Der schwäbische ArbeiterInnenwiderstand gegen Hitler und die Nazis

Der schwäbische ArbeiterInnenwiderstand gegen Hitler und die Nazis

Es scheint erstaunlich, warum in der BRD gerade das Unterkapitel „Widerstand gegen das Nazi-Regime” im Oberthema „deutscher Faschismus“ so vernachlässigt wird. Außer dem Wehrmachtsoffizier Graf von Stauffenberg, der eher als Verschwörer denn als Widerstandskämpfer gewertet werden kann, und den heldenhaften, jedoch vergleichsweise harmlosen WiderständlerInnen Sophie und Hans Scholl sind der Allgemeinheit kaum Widerstandskämpferinnen oder Widerstandskämpfer bekannt. Bei der Beschäftigung mit dem Mössinger Arbeiteraufstand gegen die sog. „Machtergreifung“1 1933, wie bei der vom Talheimer Verlag organisierten Veranstaltung im Bürgerhaus Nehrens am 23. November, kommt diese Frage zutage und wird zumindest teilweise beantwortet.

 

Der gefüllte Mehrzweckraum im Bürgerhaus Nehren.


Der Raum ist brechend voll. Das Publikum ist großteils über 40, jedoch sind Senioren ebenso selten wie junge Erwachsene. An diesem Freitagabend wird hier lokale Geschichte aufgearbeitet, die trotz ihrer bundesweiten Bedeutung selten vorgetragen wurde. Die Veranstaltung trägt den Titel Des gfällt mr heut‘ no! – Rotes Nehren und der Mössinger Generalstreik und konzentriert sich auf die Beteiligung der Bewohnerinnen und Bewohner von Nehren beim Arbeiteraufstand der Nachbarstadt Mössingen gegen das Nazi-Regime. Sie ist Teil einer Veranstaltungsreihe des Talheimer Verlags zum Anlass des 80. Jubiläums des Aufstandes im kommenden Januar.

 

Der Demonstrationszug in Mössingen.


Am 31. Januar 1933 nämlich, am Tag nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler, folgten im Städtchen Mössingen bei Tübingen die Arbeiterinnen und Arbeiter dem Aufruf zum Generalstreik und legten die Arbeit nieder. Auch die Nehrener Arbeiterinnen und Arbeiter – Nehren verfügte wie Mössingen über eine gewisse Industrie und somit über ein Proletariat –, schlossen sich ihren Mössinger Genossinnen und Genossen an bei deren Versuch, die Pläne der Nazis zu durchkreuzen. Leider waren das die einzigen beiden Orte, die den Generalstreik umsetzten. Warum hat der Aufruf zum Generalstreik, der damals von der KPD ausging, nirgends sonst in der Republik zu Streiks geführt? War die Mössinger Arbeiterschaft die einzige, die zu diesem Schritt wagemutig genug war? Oder hatte die KPD-Führung den Aufruf zum Generalstreik kurz vor dem geplanten Termin zurückgezogen und die ländliche Industrieregion Mössingen hatte dies nicht mitbekommen? Diese Frage konnte nie ganz geklärt werden.

 

Das Flugblatt der KPD, das zum Streik gegen Hitler aufruft.


Alles andere wurde auf der Veranstaltung dafür in einer Ausführlichkeit erklärt, die Geschichte für alle Anwesenden greifbar machte. Der Referent Jürgen Jonas konzentrierte sich auf die Hintergründe des „Arbeiterdorfs” Nehren, welches zwischen Mössingen und Tübingen liegt, und legte dar, wie diese ländliche Gegend durch ihre ärmlichen Verhältnisse, den hohen Anteil von ArbeiterInnen und der linken Agitation einiger lokaler, standfester Arbeiter und Handwerker zu solch einer linken Gesinnung kommen konnte. Die Gründung eines Arbeiterturnvereins, welchem ein Arbeitergesangsverein, ein Arbeiterradfahrerverein und ein Arbeiterkonsumverein folgten,2 spielten für die kulturelle Entfaltung nicht nur der 300-400 Arbeiter in diesem Ort eine wichtige Rolle. Die Vereine dienten als kulturelles Schanier zwischen dem dörflich-religiösen Traditionalismus und der Modernisierung.3 Die Vereine waren vor dem Ersten Weltkrieg sozialdemokratisch geprägt und danach – zum „Vaterlandskrieg“ mobilisierte auch die SPD – änderte sich diese Gesinnung über die Zuwendung zur USPD hin zu einer kommunistischen Weltanschauung.

