Agrarproteste in Kolumbien

Agrarstreik

Vor wenigen Tagen begannen in Kolumbien Massenproteste der Bevölkerung auf dem Land. Es sind die Proteste der Landbevölkerung, die in Vergessenheit geraten sind, keine Rechte haben und in der Misere leben müssen, während Kolumbien ein reiches Land ist mit Naturschätzen und natürlichen Ressourcen.

 

In 30 kolumbianischen Provinzen begannen am 19. August Streiks, Blockaden und Proteste der Landbevölkerung gegen ihre Arbeits- und Lebensbedingungen und der Kampf für mehr Gerechtigkeit. Verschiedene soziale und politische Organisationen des Landes, darunter auch die aufständische Bewegung FARC-EP, riefen zu den Protesten auf, an denen sich ein Großteil der Bauern und Landbevölkerung beteiligt. Mit den Protesten soll auch der Druck auf die Regierung verstärkt werden, den Krieg zu beenden und die Möglichkeit eines Friedens zu erhöhen.

 

Wie üblich in Kolumbien haben die Massenmedien die Proteste am Anfang verschwiegen oder stellen sie in ein kriminelles Licht. Kein Wunder, stehen die Massenmedien im Dienst der Regierung und Großgrundbesitzer. Die Medien riefen dazu auf, sich nicht an den Protesten zu beteiligen und versuchten die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass die Proteste eine Teilschuld an der Misere in der Landwirtschaft haben. Schon im Vorfeld wurden die Protestierenden nicht als die Vertretung der  Landbevölkerung, sondern sind nur als Teil einer Minderheit angesehen. Doch damit gelang es ihnen nicht den Streik zu brechen.

 

In vielen Kleinstädten und Ortschaften gab es schon Wochen zuvor Versammlungen und Komitees, um sich mit den Arbeits- und Lebensbedingungen der Landbevölkerung auseinanderzusetzen. Schon hier war absehbar, dass ein Großteil der Bevölkerung auf dem Land sich mit den Protesten zumindest solidarisch zeigen würde. Angefangen vom Transportwesen, bis hin zu den Erzeugern und Bauern von Milch, Kartoffeln, Reis, Zuckerrohr,  Zwiebeln, Baumwolle, Kaffee, Kakao, aber auch Berufe im Kontext des Bergbaus sind in den Protesten eingebunden.

 

Die Liste, die der kolumbianischen Regierung vorgelegt wurde, spiegelt die Wünsche und Bedürfnisse der Landbevölkerung und Bauern wieder:

1. Die Umsetzung von Maßnahmen und Aktionen bezüglich der Krise der landwirtschaftlichen Produktion.

2. Der Zugang zu Landbesitz.

3. Anerkennung der ländlichen und bäuerlichen Territorien (ZRC - Agrarschutzgebiete, sowie die Erweiterung der indigenen und afroamerikanischen Gemeinderäte).

4. Wirksame Beteiligung der Gemeinden und traditionellen kleinen Bergarbeiter an der Ausarbeitung und Entwicklung der Bergbaupolitik.

5. Ergreifen von Maßnahmen und Sicherheiten bei der Ausübung der politischen Rechte der ländlichen Bevölkerung.

6. Soziale Investitionen bei der ländlichen und städtischen Bevölkerung wie Bildung, Gesundheit, Wohnen, öffentliche Dienstleistungen und Verkehr.

Besonders Punkt 3 der Liste wird öffentlich diskutiert. Die „Zona de Reserva Campesina (ZRC)” ist eine bäuerliche Agrarschutzzone die versucht, eine Region der lokalen Entwicklung nach den Bedürfnissen der Landbevölkerung und Bauern zu konstruieren. Innerhalb des kolumbianischen Gesetzes ist es eines der wichtigsten Instrumente, um den Zugang zu Land für die Bauern zu garantieren sowie die Produktionsformen und Landwirtschaft der Bauern zu schützen. Mit diesen Schutzzonen soll eine Selbstbestimmung der Gemeinschaft und der bäuerlichen Wirtschaft erreicht werden und sie gewissermaßen als eine Form einer Agrarreform dienen. Sie ist Gegenstand und Forderung der FARC-EP bei den Friedensverhandlungen mit der Regierung.

 

Die Vorschläge der FARC-EP rühren aus der traditionellen Verbundenheit mit der Landbevölkerung, den historischen Erfahrungen der letzten Jahrzehnte und sind in Zusammenarbeit mit bäuerlichen Organisationen und den Interessensvertretungen der Indígenas und Afroamerikaner entstanden. Sie beinhalten unter anderem die Dezentralisierung der nationalen Landwirtschaftspolitik, den Zugang zu Land, Autonomie, verschiedene Punkte zur Landnutzung, Umweltschutz, die Produktion von einheimischen landwirtschaftlichen Erzeugnissen sowie die politische Teilhabe der Menschen auf dem Land.

 

Es gab ein allgemeiner Aufruf der politischen und sozialen Bewegungen an die Regierung, die Proteste nicht zu kriminalisieren und auch die Friedensdelegation der FARC-EP in Havanna ermahnte die Regierung die Proteste nicht allein als ein Schreckgespenst der FARC-EP zu stigmatisieren. Trotzdem gab es bereits in den ersten Stunden der landesweiten Proteste zahlreiche Verhaftungen, und Versuche, die Proteste zu unterdrücken. In vielen Gebieten kam es zu einer weiteren Militarisierung und Repressionen gegen die Bevölkerung.

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