Leipzig/Grimma: Prozess wegen dem Überfall auf den Roten Stern Leipzig in Brandis

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Am 23.6.2011 fand in Grimma der Prozess gegen Michael W., Ronny R., Stefan R. statt. Grund dafür war der Angriff auf den Roten Stern Leipzig beim Spiel am 24.10.2009 in Brandis. Bevor es mit der Beweisaufnahme losgehen konnte, wurden wie üblich die persönlichen Daten der Angeklagten aufgenommen. Dabei stellte sich heraus das Michael W. umgezogen ist.

 

Er ist demnach auf das ehemalige Gelände des Naziversands “Front Records”(http://www.chronikle.org/thema/front-records) in Wurzen gezogen. Stefan R. ist ein gerichtlich unbeschriebenes Blatt, dafür konnte Ronny R. mit einigen Verurteilungen wegen z.T. gefährlicher Körperverletzung aufwarten (er war auch bei dem Versuch dabei, den antirassistischen Sonntagsspaziergang in Wurzen anzugreifen: http://www.mut-gegen-rechte-gewalt.de/news/reportagen/spaziergang-wurzen/ http://www.chronikle.org/ereignis/angriffe-antirassistischen-sonntagsspaziergang-wurzen).

Die Beweisaufnahme wurde durch ein Rechtsgespräch abgekürzt, d.h. die Rechtsbeistände der Angeklagten und Kläger_innnen, die Richterin und der Staatsanwalt zogen sich für eine gute Stunde zurück um sich zu beraten. In diesem Rechtsgespräch einigten sich die Teilnehmer_innen auf das Strafmaß, das am Ende verkündet werden sollte:

Alle 3 bekamen zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafen.

Michael W.: 2 Jahre Freiheitsentzug, 3 Jahre auf Bewährung ausgesetzt.
Stefan R.: 1,4 Jahre, 2 Jahre auf Bewährung
Ronny R.: 1,6 Jahre, 2 Jahre auf Bewährung

Voraussetzung dafür war, das jeder Angeklagte ein glaubhaftes Geständnis ablegt.
Michael W. ließ durch seinen Anwalt verlautbaren, sich in allen Punkten schuldig zu bekennen. Stefan R. ließ über seinen Anwalt wissen, das er des öfteren mit Freunden zum Fußball ginge und sein Megaphone nur aus Spaß dabei hatte und nicht um etwa “anzustacheln”. Auch er “gestand” alle Vorwürfe.
Aus Ronny R.’s Einlassung war zu hören, das er am Tag des Überfalls, vorher von Freunden angerufen wurde die ihn zum Fußball mitnehmen wollten. Wie auch Stefan R. hat er sich “mitreißen lassen”. Angeblich aber keinen Menschen direkt verletzt. Die vorgelegten Fotos konnten eben nichts Gegenteiliges beweisen. Für eine Mittäterschaft reicht das aber völlig und so gestand auch Ronny R. in allen Anklagepunkten.

Der Staatsanwalt, bekannt aus den vorangegangen Brandis Prozessen in Leipzig, beschrieb den Tathergang wie gewohnt sehr deutlich und betonte auch diesmal die Skrupellosigkeit (“asozial”) mit der der Nazimob auf die RSL Fans losging. Er bemängelte, dass durch das Rechtsgespräch und dem damit verbundenen Selbstleseverfahren (Die Anklage und Zeugenaussagen wurden nicht laut verlesen), der “Ungeist von Brandis” nicht zur Geltung gekommen wäre. Weiterhin zweifelte er auch angesichts der Kürze der Einlassungen der Angeklagten, an deren ernsthafter Reue.
Außerdem “wunderte” er sich darüber das aus der “Weltstadt Bennewitz” gleich 6 Menschen wegen Brandis angeklagt wurden. Er sah dies als einen Hinweis darauf, das wohl nicht alle Angreifer so ganz zufällig an dem Tag nach Brandis gekommen waren.

Der Anwalt von Michael W. kam natürlich nicht umhin, die Frage aufzuwerfen, wieso eigentlich so viele Fans, von “der anderen Seite” (Anm.: er meint “Linke”) in dieser doch eher niedrigen Spielklasse mitreisen. Außerdem wären ja auch einige RSL Fans vermummt gewesen.
Es folgte die alte Leier von Fans die sich auf den Angriff vorbereitet hätten oder zumindest irgendwie ein bisschen selber dran schuld sind: “…es gibt ja nicht nur Schwarz und Weiß” sondern auch (mit einem Blick zu den Zuhörer_innen) “Grau”. Wobei er aber sofort wissen ließ, dass das nicht heißen solle das es “richtig” gewesen wäre was damals passiert ist.

Die Richterin sprach das verabredete Urteil.
In ihrer Erklärung betonte sie immer wieder, dass sie sich gar nicht vorstellen könne, das so etwas überhaupt passieren kann. Sie erklärte sich den Hass (wer hier auf wen und aus welchen Gründen Hass schiebt, ließ sie ungeklärt) mit einer mangelnden Gesprächsbereitschaft.
Während des gesamten Prozesses wurde tunlichst vermieden, das Kind beim Namen zu nennen: “Ein, aus der ganzen Provinz, organisierter bewaffneter Überfall von Nazis auf antifaschistische Menschen”. Daher galt ihr Blick auch immer wieder den mitgereisten Unterstützer_innen der Kläger, wenn sie davon sprach “das ja keiner mit dem anderen redet” und es deshalb immer wieder “zu so was käme”.
Ihre verblendete Wahrnehmung über die damaligen Geschehnisse in Brandis, gipfelte im Vorschlag: Der Michael W. könnte seine 100 Sozialstunden doch vielleicht beim RSL machen.