Leipzig liest links

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Von Donnerstag, 13., bis Sonntag, 16. März 2014 ist Buchmesse in Leipzig mit mehr als anderthalbtausend Aussteller_innen und gut 3000 Lesungen und Gesprächsrunden im Rahmenprogramm, das sich nicht nur auf dem Messegelände abspielt.

 

leipzig.antifa.de präsentiert ein ausführliches Special zur Leipziger Buchmesse: Hier findet ihr Highlights aus linker Sicht, eine Auswahl der besten Stände fortschrittlicher Verlage und Veranstaltungen kritischer Autor_innern sowie Recherchen zu rechten Umtrieben, auf die Antifaschist_innen ein Auge haben sollten.

 

Zum Weiterlesen:

 

Die besten Lesungen / Rechte Veranstaltungen / Chronik:  Neue Rechte in Leipzig

  


Buchmesse von links

 

Etliche linke Verlage werden mit eigenen und gemeinsamen Ständen auf der Buchmesse vertreten sein.

 

Die interessantesten Stände

Einen ausführlichen Blick wert sein dürfte der Stand der Alfred-Klahr-Gesellschaft – Verein zur Erforschung der Geschichte der Arbeiterbewegung. Der Verein verwaltet das Archiv und die Bibliothek der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) und wertet sie wissenschaftlich aus, benannt ist er nach dem linken Journalisten, KPÖ-Mitglied und Widerstandskämpfer Alfred Klahr, der von der SS erschossen wurde. Klahrs theoretisches Wirken war noch posthum eng verbunden mit der Unabhängigkeit Österreichs von Deutschland.

 

Teil der Buch- ist die Antiquariatsmesse. Dass sie nicht nur für Sammler_innen interessant ist, bleibt dem Roten Antiquariat zu verdanken, einem der besten Anlaufstellen für Literatur der Arbeiter_innenbewegung mit großem Sortiment und erschwinglichen Preisen. Unbedingt vorbeischauen! 


Die wichtigsten Neuerscheinungen

Der Basisdruck-Verlag hat kürzlich aus dem Nachlass des Kommunisten Paul Frölich dessen politische Autobiografie „Im radikalen Lager“ herausgegeben. Frölich, 1884 in Leipzig geboren, kämpfte in der Novemberrevolution für eine sozialistische Gesellschaft und für die Münchner Räterepublik gegen die Reaktion. Er war wichtiger Protagonist bei der Gründung der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) und gehörte ihrer ersten Zentrale an. Im Zuge der Stalinisierung der Partei wurde er aus der Organisation herausgedrängt, kämpfte aber weiter für die Einheit der sozialistischen Bewegung und machte sich als Nachlassverwalter Rosa Luxemburgs verdient.

 

Dennoch ist Frölich heute kaum bekannt. Seine Biografie wirft wichtige Schlaglichter auch auf die revolutionäre Geschichte Leipzigs. Reinblättern lohnt!

Ebenfalls kürzlich neu erschienen ist das Buch „Antifaschismus als Feindbild“ zum Prozess gegen den Jenaer Stadtjugendpfarrer Lothar König. Sächsische Polizei und Justiz bezichtigen ihn, gegen Nazis „aufgewiegelt“ zu haben und vermuten in ihm gar den Kopf einer „Antifa-Sportgruppe“. Im Buch schildern seine Verteidiger, mit welchen Tricks (bis hin zur Fälschung von Videomaterial) König zum Schuldigen gemacht werden soll. Die beigelegte DVD rundet die Dokumentation ab.

Wer das Buch noch nicht hat, kann am Stand des Laika-Verlags reinschauen. Außerdem gibt’s auf leipzig.antifa.de eine ausführliche Rezension sowie ein exklusives Kapitel zum Nachlesen.

 

Die besten Veranstaltungen


Ja: Der König kommt selbst vorbei! Am Sonnabend, 15. März, spricht er ab 12 Uhr auf der Buchmesse (Halle 5, Stand C404). Am selben Abend folgt eine ausführlichere Buchvorstellung mit Diskussionsrunde in der Baumwollspinnerei, Beginn ist 20.30 Uhr. Auch der König-Verteidiger Johannes Eisenberg wird dabei sein – sicher mit erheiternden bis bedenklichen Episoden über die schon sprichwörtliche „sächsische Demokratie“.

 

Andreas Kemper wird über die Ideologie und Tradition der Menschen- und Bevölkerungskorrekturen sprechen und insbesondere auf Thilo Sarrazins aktuellstes Machwerk „Der neue Tugendterror. Über die Grenzen der Meinungsfreiheit“ eingehen – das Sarrazin während der Buchmesse präsentieren wird (siehe unten). Kemper wird Gegenargumente liefern, und zwar gleich am Eröffnungstag der Buchmesse (Donnerstag, 13. März) ab 15 Uhr in Halle 5, Stand C404. Demnächst wird vom Referenten, der im vergangenen Jahr eine erste kritische Auseinandersetzung mit der „Alternative für Deutschland“ (AfD) veröffentlicht hat, ein Anti-Sarrazin-Buch erscheinen.

