Friedensweg im Baskenland vertieft

Friedenskonferenz

Bürgermeister aus aller Welt tauschen zwei Jahre nach dem Ende des bewaffneten Kampfs der ihre Erfahrungen in Friedensprozessen und Konfliktlösungen im Baskenland aus. Obwohl die spanische postfaschistische Regierung keinerlei Bereitschaft zum Einlenken zeigen und weiter auf Repression setzen, geht die linke Unabhängigkeitsbewegung neue einseitige Schritte.

 

Im baskischen Donostia-San Sebastian wird weiter am heutigen Freitag Friedensweg gearbeitet. "Den Frieden auf lokaler Ebene aufbauen", ist der Titel einer internationalen Konferenz. Zu ihr hat der Bürgermeister des baskischen Seebads Juan Karlos Izagirre seine Kollegen aus aller Welt eingeladen, die Erfahrungen in Konflikten und Friedensprozessen haben. Die Konferenz findet zwei Jahre nach der erneut im "Friedenspalast Aiete" statt. Hier kamen 2011 Vertreter wie der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan, Friedensnobelpreisträger aus Südafrika und Irland und andere mit Vertretern von baskischen Parteien, Gewerkschaften zusammen. Das war ein Wendepunkt. Von der Untergrundorganisation ETA wurde gefordert, den Kampf einseitig und ohne Vorbedingungen nach 50 Jahren einzustellen.

Nachdem die ETA der Forderung damals nachkam, sind die Erwartungen hoch, dass sie erneut einseitige Schritte verkündet, um den Friedensprozess zu stärken. Spanien und Frankreich weigern sich aber weiter, sogar über die Abgabe der Waffen und die Konfliktfolgen zu verhandeln, wie im Friedensplan vorgesehen war. Im Interview mit Radio Euskadi wich der Gastgeber Izagirre der Frage aus, ob die ETA Schritte machen wird. "Das fällt nicht in meine Kompetenz", sagte der Politiker der linksnationalistischen Partei Bildu (Sammeln). "Die Konferenz sollte relevante Konsequenzen zeitigen", machte er aber Hoffnungen.

"Wir müssen den Frieden unter allen aufbauen", bekräftigte Izagirre. Er glaubt, "auf lokalen Ebene kann viel getan werden, um zum Frieden zu kommen". Das Ziel sei, aus Konflikterfahrungen weltweit zu lernen, um vorwärts zu kommen. "Ich bin überzeugt, dass uns das in unserem Konflikt weiterhilft." Die Konferenz leitete er mit der Erinnerung an alle "Opfer des Konflikts" ein. Mit einer Schweigeminute wurde derer gedacht, die der Gewalt der ETA, des staatlichen Todesschwadronen oder Sicherheitskräften bei Protesten zum Opfer fielen. Er bekräftigt seine Verpflichtung, "daran zu arbeiten, damit sich das nicht wiederholt".

Nach Grußwörtern an die Teilnehmer, unter anderem von Matsui Kazumi, dem Bürgermeister im japanischen Hiroshima, kam es Máirtín Ó Muilleoir zu, das Einleitungsreferat zu halten. Es war kein Zufall, dass der Bürgermeister der nordirischen Stadt Belfast diese Aufgabe übernahm. Er hat reichhaltige Erfahrungen in einem Prozess, der noch nicht abgeschlossen ist. Die republikanische Bewegung ist aber ein Beispiel für die linke baskische Unabhängigkeitsbewegung. Deren Bemühungen werden aus Irland stark unterstützt.

Der nordirische Politiker der Sinn Fein-Partei bekräftigte, dass die Prozesse nicht gleich sind. Anders als in Nordirland hat es im Baskenland nie eine Konfrontation verschiedener Bevölkerungsgruppen in Stadtteilen gegeben, wie es sie noch heute bisweilen in Nordirland gibt. Doch Belfast habe sich seit dem Friedensabkommen 1998 verändert und "Belfast viele Vorteile gebracht". Ó Muilleoir meint: "Donostia kann sich in ein internationales Friedensforum verwandeln". Er fügte an: "Solange der Frieden bewahrt wird, ist es eure Zukunft". 

Auch in Nordirland hätten sich diverse Sektoren gegen eine Friedenslösung gestellt, erinnerte er mit Blick auf die konservative Regierung in Madrid. Sie nahm erneut an dem Kongress nicht teil. Man müsse "einfallsreich" sein und "neue Partner" gewinnen, gab er den Basken als Ratschlag. Denen ist gelungen, nun die baskische Regierung einzubinden, die nun von der Baskisch-Nationalistische Partei (PNV) gestellt wird. Für sie nahm die Menschenrechtsbeauftragte Monika Hernando teil. Vor zwei Jahren hatte sich die Regierung noch verweigert, der sozialistische Regierungschef empfing nicht einmal Kofi Annan.

Die abgewählten Sozialisten (PSOE) nahmen zwar erneut nicht offiziell teil, doch ihr Bürgermeister im baskischen Irun berichtete gegen die offizielle Strömung über die Erfahrungen im Friedensprozess in der Stadt an der Grenze zu Frankreich. Die Teilnahme von José Antonio Santano macht deutlich, dass Bewegung in seine Partei kommt. Er bittet, "die Hand dem Gegner oder Feind hinzustrecken". Man müsse mit ihnen sprechen, mit den Freunden spreche man jeden Tag, dankte er Izagirre für die Initiative. " Ich würde mich freuen, wenn dieser Vorgang nicht mit der Konferenz endet", hofft er auf weitere Schritte zu Annäherung.

Es ist offensichtlich, dass sich zumindest in der baskischen Sektion der PSOE durchsetzt, dass der Weg der linken Unabhängigkeitsbewegung unumkehrbar ist. Bisher war es deren Generalsekretär Jésus Eguiguren, der als Rufer in der Wüste auftrat und sich allein gegen die Linie aus Madrid gestemmt hat. Den Sozialisten ist auch klar geworden, dass die linke Unabhängigkeitsbewegung für den Friedensweg und die Initiativen von den Wählern belohnt wird. Bildu nahm der PSOE das Bürgermeisteramt in Donostia ab, die 2016 Kulturhauptstadt wird. Sie gewann erstmals eine Provinz und wurde im Baskenland zweitstärkste Kraft.

Neben dem Bürgermeister aus Belfast, haben auch Bürgermeister aus Südafrika, Palästina, der Westsahara, Kurdistan und andere über ihre Initiativen und Erfahrungen berichtet. Am Freitag richtet sich der Blick zunächst auf einstige Bürgerkriege und Konflikte in Mittel-und Südamerika. Gespannt wird gewartet, ob vor dem Abschluss die Vermittlergruppe unter dem südafrikanischen Anwalt Brian Currin, die Prüfungskommission unter Ram Manikkalingam aus Sri Lanka oder die ETA selbst verkündet, dass die mit der Vernichtung der Waffenarsenale begonnen wurde.

© Ralf Streck, den 11.10.2013

 

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