[Leonberg] Verhandlungsberichte vom Gaspistolenprozess

Foto aus der Leonberger Kreiszeitung

Am Donnerstag, den 05. Juli 2012 endete der zweite Verhandlungstag des Prozesses gegen den Nazi Sebastian Elsner, der im März letzten Jahres einen Leonberger Antifaschisten mit einer Gaspistole angriff und ihn schwer verletzte. Hier ein Zwischenbericht zu den beiden gelaufenen Prozesstagen.

 

Der erste Verhandlungstag (28.Juni 2012)

Die Verhandlung begann nach einer antifaschistischen Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude und schikanösen Einlasskontrollen für die ProzesbesucherInnen mit einer Erklärung zum Tathergang vom Angeklagten Sebastian Elsner. Er versuchte, eine Darstellung der Ereignisse zu präsentieren, die ihn entlastet und log das blaue vom Himmel. So beteuerte er, "hätte er gewußt, wie schwer verletzt der Antifaschist war, hätte er doch den Rettungsdienst selbst angerufen."
Mit den Tatsachen konfrontiert, dass er die Tatwaffe hat verschwinden lassen, gab er an, "es so schlimm gefunden zu haben, auf einen Menschen geschossen zu haben." Angeblich deshalb wollte er die Waffe unbedingt loswerden. Und dies aus dem Munde eines Soldaten, der freiwillig seinen Wehrdienst verlängerte und kurz davor stand, die Unteroffizierslaufbahn einzuschlagen und aktiv an Auslandseinsätzen teilzunehmen.

Die Tatwaffe, eine Schreckschußpistole kaufte sich der Angeklagte ohne den 'kleinen Waffenschein' zu besitzen.
Doch dies waren noch nicht einmal die schlimmsten Lügen, hinter denen Elsner versuchte, Schutz zu suchen. Nach der Tat versuchten die drei Täter, Sebastian Elsner, Dominik Fischer und Aaron Niesner, Elsners damalige Freundin und sein Vater, die Sache zu vertuschen und sich ein falsches Alibi zu verschaffen.

Neben Sebastian Elsner auf der Anklagebank saß Dominik Fischer in diesem Prozess im Zeugenstand, denn auch er war an jenem Abend im März 2011 beteiligt. Dominik Fischer ist, wie kaum anders zu erwarten, für seine Gewaltbereitschaft bekannt. Genau wie Elsner unehrenhaft aus der Bundeswehr entlassen, war er einer der beiden Hauptangeklagten im Winterbachprozess am Stuttgarter Landgericht. Er war damals an dem Überfall und Mordversuch von über zwanzig Nazis auf eine Gruppe migrantischer junger Menschen beteiligt. Dabei wurden das Gartengrundstück einer türkischen Familie vom in der feiernden rechten Mob brutal angegriffen. Als die jungen Männer daraufhin in ihrer Hütte Schutz suchten, wurde diese kurzerhand von den Nazis angezündet und der Tod der darin befindlichen Menschen billigend in Kauf genommen. Und genau dieser Dominik Fischer bescheinigt nun vor Gericht als Zeuge für einen anderen Faschisten dessen Unschuld an den Ereignissen.

Als dritter Nazizeuge jener Nacht war Aaron Niesner geladen. Er versteckte für den Angeklagten dessen Schuhe, Hose und Jacke mit der Aufschrift 'Skinhead Bayern' in seiner Wohnung, um bei einer Hausdurchsuchung Elsners diese Sachen zu verstecken. Da auch bei ihm die Wohnung durchsucht wurde, kamen diese Beweisstücke so doch noch ans Tageslicht.

Verteidigt wird der Angeklagte Elsner von dem bekannt Nazianwalt Steffen Wilfried Hammer. Bekennend zur Nazi-Ideologie ist Hammer fest in der braunen Szene bekannt und verankert, verteidigt immer wieder viele seiner angeklagten Kameraden. Früher engagierte sich Hammer aktiv im, inzwischen in Deutschland verbotenen, Nazinetzwerk 'Blood&Honour' und machte sich als Sänger der Rechtsrockband 'Noie Werte' einen Namen.

Die drei Aussagen der Antifaschisten, von denen der Geschädigte nun doch als Nebenkläger auftritt, unterschieden sich nicht groß voneineinder. Einen großen Widerspruch gab es bei der Entfernung der Mündung zum Auge. Die Nazis behaupteten durchweg, sie sei eineinhalb Meter oder mehr gewesen, wohingegen die Aussagen der Aktivisten als auch die Schmauchspuren und Verletzungen am Auge auf eine Distanz von nur wenigen Zentimetern zwischen der Waffe und dem Auge des Betroffenen schließen lassen.


Der zweite Verhandlungstag (05.Juli 2012)

Wie bereits eine Woche zuvor begann der Tag mit einer Kundgebung vor dem Leonberger Amtsgericht.
Um kurz vor Neun Uhr trafen sich etwa 20 AktivistInnen vor dem Amtsgericht in Leonberg. Neben Transparenten und Fahnen wurde eine Rede in Richtung der Faschisten gehalten. Der Angeklagte Nazi erfährt einen solch starken Rückhalt aus der rechten Szene, dass sich nur zwei seiner Gesinnungsgenossen genötigt sahen, zu erscheinen.
Vor Ort war, wie auch am ersten Prozesstag, ein großes Polizeiaufgebot aufgefahren. Ins Gerichtsgebäude kam nur, wer sich der entwürdigenden Prozedur einer Ganzkörperabtastung unterzog. Während nicht alle AntifaschistInnen einen Platz im Gerichtssaal fanden, wurde von der Justiz dafür gesorgt, dass die wenigen anwesenden Nazis auf jeden Fall einen Sitzplatz erhielten.

Der zweite Verhandlungstag verlief kurz und ohne wichtige neue Erkenntnisse. Im Anschluss an die Aussage des Streifenpolizisten, welcher direkt nach dem Schuß am Tatort war, schilderte ein damals zuständiger Beamte des Staatsschutzes den genauen Verlauf der Ermittlungen und legte nocheinmal präzise dar, wie die tatbeteiligten Nazis Beweismittel vernichteten und falsche Alibis konstruierten. Danach versuchte der Nazianwalt Hammer anhand diverser politischer Auseinandersetzungen in den letzten Monaten und der antifaschistischen Bündnisdemonstration am 22. Juni in Leonberg die besonders starke Gewaltbereitschaft der dortigen linken Szene zu belegen, was allerdings nicht durch den Zeugen vom Staatsschutz bestätigt werden konnte - Der Versuch dieser Argumentation wurde allerdings sowohl vom Richter, als auch der Staatsanwältin zurückgewiesen.

Sowohl die Verteidigung als auch die Nebenklage möchten nun ein neues Gutachten über die Schussentfernung einbringen, der Staatsanwältin reicht hingegen die bisherige Darstellung der Polizei dazu.

Fazit der ersten beiden Prozesstage: Die entscheidende Frage in dieser Verhandlung ist und bleibt die Schussentfernung, denn diese beweist, wer wen angegriffen hat und wer angegriffen wurde. Um dies zu klären, werden am dritten Verhandlungstag ein Gutachter der Landespolizei und der Augenarzt des Betroffenen geladen.

Kommt alle am 26. Juli 2012 um 9.00 Uhr zum Amtsgericht in Leonberg!
Kommt zahlreich, beobachtet den Prozess!