Buxe gegen Buxe vor Gericht

Des Beklagten Utensilien im Gericht: Unterlagen, Burschenschaftsband und durchgestrichenes Hakenkreuz
Erstveröffentlicht: 
05.07.2012

Inland

 

Von Peter Sonntag

 

Burschenfunktionär verklagt Bundesbruder, weil der ihn unter anderem »rechtsextrem« nennt Äußerungen eines Burschenschafters, ein Bundesbruder versuche eine neonazistische Studentenpartei zu grünen, sind vermutlich von der Meinungsfreiheit gedeckt, sagte gestern ein Bonner Richter. Die Initiative »Burschenschafter gegen Nazis« spricht von einem Etappensieg.

 

Der Prozess war ein Novum: Zum ersten Mal stand ein Burschenschafter einem anderen Burschenschafter aus der gleichen Verbindung vor dem Kadi gegenüber. Die gestern vor dem Bonner Landgericht begonnene und ohne Urteil zu Ende gegangene Verhandlung drehte sich um Aussagen von Christian J. Becker, Sprecher der Initiative »Burschenschafter gegen Neonazis« (iBGNo).

Der hatte dem »Schriftleiter« der Burschenschaftlichen Blätter und damit einem der höchsten Verbandsfunktionäre der Burschen, Norbert Weidner, vorgeworfen, er sei »höchstwahrscheinlich einer der Köpfe der rechtsextremen Bewegung, die aus Burschenschaftern, NPD und Kameradschaften besteht«. Überdies strebe er die Gründung einer »rechtsextremen Studentenpartei« an. Weidner hatte geklagt, verlangt eine Unterlassung dieser Behauptungen - bei Androhung von 250 000 Euro Ordnungsgeld.

Die Verhandlung ging mit der Feststellung, dass keine der beiden Streitparteien eine gütliche Einigung möchte, zu Ende. Der Vorsitzende Richter deutete laut dpa-Meldung an, Beckers Aussage könnte vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sein. Zu Weidner sagte er: Wer sich politisch so positioniere wie er, müsse auch einen entsprechenden »Gegenschlag« in Kauf nehmen.

Norbert Weidner ist kein Unbekannter. In den frühen 1990er Jahren war er einer der führenden Köpfe der deutschen Neonazi-Szene. Weidner zog sich Mitte der 1990er Jahre aus der braunen Szene zurück, betonte aber, er steige nicht aus. Seit 1999 ist Weidner Mitglied der »Alten Breslauer Burschenschaft Raczeks zu Bonn«, zu der auch Becker gehört.

Weidners Gesinnung hatte jüngst auch innerhalb des Dachverbandes »Deutsche Burschenschaft« (DB) für Streit gesorgt, nachdem er in der Mitgliedszeitung der Raczeks den Widerstandskämpfer und Theologen Dietrich Bonhoeffer als »Landesverräter« bezeichnet hatte. Beim Burschentag in Eisenach Anfang Juni war im Rahmen der Wiederwahl Weidners zum Chef der »Burschenschaftlichen Blätter« ein offener Flügelstreit zwischen den in der »Burschenschaftlichen Gemeinschaft« (BG) organisierten, überwiegend rechtsextremen Bünden und den konservativen Bünden der DB ausgebrochen. Die DB könnte vor der Spaltung stehen.

Für Christian J. Becker, der seine vor Gericht verhandelten Äußerungen auf dem Blog der Initiative schrieb, ist der gestrige Tag ein Erfolg. Die Initiative freue sich »über den ersten Etappensieg vor Gericht gegen einen Burschenschafter mit eindeutiger Vergangenheit und Gegenwart«. Gleichzeitig forderte die Initiative »Behörden und Politiker wie den Burschenschafter Minister Peter Ramsauer (CSU) auf, endlich gegen 1500 rechtsextreme Burschenschafter aktiv zu werden«.

Das Bonner Gericht kündigte an, bis zum 11. Juli das Urteil schriftlich zuzustellen. Ob eine andere Äußerung Beckers, Weidner habe auch fremde Emails gehackt, ebenfalls von der Meinungsfreiheit gedeckt ist, sah der Richter kritischer. Eine Entscheidung darüber steht noch aus.