Prozess wegen Volksverhetzung : Schauspielerin belastet Angeklagten

Erstveröffentlicht: 
13.04.2011

Witten. Nach der Bundestagsabgeordneten Christel Humme hat nun auch die Wittener Schauspielerin Beate Albrecht im Prozess um mögliche Volksverhetzung vor dem Landgericht Bochum ausgesagt. Die 47-jährige Mimin bekräftigte die Anklage gegen einen 28-Jährigen.

 

Der unter anderem wegen Körperverletzung mehrfach vorbestrafte junge Mann wurde wegen Volksverhetzung in Tateinheit mit der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener vom Wittener Amtsgericht zu sechs Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt und ging in Berufung. Deshalb nun der neue Prozess.

 

Er soll sich am Tattag, dem 15. August 2009, lustig gemacht haben, als in der Innenstadt die Namen toter Zwangsarbeiter aus dem KZ-Außenlager in Annen verlesen wurden. Mit dieser Aktion reagierten Gegendemonstranten im Kommunalwahlkampf auf einen Stand der NPD, an dem sich der Mann aufgehalten haben soll.

 

Der Angeklagte habe gelacht und über manche Namen verächtliche Bemerkungen gemacht, sagte Beate Albrecht, die nach eigenen Angaben ganz in der Nähe stand. „Ich war ziemlich schockiert.“ Schließlich habe Katharina Schwabedissen, Wittenerin und Sprecherin der Linken in NRW, gesagt, „wir brechen ab und zeigen das an“. Sie, Beate Albrecht, habe sich dann als Zeugin zur Verfügung gestellt.

 

Ungewöhnlich war der Auftritt der Schauspielerin vor Gericht deshalb, weil sie vormachte, wie der Angeklagte herumgehampelt habe. Albrecht erhebt sich spontan aus dem Zeugenstuhl und demonstriert sein Verhalten an jenem Samstagmorgen. Sie nennt es „Mackerhaltung“ und „dicke Hose“.

 

Doch trotz der belastenden Aussage kam die Staatsanwältin nicht wie erwartet zu ihrem Plädoyer an diesem Mittwochmorgen. Der Anwalt des 28-Jährigen bezweifelt, ob der Vorwurf der Volksverhetzung aufrechterhalten werden kann, da er auf politisch Gesinnte unter den toten Zwangsarbeitern nicht anzuwenden sei. Nun soll geklärt werden, wer die Liste mit über 100 Namen erstellt hat und ob die Toten Zwangsarbeit aus rassistischen, religiösen oder ethnischen Gründen verrichten mussten. Dann wiederum wäre es Volksverhetzung.

 

Jürgen Augstein