"Schwere Versäumnisse" im Kampf gegen Neo-Nazi-Szene
Bombenbastler beschäftigt den Landtag
"Waren Polizei und Verfassungsschutz ahnunglos oder haben sie weggeschaut?" Das fragen die Grünen im Fall des mutmaßlichen Bombenbastlers.
Weil am Rhein. Der Rechtsextremist, bei dem die Polizei vor mehr als einer Woche Chemikalien zum Bau von Bomben und Waffen sichergestellt hat, ist jetzt auch Thema im Landtag. Die Grünen werfen den Ermittlern und Verfassungsschützern "schwere Versäumnisse" im Kampf gegen die Neo-Nazi-Szene vor. Die Polizei sei erst wenige Tage vor der Festnahme des Mannes in Weil am Rhein (Kreis Lörrach) durch eine anonyme Anzeige aufmerksam geworden. "Es brauchte einen Hinweis aus der linken Szene, um die Polizei auf die richtige Spur zu führen", kritisierte Hans-Ulrich Sckerl, innenpolitischer Sprecher der Landtags-Grünen.
Der festgenommene 22-Jährige soll Bombenanschläge geplant und Waffen gehortet haben. Unklar ist bisher sein Motiv und die Frage, ob der Mann Mitwisser hatte. "Polizei und Landesamt waren entweder ahnungslos oder haben weggeschaut", kritisierte Sckerl. Von einem funktionierenden Frühwarnsystem könne nicht die Rede sein, sagte der Grünen-Politiker. In einem Landtagsantrag forderte er weitere Auskünfte von der Regierung. Als Stützpunktleiter der Lörracher "Jungen Nationaldemokraten" hätte die Polizei den jungen Mann kennen müssen. Außerdem soll es bereits im März erste Hinweise auf Chemikalienkäufe des 22-Jährigen im Internet gegeben haben.
Es spreche einiges dafür, dass der Rechtsextreme ein Umfeld und Netz gehabt habe, meinte Sckerl. "Unter Umständen muss man von einer terroristischen Vereinigung von Rechtsextremisten ausgehen" warnte er und forderte eine neue Debatte über ein Verbot der NPD: "Wenn ein NPD-Funktionär Bomben bastelt, stellt sich die Verbotsfrage in einem neuen Licht."
Bisher geht die Polizei davon aus, dass Einrichtungen der linksgerichteten Szene in der Region, vermutlich das Autonome Zentrum KTS in Freiburg, mögliche Anschlagsziele für den Mann gewesen sein könnten. Die Antifa hatte ausführlich über den mutmaßlichen Bombenbauer im Internet berichtet und private Details veröffentlicht. Das Landeskriminalamt hat den Vorfall bisher als "absoluten Einzelfall" bezeichnet. Anzeichen für eine Entwicklung hin zu einer stärkeren Brutalität junger Rechtsextremer im Land gebe es nicht. lsw