Geschichtsrevisionistische Fusion

Erstveröffentlicht: 
19.02.2014

Der Verlagskomplex des norddeutschen Rechtsextremisten Dietmar Munier hat die Waffen-SS-treue Zweimonatszeitschrift „Der Freiwillige“ geschluckt. Das knapp 60 Jahre lang erscheinende militärgeschichtliche Heft ist in dem Munier-Hausblatt „DMZ Zeitgeschichte“ aufgegangen.

 

Anfang des Jahres hatten Dietmar Munier, Patrick Agte (bisheriger Herausgeber des „Freiwilligen“)  und Guido Kraus (Chefredakteur „DMZ Zeitgeschichte“) in einem Schreiben kundgetan, dass das einstige Mitteilungsblatt der ehemaligen Soldaten der Waffen-SS mit der „DMZ Zeitgeschichte“ aus dem Hause Munier zusammengeführt wurde. Konkret heißt das, dass die bisherige Konzeption der im dritten Jahrgang vierteljährlich erscheinenden „DMZ Zeitgeschichte“ komplett beibehalten und von der einstigen Aufmachung und Gestaltung des „Freiwilligen“ nichts übernommen wurde. Das Ende des im 59. Jahrgang erscheinenden „Freiwilligen“, der bisherigen Leserschaft des Blattes als „Stärkung“ und Konzentration der Kräfte scheinbar schmackhaft gemacht, bedeutet insofern einen weiteren Ausbau des Munier-Verlagskomplexes, der sich in den letzten Jahren auch die langjährigen rechten Periodika „Nation& Europa“ und „Der Schlesier“ einverleibt hat.

 

Auf ihre geschichtsrevisionistische und NS-apoletische Lektüre hatten Leser/innen des „Freiwilligen“ seit dem vergangenen Sommer warten müssen. Erst im Februar dieses Jahres lieferte Patrick Agte, der Anfang 2000 den „Freiwilligen“ und den Munin-Verlag übernommen hatte, die Doppelausgabe für Juli/August und eine Gesamtausgabe für die Monate September, Oktober, November und Dezember 2013 nach.

 

2010 rund drei Millionen Euro erwirtschaftet

Dietmar Munier (Jg. 1954) ist Chef der in Schleswig-Holstein beheimateten Mediengruppe Lesen & Schenken mit Sitz in Martensrade (Kreis Plön). Zu dem geschäftigen Firmengeflecht gehören Verlage (Bonus, Arndt, Orion-Heimreiter, Pour le Merite, Landwehr, Edition Zeitgeschichte), Zeitungen und Zeitschriften (neben dem „Schlesier“ und „DMZ-Zeitgeschichte“ auch die „Deutsche Militärzeitschrift“ und „Zuerst!“), Film- und Tonträger-Produktionen (Excelsior) sowie eine Versandbuchhandlung. Leser/innen von Zeitungen und Zeitschriften aus dem Hause Munier stoßen so auch immer wieder auf Artikel und Interviews, die sie zuvor in einem der anderen Munier-Blätter bereits gelesen haben. Zweitveröffentlichungen sind die Regel. Wenig Redaktionsmannschaft, aber satter Profit sind angesagt. Nach Angaben des Norddeutschen Rundfunks (NDR) erwirtschaftete das Munier-Unternehmen allein im Jahr 2010 rund drei Millionen Euro.

 

Politisch will Munier seit seinem 14. Lebensjahr aktiv sein. Er war einst Funktionär der NPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN). Im Juni 1977 unterzeichnete Munier eine Einladung der „Volkstreuen Jugend Kiel“ zu einem Wochenendlager. Zu diesem Zeitpunkt gehörte Munier auch der Redaktionsgemeinschaft des „Deutschen Studenten-Anzeigers“ (Herausgeber: Peter Dehoust) an.

 

„Im Streit der Meinungen hart umkämpft“

In der aktuellen Ausgabe der „DMZ Zeitgeschichte“ (Januar/Februar 2014) nach der Übernahme des „Freiwilligen“ wird unter anderem mit einem Interview mit Franz Seidler (Jg. 1933) aufgewartet. Ganz im Sinne des Fragestellers schwadroniert der seit Jahren in rechtsextremen Zusammenhängen aktive emeritierte Professor der Bundeswehrhochschule München von der „angeblichen“ Grausamkeit der Waffen-SS. Auf die Frage „Wie erging es den Angehörigen der Waffen-SS in den Kriegsgefangenenlagern nach der Kapitulation der Wehrmacht?“, antwortet Seidler: „Angehörige der Einheiten, denen man Kriegsverbrechen unterstellte, und Waffen-SS-Soldaten, die einmal Dienst in einem KZ getan hatten, wurden besonders befragt, manchmal unter Zuhilfenahme falscher Zeugen und manchmal unter Anwendung von Folter.“

 

Guido Kraus (Jg. 1970), Hauptmann d.R., ist Chefredakteur der „DMZ Zeitgeschichte“ sowie der zweimonatlich erscheinenden „Deutschen Militärzeitschrift“ (DMZ). Das Vierteljahresheft „DMZ Zeitgeschichte“ charakterisiert Kraus als eine Veröffentlichung, die „sich vertieft einer militärischen Eliteeinheit“ widmet, „die im Streit der Meinungen hart umkämpft ist.“ Agte (Jg. 1965), Vollmitglied der Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger (OdR) und zeitweilig Geschäftsführer der Truppenkameradschaft I. SS-Panzerkorps, will sich nach dem Ende des „Freiwilligen“ angeblich „hauptsächlich mit der Erstellung neuer Bücher beschäftigen“, die „der Wissenschaft und einem historisch gerechten Bild über die Waffen-SS dienen“ sollen. Das einstige NPD-Landesvorstandsmitglied in Rheinland-Pfalz Agte war einer der Ehrengäste beim „2. Tag des Nationalen Widerstandes“ der NPD am 27. Mai 2000  in Passau.