 

Turnübung vor der Halle des Vereins.


Als der Arbeiterturnverein dann schließlich eine Turnhalle baute, welche fortan auch für politische Veranstaltungen genutzt wurde, half das ganze Dorf mit. Die Vereine traten auch zu politischen Veranstaltungen im Vorprogramm auf. Der ideologische Gegenspieler war zu dieser Zeit vor allem die Kirche, welche die ArbeiterInnen zum Erdulden der Zustände drängte und deren Selbstorganisation und Politisierung misstrauisch beobachtete. Trotz dieser Gegensätze blieb die dörfliche Vertraulichkeit bestehen: Der Pfaffe wie der kommunistische Arbeiterführer kannten sich von Kindheit an.

 

Der Arbeiterturnverein Nehrens.


Als schließlich die Nachricht aus der nächstgelegenen Industriestadt Reutlingen kam, die KPD hätte zum Generalstreik aufgerufen, schwang sich der Mössinger KPD-Vorstand auf sein Fahrrad, um sich dieser Botschaft zu vergewissern. Am Abend der Machtübergabe beschlossen die KPD Mössingen gemeinsam mit der örtlichen Antifaschistischen Aktion (eine Vereinigung von KommunistInnen, SozialdemokratInnen und anderen, die sich zum Kampf gegen die Nazis zusammengeschlossen hatten) den Generalstreik in Mössingen. Auch im benachbarten Arbeiterdorf Nehren wurde der Beschluss mitgeteilt. So legten am Folgetag in Mössingen mehrere hundert ArbeiterInnen und HandwerkerInnen ihre Arbeit nieder und demonstrierten in der Stadt. Ein Zug aus Nehren schloss sich an, sowie die ArbeiterInnen von Betrieben, die vom Demonstrationszug besucht wurden. Der Mössinger Textildruckbetrieb Pausa gab seinen ArbeiterInnen frei, da die jüdischen Besitzer ebenfalls an der Verhinderung der Machtübergabe an Hitler interessiert waren.4 Am Nachmittag zogen also über 1500 ArbeiterInnen und HandwerkerInnen durch die Straßen. Der Zug wurde erst am späten Nachmittag von einem polizeilichen Überfallkommando aus Reutlingen aufgelöst. Die TeilnehmerInnen wussten noch nicht, dass Mössingen und Nehren die einzigen Orte in der ganzen Republik waren, die dem Aufruf zum Generalstreik gefolgt waren.

 

Die jüdischen Gründer und Besitzer des Textildruckbetriebs Pausa: Felix und Arthur Löwenstein.


Am Folgetag wurden viele StreikteilnehmerInnen auch in Nehren auf dem Weg zur Arbeit am Fabriktor von ihren Vorgesetzen abgefangen, fristlos gekündigt und nach Hause geschickt: „Gang hoim, dein Vater soll dii verhalta!” Die Repression war hart, aber im Vergleich zu dem Vorgehen der Nazis später milde. Die Streikenden wurden zusätzlich zur Kündigung zu Gefängnis zwischen drei Monaten und drei Jahren verurteilt. Es wurden auch Frauen verurteilt, was zeigt, dass der Widerstand keine reine Männersache war. Da die FabrikarbeiterInnen Nehrens häufig „Feierabendlandwirte” waren, mussten diejenigen, die nach einer Verhaftung verblieben waren, alleine die Landwirtschaft aufrecht erhalten. Ihr „Stückle” (Stück Landgut) rettete aber viele der entlassenen ArbeiterInnen nach dem Gefängnisaufenthalt. Wer kein Land hatte, war auf die damals nicht unübliche Solidarität von arbeitenden Genossen und Genossinnen angewiesen. Allerdings starben viele der politisch aktiven Arbeiter, wie allgemein ein großer Teil der männlichen Bevölkerung, später als Soldaten im Krieg.

