Jugendarbeitslosigkeit: Linke lehnt Lehrstellen für Südeuropäer in Deutschland ab

Erstveröffentlicht: 
01.07.2013

Junge Südeuropäer bekommen in ihren Ländern häufig keine Lehrstelle. Wirtschaftsminister Rösler hat sie deshalb nach Deutschland eingeladen - sehr zum Unmut der Linkspartei. Erst müssten die deutschen Jugendlichen gefördert werden, sagt Fraktionsvize Sahra Wagenknecht.

 

Berlin - Die Linkspartei lehnt es ab, Lehrstellen an arbeitslose Jugendliche aus Südeuropa zu vergeben. Bevor "Talente aus anderen Ländern" abgeworben würden, müsse eine Ausbildungsoffensive in Deutschland starten, sagte die Linken-Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht der "Welt".

 

Die Fraktionsvizechefin im Bundestag und stellvertretende Parteivorsitzende verwies auf interne Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. Nach denen waren im Mai knapp eine Million Menschen zwischen 15 und 35 Jahren arbeitslos. Die Hälfte von ihnen hatte keine abgeschlossene Berufsausbildung. Die Einladung von Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) an junge Südeuropäer, in Deutschland eine Ausbildung zu beginnen, sei "eine Ohrfeige für Hunderttausende junge Menschen, die in Deutschland leben und von denen viele nie eine Chance bekommen haben", so Wagenknecht.

 

Der EU-Gipfel hatte am Freitag in Brüssel eine "Jugendgarantie" beschlossen. Diese soll junge Europäer schneller in Jobs bringen. Sechs Milliarden Euro werden dafür für die Jahre 2014 und 2015 bereitgestellt. Die Einzelheiten der Hilfspakete wollen die EU-Arbeitsminister sowie Staats- und Regierungschefs am Mittwoch ausarbeiten.

 

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hatte am Wochenende an junge Menschen in den südeuropäischen Krisenstaaten appelliert, eine Berufsausbildung in Deutschland zu machen. "Kommt nach Deutschland!", sagte er der "Welt am Sonntag". In der deutschen Wirtschaft gebe es Zehntausende freie Ausbildungsplätze. Für Schulabgänger sei es sicher keine leichte Entscheidung, mindestens drei Jahre in ein fremdes Land zu gehen. "Aber die Tür für junge Südeuropäer steht auf, sie sind willkommen. Wir müssen deutlich machen, dass sie die Perspektive haben, als Fachkräfte zu bleiben - auch mit doppelter Staatsbürgerschaft."

 

Während die Jugendarbeitslosigkeit in einigen EU-Staaten extrem hoch ist, suchen deutsche Unternehmen zum Teil Auszubildende. Deutschland weist mit 7,5 Prozent eine extrem niedrige Jugendarbeitslosigkeit auf, der Durchschnitt aller 27 EU-Staaten lag im April bei 23,5 Prozent.

 

Dabei spielen aber auch Recheneffekte eine Rolle: Die EU-Statistiker rechnen Studenten oder Auszubildende aus der Gruppe der unter 25-Jährigen heraus. Dadurch macht sich jeder junge Arbeitslose in dieser Bezugsgruppe stärker bemerkbar, als es bei der Gesamtbevölkerung der Fall ist.

 

Traurige Rekorde schreiben insbesondere Griechenland (62,5 Prozent Jugendarbeitslosigkeit), Spanien (56,4 Prozent), Portugal (42,5 Prozent) und Italien (40,5 Prozent). Auch in der Slowakei, in Zypern, Bulgarien, Polen, Ungarn, Irland und Frankreich war zuletzt mehr als ein Viertel aller jungen Menschen ohne Job.

 

heb/dpa/AFP