 

Die neu erschienene Autobiografie des Leipziger Kommunisten Paul Fröhlich wird auf der Buchmesse vorgestellt am Sonnabend, 15. März, ab 14 Uhr (Halle 5, Stand C404). Bereits am Vorabend gibt es eine ausführlichere Lesung zum gleichen Thema ab 19 Uhr im Karl-Liebknecht-Haus (Braustraße 15). Wer Zeit hat, sollte hingehen.

 


Buchmesse von rechts


 

Rechte Stände auf der Messe


Auf der Buchmesse gibt es viele zweifelhafter Aussteller_innen. Dazu gehören christliche Fundamentalist_innen wie die Evangelikalen von Idea, Anthroposophen wie die vom Rudolf-Steiner-Verlag, der den Nachlass des Namensgebers und Waldorf-Erfinders hegt, sowie spinnerte Polit-Psycho-Sekten wie der Ahriman-Verlag (alias „Bund gegen Anpassung“), der die Zeitschrift „Ketzerbriefe“ herausgibt und darin Vertretern der Neuen Rechten das Wort erteilt.

 

Apropos: Mit der Zeitschrift Deutsche Sprachwelt um den „Junge Freiheit“-Autor Thomas Paulwitz hat das Spektrum der Neuen Rechten einen eigenen Buchmesse-Stand. Paulwitz steht auch hinter der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft zu Köthen, die sich ebenfalls präsentieren wird.

In diesem Jahr zum zweiten Mal dabei sein wird das verschwörungsideologische Compact-Magazin des Nationalisten Jürgen Elsässer.

Ferner beteiligen sich an der Buchmesse:

  • Die Deutsche Gesellschaft e.V., die sich gegen „Linksextremismus“ engagiert und in diesem Jahr als Mitveranstalter einer rechtsoffenen Veranstaltung zum 1. Weltkrieg auffällt.
  • Der Freie Deutsche Autorenverband, der früher eine Zusammenarbeit mit der extremen Rechten nicht scheute und ein deutlich antikommunistisches Profil gewonnen hat. Gibt sich heute unpolitisch (Sitz ist mittlerweile in Leipzig), aber Distanzierungen vom früheren Treiben sind Fehlanzeige.
  • Die Landesverbände des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, an deren Stände Mitglieds-Verlage ihre Veröffentlichungen promoten. Darunter waren in Vorjahren auch nazistische Kleinverlage.

 

Nur die Spitze des Eisberges


Die Leipziger Buchmesse ist seit langem Anziehungs- und Treffpunkt für die so genannte Neue Rechte.

Eine Rückschau auf die vergangenen Jahre gibt es hier.

 

Rechte Veranstaltungen

Leider ist bei der Buchmesse nicht nur Platz für derartige Aussteller_innen. Sondern sie kommen sogar im offiziellen Rahmenprogramm („Leipzig liest“) unter: Vielleicht einer der prominentesten Buchmesse-Gäste wird in diesem Jahr Thilo Sarrazin sein. Er wird am Freitag, 14. März, ab 15 Uhr in der Messe-Glashalle sein neues Buch vorstellen. Und gleich mit vier Veranstaltungen goutiert das Compact-Magazin die Buchmesse.

 

Bei einer Compact-Veranstaltungen will sich das AfD-Netzwerk Patriotische Plattform treffen. Mehr zu dieser und anderen Veranstaltungen gibt es in einer ausführlichen Übersicht mit vielen Hintergrund-Infos zu deren Referent_innen.

 

Was auf und im Umfeld der Buchmesse (nicht erst seit diesem Jahr) läuft, dürfte Nazis weniger ansprechen, um so stärker aber die so genannte Neue Rechte. Sie nutzt die Buchmesse seit langem als Treffpunkt mit Gleichgesinnten und trafen sich in den vergangenen Jahren beispielsweise in der Gosenschenke „Ohne Bedenken“ in Leipzig-Gohlis. Dort gab es erst kürzlich eine Veranltung der Leipziger Burschenschaft „Germania“ über und mit dem örtlichen Ableger der „Identitären Bewegung“. Bei der Veranstaltung tauchten auch bekannte NPD-Aktivisten auf.

 

Was die Burschenschaften angeht, müssen sie bei der diesjährigen Buchmesse allerdings etwas kürzer treten. Denn in den vergangenen Jahren gab es zwar einen Korporations-Stand des Convent Deutscher Akademikerverbände (CDA), wobei wiederholt ein NPD-Anhänger als Standbetreuer aufgefallen war. Aber diesmal soll die Teilnahme an der Buchmesse dem Vernehmen nach erst beschlossen worden sein, als die Anmeldefrist schon verstrichen war.

 

Antifa heißt, auch mal ein Buch zu lesen!