 

Der eigentliche Skandal, den der Talheimer Verlag mit dieser Veranstaltungsreihe aufdeckte, ist der Umgang mit dem Generalstreik nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Aufstand wurde vom politischen Mainstream in der neu entstandenen BRD keineswegs gewürdigt. Es gab keine Unterstützung zu dessen Bekanntmachung, keine Fördermittel zur Aufarbeitung. Der Streik wird in keinem Schulbuch erwähnt und selbst die Schülerinnen und Schüler Mössingens und Nehrens lernen heute noch diesen Teil ihrer Geschichte nur, wenn ihr Lehrer oder ihre Lehrerin zufällig davon weiß und ein Interesse an der Weitergabe hat.5


Warum das so ist, wurde bei der Rede des bei der Vernanstaltung anwesenden Bürgermeisters Nehrens, dem parteilosen Egon Betz, beispielhaft deutlich. Dieser erklärte – mit zahlreichen Schmeicheleien den damals Streikenden gegenüber versetzt –, der Umstand des Verschweigens des Aufstandes dürfe nicht mit den Kategorien Gut und Böse oder Schwarz und Weiß dargestellt werden – schließlich seien die Streikenden, wenn Stalinismus und Kommunismus gleichgesetzt würden, ja auch nicht für eine gute Sache eingetreten. Dabei verwischte er in der typischen Art konservativer Ideologen die Gegensätze zwischen Faschismus und linken, demokratischen und sozialistischen Bewegungen und Ideen: Es wird so getan, als hätte ein konsequenter Generalstreik in der ganzen Republik nicht das Leben von über 60 Millionen Menschen (va. Weltkriegs- und Holocaustopfer) retten können und als sei der Autoritarismus, der sich in der UdSSR entwickelte, ein dem Kommunismus notwendig innewohnendes Element. Mit Hilfe dieser Konstruktion konnte in der neu entstandenen Bundsrepublik Deutschland der Großteil der aktiven Nazis weiterhin Karriere machen, während die linken WiderständlerInnen ausgegrenzt wurden. Die West-Besatzer ließen dies zu, erstens um im Kalten Krieg das bessere Humankapital gegenüber der Ost-Besatzungszone zu haben und zweitens, weil eine antikommunistische Stimmung in ihrem Interesse war.


Deshalb wird der Widerstand gegen die Nazis, den linke KämpferInnen leisteten, in der BRD vernachlässigt: Anstelle des kommunistisch orientierten Handwerkers Georg Elser wird General von Stauffenberg zur Ikone des Widerstands stilisiert, obwohl letztgenannter die längste Zeit aktiv für die Sache der Nazis gearbeitet hatte und deren rassistische Vorstellungen vertrat. Anstelle des Widerstands der Arbeiterjugend „Edelweißpiraten”, die im körperlichen Kampf den Anfängen der Nazi-Bewegung entgegentrat, oder des im Untergrund gegen die Nazis kämpfenden vegetarischen Internationalen Sozialistischen Kampfbunds (ISK)6 wird lediglich der hoffnungslose Widerstand der Weißen Rose geehrt. Die Botschaft ist klar und wird sogar in der autonomen Szene von den sog. „Antideutschen“ immer wieder reproduziert: Die Verbrechen hätten nicht die Nazis und deren konservative Verbündete begangen, denen Linke sich entgegenstellten, sondern das ganze „deutsche Volk”. Diese Kollektivschuld soll einerseits verhindern, die Geschichte nach Pro-Faschisten und Anti-Faschisten zu durchstöbern und uns andererseits heute mahnen, uns nicht politisch zu radikalisieren, sondern uns demütig politisch passiv zu verhalten.

 

ISK-Gründer Leonard Nelson starb schon 1927.


Die Botschaft der noch lebenden Teilnehmer des Generalstreiks ist aber eine ganz andere. Im Rahmen der Veranstaltung wurde die Fernsehdokumentation Da ist nirgens nichts gewesen außer hier, die 1982 vom SWR produziert wurde, gezeigt. Im Film sagt ein gealterter Streikteilnehmer auf die Frage des Reporters hin, ob er wieder bei einem solchen Streik teilnehmen würde: „Do bin I dabei, nommol zom demonschriera, aktiv.” Ein anderer bestätigt: „Des gfällt mr heut no, wenn I do dra denk.”

 

Das Deckblatt des zentralen Werkes dieser Veranstaltungsreihe.


