eigenbrötler bleibt mächtig: Scheuerl-Rauswurf: Eigentor für die CDU?

Erstveröffentlicht: 
24.03.2014

Tosender Applaus. Erleichterung. Die CDU feierte auf dem Parteitag am Sonnabend das Aus für Walter Scheuerl. Etliche sehnten sich ein Ende des Ärgers mit dem parteilosen Abgeordneten herbei. Doch der Rauswurf droht zum Eigentor zu werden. Warum musste Scheuerl gehen? Der 52-Jährige hatte einen Kompromiss-Vorschlag der CDU zum Turbo-Abitur öffentlich auf Facebook kritisiert.

 

Es war nicht das erste Mal, dass er auf Konfrontationskurs zur Parteilinie ging. Vor Kurzem watschte er die schulpolitische Sprecherin der CDU, Karin Prien, schon für ihre Forderung nach Ganztagsschul-Pflicht an Gymnasien ab und für den Vorschlag einer Hürde auf dem Weg zum Gymnasium. Prien zur MOPO: „Es wird nun für die CDU einfacher sein, bei Schulthemen eine klare Position in der Öffentlichkeit zu vertreten.“ Warum ist das Thema überhaupt so brisant? Weil Scheuerl mit seiner Stellungnahme Politik für die Initiative gemacht hat.

 

Die CDU wollte ursprünglich am Turbo-Abitur festhalten. Ihr neuer Vorschlag sieht vor, dass die Gymnasien selbst entscheiden, ob sie zu G9 zurückkehren. Ein durchaus taktischer Vorschlag. Das Ergebnis einer solchen freien Wahl könnte sein, dass nur eine Handvoll der 60 Gymnasien zur Langform zurückkehrt. Die Initiative „G9-hh-jetzt“ und ihr Sympathisant Scheuerl möchten hingegen, dass alle Gymnasien wieder G9 anbieten. Er geht mit seiner Kritik am CDU-Papier auch taktisch vor: Er fordert, auch die Grundschuleltern entscheiden zu lassen. Ihre Kinder stecken noch nicht im System, sie würden sich womöglich eher gegen das Turbo-Abitur aussprechen. Wird es jetzt leichter für die CDU? Nein, der „Wadenbeißer“ ist entfesselt und kann die Partei vor sich hertreiben. Begonnen hat er schon, als seine Klientel betrachtet er die Bildungseliten. Scheuerl: „Die CDU-Schulpolitik ist von den Werten des Bildungsbürgertums abgerückt.“ Was kann er überhaupt noch bewirken? Scheuerl ist noch mächtig. Er hat weiterhin sein „Wir wollen lernen“-Netzwerk, über dessen Mailverteiler er seine Stellungnahmen verschickt. Und als Enfant terrible ist ihm die öffentliche Aufmerksamkeit gewiss. Welche Rechte bleiben ihm im Parlament?

 

Er darf als fraktionsloser Abgeordneter keine Gesetzesentwürfe einreichen und keine Großen Anfragen stellen. Darüber, inwieweit er noch Rederecht besitzt, entscheidet heute der Ältestenrat. Der letzte fraktionslose Abgeordnete war Bülent Ciftlik in den Jahren 2010/2011 nach dessen Ausschluss aus der SPD-Fraktion. Bleibt er Vorsitzender des Schulausschusses? Nein. Die CDU darf den Vorsitzenden bestimmen – damit ist für Scheuerl Schluss. Er darf in zwei Ausschüssen mitarbeiten. Dort kann er reden, hat aber kein Stimmrecht. Gründet er eigene Partei? Scheuerl hatte angekündigt, in der Politik bleiben zu wollen. Auch über die Gründung einer Partei wurde spekuliert. „Weitermachen möchte ich durchaus. Aber ich habe mir weiter keine konkreten Gedanken gemacht. Es gibt ja viele Möglichkeiten“, sagte er der MOPO. Wie fällt die Scheuerl-Bilanz in der CDU aus? Dietrich Wersich sagte, Scheuerl habe seine Vorteile, seine Ecken und Kanten, wirft ihm aber mangelnde Teamfähigkeit vor. Andere treten nach, kritisieren, er habe nur genommen und nie gegeben. Ein Abgeordneter spricht von einem „Riesenfehler“, Scheuerl damals für die CDU in die Fraktion geholt zu haben.