Das zentrale Werk, welches bei der Veranstaltung vorgestellt wurde, ist das Buch Da ist nirgens nichts gewesen außer hier aus den 1970ern, welches der Talheimer Verlag in diesem Jahr neu herausbrachte. Das Buch zeigt auf 353 Seiten die lokale Geschichte bezüglich des Generalstreikts mit der Vorgeschichte und den Folgen mit vielen Bildern und Originaldokumenten auf.


Aber auch die Bücher des Hechinger Arztes, Autors und Politaktivisten Friedrich Wolf waren ausgestellt. Wolf, der im benachbarten Hechingen praktizierte, war vor allem durch sein Hauptwerk Die Natur als Arzt und Helfer (1928) für die ärmlichen Arbeiterinnen und Arbeiter wichtig. Er versuchte nicht nur durch Naturheil-Methoden und eine vegetarisch Ernährungsweise die ArbeiterInnen zu unterstützen, gesund zu halten und zu heilen, sondern politisierte auch in einer Theatergruppe im Rahmen von zahlreichen Auftritten die lokale Bevölkerung. Beim Streik spielte Wolf als Hechinger aber nur als Randfigur eine Rolle, auch wenn sein Name beim Vortrag mehrmals fiel.

 

Arzt, Kommunist und Vegetarier: Friedrich Wolf praktizierte in Hechingen.


Zahlreiche schwäbische Zitate, die der nicht-schwäbische Referent Jonas mit hörbarem hochdeutschen Akzent vortrug, sowie einige Anekdoten rückten die damalige Situation in der hiesigen Region in greifbare Nähe. So berichtete Jonas, wie ein Polizist den Nehrener Streikführer besonders bestrafte, als dieser sich weigerte, in einen Kamin zehnmal zu rufen „I be koin Kommunischd”. Eine weitere Anekdote beschrieb, wie zwei Dorfbewohner nach dem Krieg versuchten, Mitglieder für die neu gegründete CDU zu werben. Diese gingen von Tür zu Tür und warben für ihre neue Partei auf christlicher Basis. Als sie an der Tür eines Streikteilnehmers ankamen, rief dieser durchs Fenster aus dem ersten Stock: „I bee Kommunischd ond I bleibs au, aber ihr kennad hoch komma ond an Moschd hau.” Die zwei stiegen die Treppen hoch, und mit dem Most war die Werbetour für diesen Tag beendet.

 

 

An den 78. Jahrestag des Mössinger Generalstreiks erinnerten Unbekannte in Mössingen mit einer Plakat-Aktion.



Im Rahmen einer antifaschistischen Erinnerung an den 8. Mai 1945 haben im letzten Jahr außerdem Unbekannte an verschiedenen Stellen in Tübingen rote Fahnen angebracht, wie sie auch vor 66 Jahren von der Roten Armee als Symbol der Freiheit und des Friedens auf dem Reichstag in Berlin gehisst wurden. Außerdem nahmen sie den Tag der Befreiung zum Anlass, um an Friedrich Wolf zu erinnern: „Auch die beiden Statuen vor der Neuen Aula hielten am Tag der Befreiung die rote Fahne hoch. Mit diesen Statuen hat es eine besondere Bewandtnis: Sie stellen den jungen Friedrich Wolf (1888-1953) dar. Als Medizinstudent in Tübingen war er, um sich etwas dazu zu verdienen, Modell für anatomische Aktzeichnungen gestanden, nach denen die Statuen gestaltet wurden. […] Deshalb haben wir Friedrich Wolf am Tag der Befreiung nicht nur noch einmal die rote Fahne tragen lassen, sondern auch am Sockel der Statuen Plaketten angebracht, die an ihn erinnern, mit der Aufschrift: Friedrich Wolf (1888-1953) – Schriftsteller, Arzt, Kommunist und Antifaschist.“

 

 

Friedrich Wolf beim Modell-Stehen. Aus: Friedrich Wolf: Die Natur als Arzt und Helfer (1928).

 


 

Veranstaltungshinweise:

Die nächste Veranstaltung in der Reihe findet am 30. Januar 2013 um 20 Uhr in der Osianderschen Buchhandlung Wilhelmstraße Tübingen statt: „Da ist nirgends nichts gewesen außer hier“ Das Buch zum Mössinger Generalstreik 1933 gegen Hitler. Mit den Herausgebern Prof. Dr. Bernd Jürgen Warneken und Dr. Hermann Berner.


Am 31. Januar 2013 findet in der Langgass-Turnhalle Mössingen um 19 Uhr die offizielle Gedenkveranstaltung 80 Jahre Mössinger Generalstreik statt – mit einer Rede des Oberbügermeisters und einem Vortrag von Prof. Ewald Frie, dem Direktor des Seminars für Neuere Geschichte der Universität Tübingen.

 

Am 1. Februar schließlich findet in der Kulturscheune Mössingen ebenfalls um 19 Uhr eine Veranstaltung statt, mit dem Titel Das Recht des NS-Staates ist Unrecht – Warum die Verurteilung der Generalstreik-Teilnehmer nicht rechtsmäßig ist – mit einem Vortrag des Landgerichtspräsidenten in Ruhestand Hans-Ernst Böttcher und einer musikalischen Umrahmung vom Ernst-Bloch-Chor.

 

 

Fußnoten:

 

  1. Da der sonst verwendete Begriff „Machtergreifung“ unpräzise ist und suggeriert, Hitler hätte die Macht den anderen politischen Akteuren entrissen, wird geraten, den Begriff Machtübergabe zu verwenden. Immerhin konnte Hitler nur in Koalition mit den konservativen Parteien an die Macht gelangen und wurde vom Reichspräsident Paul von Hindenburg zum Reichskanzler vereidigt. Zusätzlich hatten Vertreter der Industrie hatten diesen in einem Brief darum gebeten. [zurück]
  2. Der letztgenannte Verein ermöglichte den Arbeiterinnen und Arbeitern ein günstiges gemeinsames Einkaufen und würde heute vielleicht als „Food-Coop“ durchgehen. [zurück]
  3. Bernd Jürgen Warneken, Hermann Berner: Da ist nirgends nichts gewesen außer hier. Das rote Mössingen und der Arbeiteraufstand gegen Hitler. Die Geschichte eines schwäbischen Arbeiterdorfes, Talheimer Verlag 2012. [zurück]
  4. Der Mössinger Textildruckbetrieb Pausa AG wurde 1919 von den Stuttgarter Unternehmern Arthur und Felix Löwenstein gegründet. 1936 wurde er durch die Nazis „arisiert“, d.h. die Gründer und Besitzer des Betriebs wurden, weil sie jüdisch waren, zum Verkauf des Betriebs an einen nicht-jüdischen Deutschen gezwungen. Die Löwensteins flohen nach England. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde aber nicht die Familie Löwenstein geehrt und rehabilitiert, sondern der durch die Nazis zum Besitz gelangte ‚nicht-jüdische‘ Deutsche wurde zum Namensgeber einer Straße Nehrens und zu dessen Ehrenbürger ernannt. Diese weitere Beispiel für den Umgang der BRD mit ihrem Nazi-Erbe wird unter anderem von der Initiative Löwenstein thematisiert. Informationen über Arisierung und Flucht finden sich bei der Ernst-Bloch-Gesellschaft. [zurück]
  5. In der DDR gab es immerhin minimale Ehrung der Streikenden in der Geschichtsschreibung, auch wenn die Akteure selbst auch in der DDR keine Unterstützung erfuhren. [zurück]
  6. Zu den organisiertesten Formen des Widerstands können die Aktionen des ISK gezählt werden, der nicht nur den Frauenkampf aufwertete, sondern auch Tierrechte forderte. Die Mitglieder mussten VegetarierInnen sein; den Widerstand gegen das Nazi-Regime koodinierten und finanzierten sie mithilfe eines Netzes vegetarischer Wirtshäuser, die als „bürgerliche Tarnung“ dienten. Sie waren auf die Machtübergabe der Nazis besser vorbereitet als die KPD und SPD – so hatten sie etwa ihre Mitgliederlisten rechtzeitig vernichtet – und waren noch bis 1938 gegen die Nazis handlungsfähig. Der ISK rettete viele Menschen, indem er sie über die Grenzen ins Ausland schmuggelte. Zu ihren Aktionen gehörten Sabotageakte, Flugblattaktionen und der Versuch der Gründung einer klandestinen Gewerkschaft. Entwickelt hatte sich der ISK aus dem Internationalen Sozialistischen Jugendbund (ISB), der wie der ISK von Leonard Nelson und Minna Specht gegründet, und auch von Personen wie Albert Einstein unterstützt wurde. [zurück]

 

 

ANTISPEZIESISTISCHE AKTION TÜBINGEN